Große Konflikte mit seinen Eltern hinsichtlich seiner Freizeitgestaltung gab es aber nicht. "Solange es in der Schule gepasst hat, war das für meine Mutter okay. Und ich hatte keine Probleme in der Schule, habe mein Fachabi mit 2,6 bestanden", sagt Hut. Mittlerweile studiert der 19-Jährige Betriebswirtschaftslehre in Coburg. Im ersten Semester hat er alle Prüfungen bestanden.
Momentan genießt er seine Ferien und hat mehr Zeit, seine E-Sport-Karriere voranzutreiben. Sein Traum ist eine Teilnahme an der NBA-2K-League. Dort treffen Woche für Woche die besten Spieler der Welt aufeinander - 23 der 30 NBA-Teams nehmen teil. Mit Jannis Neumann aus Dinslaken schaffte 2018 bereits ein Deutscher den Sprung über den großen Teich. 32.000 US-Dollar brachte ihm ein Sechs-Monats-Vertrag bei den Dallas Mavericks ein.
Hut ist überzeugt davon, dass er mit den Besten mithalten kann. Seine leicht schüchterne Art legt er im Gespräch ab, wenn es um sein Lieblingsvideospiel geht. "Ich bin der Meinung, dass ich aktuell der beste NBA-2K-Spieler Deutschlands bin." Blauäugig geht er seine Zukunftsplanung aber nicht an. "Wenn es nicht funktionieren sollte, könnte ich mir vorstellen, ein Unternehmen mit meinem Bruder Oliver zu gründen. Er studiert Modedesign in Mannheim." Das Klischee des bewegungsfaulen und übergewichtigen Zockers, mit dem E-Sportler von der Öffentlichkeit immer noch konfrontiert werden, widerlegt Hut: "Ich bin Fitness-Fanatiker, gehe fünf bis sechs Mal die Woche trainieren. Dazu achte ich auch sehr auf meine Ernährung, ständig Chicken Nuggets oder so sind nichts für mich."
Der aktuell beste NBA 2K-Spieler Deutschlands?
Mit dem orangenen Basketballleder beschäftigt sich Hut nicht nur auf dem virtuellen Parkett. "Ich bin absoluter Basketballfan. In meiner Jugendzeit habe ich für den BBC Coburg gespielt, auch heute spiele ich noch regelmäßig zum Spaß in Rödental", sagt er.
Sein Lieblingsteam sind die Los Angeles Lakers. Ausgerechnet in Los Angeles findet am Samstag. 22. Februar, ein Event statt, bei dem er nur zu gerne teilgenommen hätte. Das Finale der "NBA 2K20 Global Championship", bei dem der weltweit beste Spieler mit der stolzen Summe von 100.000 US-Dollar nach Hause geht. Für eine Teilnahme hätte der Rödentaler beim Europafinale mindestens Zweiter werden müssen - das gelang ihm als Fünfter nicht.
Unvergesslich war der Trip für Hut, der mit seinem Bruder und einem guten Freund nach Paris gereist war, vor einigen Wochen aber trotzdem. Die acht Finalisten kamen aus Spanien (drei), Deutschland (zwei), Frankreich, Italien und Großbritannien. Sie spielten in einer Industriehalle in Paris, die zu einem schmucken Studio mit Großleinwand und etwa 50 Zuschauerplätzen umgewandelt wurde. Das Turniergeschehen, das mit mehreren Kameras gefilmt wurde, verfolgten Tausende Zuseher auf der Streaming-Plattform "Twitch". Vor Ort waren auch einige bekannte Gesichter: unter anderem Dell Curry, ehemaliger NBA-Spieler und Vater des Basketball-Superstars Steph Curry.
Das Aufeinandertreffen mit seinem spanischen Kontrahenten im Viertelfinale lief für Hut, der online unter dem Pseudonym "Legacy" bekannt ist, weniger erfreulich. Im Modus "Best-of-three" musste er sich im entscheidenden dritten Spiel geschlagen geben. "Ich habe ein paar Fehler gemacht, habe unter anderem einmal das falsche Team ausgewählt. Aber viel Frust war nicht dabei. Schon kurze Zeit, nachdem ich ausgeschieden war, habe ich wieder Lust auf das Spiel bekommen. Ich liebe es einfach."
