Die Liqui Moly HBL
Den Aufstieg in die Liqui Moly Handball-Bundesliga, unter der die 1. Liga ab der kommenden Spielzeit firmiert, hat der HSC in seiner 20. Saison zumindest ein bisschen anvisiert, wobei aus Coburger Sicht zu hoffen bleibt, dass langfristige und gravierende Verletzungen wie in den beiden vergangenen Spielzeiten ausbleiben. Der vergleichbar recht dünne Kader ist zwar ein Risiko, das der Verein aber bewusst eingeht. Der Etat des Zweitliga-Kaders musste aufgrund von Steuernachforderungen, die fast zehn Jahre zurückliegen, wieder etwas abgespeckt werden. Bereits in den vergangenen drei Spielzeiten konnten die Coburger das gut auffangen, und gleichzeitig hat die Spielstärke zugenommen. "Wir haben uns entgegengesetzt entwickelt, sind aus meiner Sicht sportlich noch besser geworden", betont Gorr. Das wird auf Dauer aber nicht gehen. Wenn das große Ziel "1. Liga" wieder erreicht werden soll, muss der Umschwung geschafft werden, sprich die Entwicklung auch etattechnisch wieder nach vorne gehen.
Die Neuzugänge
Die Vorbereitung hat angedeutet: Andreas Schröder kann in die Fußstapfen von Anton Prakapenia treten - hinten wie vorne. Mit seiner siebenjährigen Erstliga-Erfahrung kann der Rechtshänder, der im fränkischen Rothenburg ob der Tauber das Handballspielen gelernt hat, ein wichtiger Faktor dafür werden, dass Coburg seine ambitionierte Platzierung im vorderen Bereich erreicht. Die linke Rückraumseite wird, vorausgesetzt Christoph Neuhold kann an seine Hinrundenform des Vorjahres anknüpfen, eine recht unberechenbare Komponente. Youngster Max Preller muss in der wohl stärksten, zumindest aber ausgeglichensten 2. Liga der Welt, natürlich erst einmal Erfahrung sammeln. Aber das ist ja auch ein Teil des "Coburger Weges", eigene Spieler an das Zweitliga-Team heranzuführen. Natürlich ist das gerade bei der Spielstärke der Liga ein riskantes Unterfangen. Doch die HSC-Verantwortlichen sind davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist, langfristig auf jeden Fall.
Gerne bei seinem Verein, dem TV Emsdetten, Auftaktgegner des HSC am Samstag, hätte der tschechische Nationaltrainer Daniel Kubes den neuen Coburger Kreisläufer Stepan Zeman gesehen. Der 22-Jährige wird im Zusammenspiel mit Schröder noch einige Zeit brauchen, bis die Abwehr wieder die gewohnte Stabilität hat. Doch die Vorbereitung hat gezeigt, dass Gorr mit seinem Team auch in der Deckung auf einem guten Weg ist.
Gespannt darf man auf die neue 3:2:1-Abwehrformation sein, die Gorr in der Vorbereitung des Öfteren spielen ließ. Bereits vor zwei Jahren hatte er eine andere Formation in der Deckung angekündigt, jedoch kaum zum Einsatz gebracht - beim 6:0-Bollwerk auch selten nötig. Doch soll es noch schneller nach vorne gehen, ist das ein erster Schritt dazu. Denn Coburg musste gerade in der Rückrunde zu oft hart für seine Torerfolge arbeiten, die Schnelligkeit von Felix Sproß, Max Jaeger, Florian Billek und Lukas Wucherpfennig wurde zu selten in die Waagschale geworfen. Eigentlich ein Pfund, mit dem der HSC wuchern kann und dies 2019/2020 vermehrt tun sollte.
Die Risiken
Was kann den Coburgern einen Strich durch die Rechnung machen, vorne mitzumischen? Eine ähnliche Verletztenmisere wie in den beiden Vorjahren. Das kostete zu viele Körner, um am Ende noch einmal zulegen zu können. Auch wenn die Liga auf 18 Mannschaften reduziert wurde und dadurch vier Spiele weniger auszutragen sind, braucht es bei der diesjährigen Kaderzusammensetzung Power bis zum Schluss. Dann winkt den Coburgern wenigstens eine um zwei Wochen längere Spielpause, da die Saison bereits Mitte Mai endet.
Doch bis dahin wird Jan Gorr für sein Hobby, dem Angeln, wohl keine Zeit finden. Im zurückliegenden Urlaub hatte er zusammen mit einem Freund elf Dorsche aus der Ostsee gezogen. Beim wohl nächsten Besuch dort sollen es am Nikolaustag zwei Punkte beim VfL Lübeck-Schwartau sein. Spätestens dann weiß nicht nur er, wohin der Weg des HSC 2020 führen kann. Gorr ist im Übrigen mit sechs Spielzeiten, und das ohne Unterbrechung, inzwischen der Trainer mit der längsten Dienstzeit beim HSC. Mit zwei Aufstiegen, 2014 in die 2. und 2016 in die Bundesliga, zudem der erfolgreichste.
Das Fazit
Der HSC 2000 Coburg hat in den vergangenen beiden Spielzeiten nach dem sofortigen Wiederabstieg aus der 1. Liga 2017 um die Aufstiegsplätze mitgemischt. Das vor einem Jahr neu formierte Team stand in der vergangenen Saison 30 Spieltage auf einem Aufstiegsplatz, hat viele sehenswerte Spiele geboten. Gereicht hat es nicht.
Es gab in der Rückrunde zu viele leichte Fehler, der hohe Verletztenstand tat sein Übriges - auch wenn diese Problematik lange gut kaschiert werden konnte. Zudem fehlte öfters das Überraschungsmoment im Coburger Spiel. In der kommenden Spielzeit wird der HSC wieder mittendrin sein, wie wohl die Hälfte der Liga, wenn es um die Vergabe der beiden Erstliga-Plätze geht.
Die Coburger werden aber erneut nicht unter den "Zwei Glücklichen" sein. Mit Prakapenia hat die spielbestimmende Figur den Verein verlassen, Schröder wird Zeit brauchen. Zudem muss Gorr seinen Mittelblock neu installieren. Nicht jedes Jahr gelingt solch ein Katapultstart mit den Neuzugängen, wie Coburg es vor einer Saison gelungen ist. Hinzu kommen die Unwägbarkeiten im linken Rückraum. Diese Hypotheken sind zu groß, um den ganz großen Wurf zu schaffen.