Contra-Kommentar von Tageblatt-Redakteur Christoph Böger : Bleib bei deinen Leisten - Mareike wird's Dir danken
Trainingshose, Sponsoren-T-Shirt und ein Bändchen um den Hals. Daran hängt eine Karte mit einem großen B. Oft sachlich, ruhig und bestimmend. Manchmal mit feuerrotem Kopf, 240er Puls und empört auf die Platte stampfend - Handball-Trainer Jan Gorr.
Dieses Bild soll es künftig in der HUK-Arena nicht mehr geben - schwer vorstellbar!
Dafür abseits des Spielfeldes im feinen Zwirn, verantwortlich für Marketing, Vertrieb und Kommunikation. Personalrecht, Handelsrecht, Steuerrecht. Puh - das alles lernt man nicht auf Trainerseminaren. Geschäftsführer Gorr - das wird heikel, obwohl ihm viele die Professionalisierung der Strukturen zutrauen. Da ändert auch wenig daran, dass der 42-Jährige, der in den Fächern Mathematik, Biologie und Sport auf Lehramt (Gymnasium) studiert hat, den "gelb-schwarzen Laden" aus dem Effeff kennt.
Wenn dieser leidenschaftliche Handballtrainer tatsächlich seine frischgekürte Corona-Meister-Mannschaft einem Seiteneinsteiger überlässt, dann wartet eine Herkulesaufgabe auf den Neuen. Gorrs kleine Fußstapfen sind nämlich verdammt groß. Natürlich findet der HSC jemanden, der unter dem Aufstiegs-Trainer den (Abstiegs)- Trainer macht. Doch der wird im "Haifischbecken" 1. Liga schneller untergehen, als er glaubt.
Gorr fühlt sich wohl in der Vestestadt. Er pendelt meist im Dreieck: Albertplatz, Seifahrtshofstraße, Lauterer Höhe. Es bleibt sogar noch Zeit für Freundin Mareike. Die meisten Stunden verbringt er aber in der Geschäftsstelle. Und die wird derzeit umgebaut, soll bald im neuen Glanz erscheinen - sinnbildlich für den HSC. Hier und da gibt es noch ein paar kleine Baustellen. Teppichleisten fehlen, kleine Bilderrahmen mit den signierten Trikots stehen statt hängen. Auf dem künftigen Konferenztisch liegen ein paar Flyer und vier schicke gelb-schwarze Corona-Masken mit der Aufschrift "Aufsteiger 2019/2020". An diesem Tisch werden in den nächsten Tagen die Weichen gestellt. Es fallen die wichtigsten Personalentscheidungen der letzten Jahre.
Gorr gilt als "Arbeitstier", ist flexibel. Er meistert seinen Büroalltag als Sportlicher Leiter und steht mit Herzblut auf der Platte. Sein Terminkalender ist prall gefüllt. Wenn aber nicht mehr 50 bis 60, sondern als Geschäftsführer 70 bis 80 Stunden mit Sport verplant sind, bleibt diesem Handball-Verrückten kaum Zeit für etwas anderes.
Als Trainer prägt er den HSC Coburg und bringt ihn eindrucksvoll voran. Die Türen in Melsungen, Wetzlar oder Magdeburg stehen offen. Als Geschäftsführer gerät er dagegen schnell in die Mühlen des Managements. Deshalb: Schuster bleib bei deinen Leisten ...