E-Sports bei deutschen Basketball-Profivereinen
Bundesliga Mit den Bundesligisten FC Bayern Basketball, EWE Baskets Oldenburg, Ratiopharm Ulm und den Zweitligisten Science City Jena und Rostock Seawolves sind aktuell fünf deutsche Basketballklubs mit einer Mannschaft im E-Sports-Bereich (NBA 2K) aktiv. Am Samstag, 22. Februar, findet das erste gemeinsame Offline-Turnier dieses Quintetts in Oldenburg statt. Eine richtige Liga nach Vorbild der NBA 2K League, in der sich 23 der 30 NBA-Teams engagieren, gibt es noch nicht. "Wir als Liga beobachten diesen Markt intensiv und prüfen die verschiedenen Wege, verfallen aber nicht in Aktionismus. Im Bereich E-Sports aktiv zu werden ist eine weitreichende und strategische Entscheidung, die wir gemeinsam mit unseren Klubs zu treffen haben", heißt es auf Nachfrage bei der Basketball-Bundesliga.
Medi Bayreuth Die Bayreuther haben 2019 bereits einen Vorstoß im E-Sports unternommen. So fanden drei Turniere der "Bayreuth Gamers" im Offline-Modus statt. Die Resonanz war laut Pressesprecher Sven Ammon gut. "Will man professionell mit dem Thema E-Sports umgehen, braucht man Menschen hinter dem Thema, die es mit Leben und Aktionen füllen. Bislang läuft dieses Thema hier bei uns nur ,nebenbei', wir werden aber mit Sicherheit wieder aktiv werden." Brose Bamberg "Wir halten das Thema E-Sports für ein wichtiges und sehr zukunftsträchtiges. Aktuell haben wir selbst keine Ambitionen, würden uns aber einer Ligainitiative gegenüber sehr aufgeschlossen zeigen", so Mediendirektor Thorsten Vogt.
Ausprobiert von Tageblatt-Redakteur Maximilian Glas
In puncto Erfahrung bin ich Andreas voraus. NBA Live 98 auf der Playstation 1 war das erste Basketball-Videospiel, mit dem ich in Kontakt gekommen bin. Zugegeben, die Spieler waren nur mit viel Fantasie zu erkennen und die Steuerung beschränkte sich auf Laufen, Passen, Werfen - doch für die damalige Zeit war das in 3D-Grafik ein aufregendes Erlebnis. E-Sports war zu dieser Zeit, in der nur jeder 50. Mensch weltweit einen Internetanschluss hatte, noch lange kein Thema. Ein Thema, damals wie heute, ist die Rivalität der Boston Celtics und Los Angeles Lakers. Mit den Celtics um die Ex-Spieler von Brose Bamberg, Brad Wanamaker und Daniel Theis, fordere ich einen der besten NBA-2K-Spieler Europas heraus. Bereits vor dem Sprungball versuche ich es mit "Trash Talk", um in den Kopf meines Kontrahenten zu kommen. Nachdem Andreas fast drei Minuten lang seine Taktiken eingestellt hat, frage ich ihn, ob er das denn gegen einen Gelegenheitsspieler nötig hätte. "Nur weil ich etwas einstelle, heißt das ja nicht, dass ich es auch anwende", meint er. Touché! Dass er es aber nicht mit einem Vollblinden am Controller zu tun hat, merkt Andreas nach einigen Angriffen. Als ich Mitte des zweiten Viertels auf 22:24 verkürze, wischt sich Andreas seine Hand an seinem Hosenbein ab. Dass der Schweiß wohl eher der Tatsache geschuldet war, dass der 19-Jährige das komplette Spiel über beobachtet und fotografiert wurde, musste ich in der zweiten Halbzeit schmerzhaft feststellen. Andreas schaltet einen Gang nach oben und jagt mir mit LeBron James einen Ball nach dem anderen ab. Beschreiben wir es pragmatisch: Spannung kam im letzten Viertel keine auf, das gute Gefühl aus den ersten beiden Vierteln kann mir aber keiner nehmen.