Mindestens gelbwürdig war die Szene vor dem 8:6 durch Tobias Varve, dessen Trikot zerrissen wurde, als er sich durch die Gästeabwehr tankte und nach nicht einmal 15 Minuten ein neues Kleidungsstück benötigte. Einen, dem Gleiches oft passiert war, schmunzelte darüber auf der Tribüne: Ex-Kreisläufer Dominic "Bobo" Kelm. Er dürfte es auch verschmerzen, dass er nur Sekunden später von Florian Billek mit dessen Treffer zum 9:6 von Platz 2 der ewigen HSC-Torschützenliste verdrängt wurde. Billek war damit Ausgangspunkt für einen Coburger Lauf bis zum 12:6. Dresdens Coach Christian Pöhler nahm zwei Auszeiten, brachte den siebten Feldspieler - alles vergeblich. Coburg war wie im Rausch, vieles erinnerte in dieser Phase an den letzten Heimauftritt gegen Emsdetten in der vergangenen Saison. Allerdings war Gorr mit dem Einsatz von Varvne ein hohes Risiko gegangen. "Es schien gut, aber jetzt nach dem Spiel ist es wieder schlechter, mal sehen wie es sich bis kommende Woche entwickelt", erklärte Gorr.
Schnell beendete Dresden das Experiment mit dem zusätzlichen Feldspieler, Pulay kam und sie kamen mit ihm und Sebastian Greß wieder besser in die Partie. Gegen Ende des ersten Durchgangs mussten beide Teams dem extrem hohen Tempo Tribut zollen, das sie von der ersten Minute an gegangen waren. Die Angriffe wurden länger ausgespielt, Tore blieben Mangelware. Ein sich über sich selbst ärgernder Billek verschwand dann nach dem Pausenpfiff sofort im Kabinengang, hatte er doch Sekunden zuvor einen Strafwurf vergeben. Trotzdem war der Vorsprung des HSC mit fünf Toren komfortabel.
HSC übersteht kritische Phase
Die Torarmut dauerte noch etwas an - bis sich der HSC auf sieben Treffer absetzte. Was dann folgte, waren zwei erstklassige Kreisanspiele von Roman Becvar, die Norman Flödl sicher verwandelte. Die Gäste waren nicht gewillt, klein beizugeben. In der Abwehr agierten sie jetzt äußerst geschickt, provozierten zwei Stürmerfouls in Folge und hatten mit einem freien Wurf von der Rechtsaußenposition die Chance auf drei Tore zu verkürzen, vergaben nach 40 Minuten diese Möglichkeit.
Es war eine kritische Phase aus Coburger Sicht, da sie nur vom erspielten Vorsprung zehrten und zu viele kleine Fehler machten. Hier ein schlechtes Kreisanspiel, da ein schwacher Pass, mit dem Dresden zum Kontern eingeladen wurde. "Das war eine der zwei Phasen, in denen wir zu viel zugelassen haben", resümierte Gorr. Mit einem Drei-Tore-Vorsprung ging es in die letzten zehn Minuten. Dresden wählte in der Abwehr eine immer offensiver werdende Variante, störte so den Spielaufbau beim HSC zu Beginn dieser "Crunchtime". Die Gäste hatten die Chance zu verkürzen, doch HSC-Torhüter Jan Kulhanek parierte entscheidende Bälle. Die Hausherren hielten jetzt auch im Angriff den Kopf oben, wichtig war das 27:22 von Florian Billek per Strafwurf, den er selbst herausgeholt hatte. Als der starke Neuhold das 28:22 markierte, war der Auftaktsieg endlich in trockenen Tüchern. Dresden war über weite Strecken ein ebenbürtiger Gegner, der letztlich etwas unter Wert geschlagen wurde.
Stimmen zum Spiel:
Jan Gorr (HSC-Trainer): "Positiv war die Emotionalität, mit der die Mannschaft auf dem Feld stand. Dieser Funke ist auf die Zuschauer übergesprungen. Bei uns gab es gewisse Fragezeichen vor der Partie, wo wir wirklich stehen, aber bis auf wenige Augenblicke haben wir den Kopf oben behalten."
Christian Pöhler (TVE-Trainer): "Wir waren sicher nicht sieben Tore schlechter. Aber wenn du in Coburg etwas reißen willst, musst du an die 100 Prozent Perfektion nahe herankommen. Wir haben nach gutem Beginn den Faden verloren und hatten dann auch in der Schlussphase nicht die richtigen Antworten, um die Partie vielleicht doch noch zu drehen."
Christoph Neuhold (HSC-Neuzugang): "Einen schöneren Einstand kann man sich nicht vorstellen. Das war richtig super, hat richtig Spaß gemacht. Aufgrund der Ergebnisse gegen Dresden aus dem letzten Jahr waren wir gewarnt, haben es gemeinsam klasse gelöst. Ich hoffe, so spielen wir jedes Spiel."
Stefan Apfel (HSC-Vorstandssprecher): "So haben wir uns das vorgestellt - gut in die Saison kommen, souverän agiert, eine tolle Leistung. Etwas Gedanken habe ich mir gemacht, als Dresden zehn Minuten vor dem Ende noch einmal herangekommen ist. Dann kamen wichtige Paraden von Jan Kulhanek, wir haben die Chancen wieder effektiver genutzt und dann war ich wieder beruhigt."
HSC 2000 Coburg - HC Elbflorenz 30:23 (16:11)
HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (22 Gegentore, 12 Paraden), Konstantin Poltrum (1 Gegentor, 0 Paraden), Fabian Apfel; Markus Hagelin, Maximilian Jaeger, Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß (4), Sebastian Weber (3), Anton Prakapenia (4), Florian Billek (10/5), Marcel Timm, Jakob Knauer, Pontus Zetterman (1), Tobias Varvne (2), Christoph Neuhold (6) Trainer: Jan Gorr
HC Elbflorenz: Hendrik Halfmann (5 Gegentore, 1 Parade), Mario Huhnstock (25 Gegentore, 5 Paraden); Gabor Pulay (4/2), Tim-Philip Jurgeleit (1), Oskar Emanuel, Julius Dierberg (2), Nils Gugisch (4), Arseniy Buschmann, Gabriel de Santis (1), Norman Flödl (2), Nils Holger Kretschmer (1), Sebastian Greß (2), Adrian Kammlodt (3), Roman Becvar (2), Henning Quade (1). Trainer: Christian Pöhler
SR: Maike Merz / Tanja Schilha
Spielfilm: 2:1 (3.), 3:3 (6.), 3:4 (7.), 5:5 (8.), 7:5 (10.), 10:6 (15.), 12:6 (18.), 15:10 (23.), 16:11 - 18:11 (35.), 19:15 (39.), 20:15 (40.), 22:18 (45.), 23:20 (49.), 26:22 (53.), 27:22 (55.), 30:23
Zuschauer: 1509
Siebenmeter: 5/6 (Billek scheitert an Halfmann) - 2/3 (Dierberg wirft neben das Tor)
Strafminuten: 4 (Neuhold, Hagelin) - 2 (Quade)
Beste Spieler: Neuhold, Billek - Becvar, Gugisch