Essen nutzt Coburger Fehler aus

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Ein Topspiel mit vielen Emotionen: Hier sagen sich Coburgs Marcel Timm (Mitte) und Essens Dennis Szczesny die Meinung. Timo Geldner
Ein Topspiel mit vielen Emotionen: Hier sagen sich Coburgs Marcel Timm (Mitte) und Essens Dennis Szczesny die Meinung. Timo Geldner
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Der HSC verliert mit 29:30 gegen TuSEM . Die Coburger hatten den Sieg oder ein Remis vor Augen, verloren aber zehn Sekunden vor Ende den Ball.

Der HSC 2000 Coburg geht zwar als Spitzenreiter der 2. Handball-Bundesliga in die Länderspielpause, musste aber am Samstagabend gegen Verfolger TuSEM Essen seine erste Saisonniederlage hinnehmen müssen. Mit einem Ballverlust zehn Sekunden vor dem Abpfiff haben die Coburger die bittere 29:30-Pleite selbst verschuldet. Allerdings hätte die Partie durchaus anders ausgehen können, denn beide Mannschaften boten Zweitliga-Spitzenhandball, die Partie nahm über die 60 Minuten viele Wendungen.

Keine guten Nachrichten aus Coburger Sicht gab es bereits vor dem Anpfiff. "Markus Hagelin und Marcel Timm sind im Abschlusstraining umgeknickt, beide sind wahrscheinlich nicht einsatzfähig, endgültig entscheiden wir nach dem Aufwärmen." Verletzungen kommen zwar vor, aber die beiden trafen die Coburger an empfindlicher Stelle, da auch Kapitän Sebastian Weber verletzungsbedingt noch nicht mitwirken konnte. Da war Erfindergeist gefragt, so kam kurzerhand Dominic "Bobo" Kelm zu seinem 303. Einsatz im HSC-Trikot. Auch Marcel Timm biss auf die Zähne und gab der Mannschaft wichtige Impulse. HSC 2000 Coburg - TuSEM Essen 29:30 (17:16)

Die Stimmung unter den 2702 Zuschauern in der Arena war sofort prächtig, denn der HSC hatte das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite, als ein Wurf von Pontus Zetterman vom Pfosten in den Rücken von TuSEM-Torwart Sebastian Bliß sprang und von dort ins Tor. Die 3:1-Führung der Gastgeber drehten die Gäste aber schnell in eine eigene Führung.

Pech hatte Florian Billek, dessen Wurf am Innenpfosten landete. Auf der anderen Seite traf Luca Witzke mit einem Abpraller nicht ins verlassene HSC-Tor. Essen schuf mit großer Übersicht immer wieder Situationen über den Kreis, die der HSC nicht zu verhindern wusste. Die Vier-Tore-Führung der Gäste nach 12 Minuten, die in der Abwehr hart zupackten, war die logische Konsequenz. Gorr rief zur Auszeit. Drei Minuten später war es TuSEM-Trainer Siewert, der sein Team zu sich holte. Was war in diesen drei Minuten passiert? Nach genau gespielten 12 Minuten und 41 Sekunden gab es Szenenapplaus für "Rückkehrer" Kelm. Zuvor hatte es für die Gäste mit Tim Zechel die erste Zeitstrafe gegeben, der wenig später die zweite gegen den gleichen Spieler folgte - Coburg hatte den direkten Anschluss (9:10) geschafft.

Danach hatte den HSC das Glück etwas verlassen: Abpraller landeten beim Gegner und als Zetterman nach einem "Steal" auf dem Weg zum Ausgleich war, versprang der Ball. Doch das Blatt wendete sich wieder. Jetzt gab es auch mal einen Abpraller für Coburg, Billek steuerte auf das verlassene gegnerische Tor zu (dritte Zeitstrafe für Essen) und vollendete zum Ausgleich, dem Tobias Varvne mit einem "Hammer" kurz darauf die 13:12-Führung folgen ließ. Danach war es Timm am Kreis, der trotz sichtbarer Schmerzen aufgrund seiner Bänderverletzung, für eine Zwei-Tore-Führung sorgte.

In der Folge waren die Coburger Fans mit einigen Entscheidungen der Schiedsrichter alles andere als einverstanden. Besonders ein Siebenmeterpfiff für Essen, dem ein Stürmerfoul an Jaeger vorausgegangen war, ließ die HSC-Fanseele kochen. Tom Skroblien warf den Siebenmeter danach allerdings übers Tor, so dass es für den HSC mit einer knappen Führung und mit einem kurzen Gerangel zwischen Dennis Szczesny und Zetterman in die Pause ging.

Leichtfertig gab Coburg nach dem Seitenwechsel die Führung aus der Hand. Zweimal schloss der HSC überhastet ab, zudem warf Billek einen Strafwurf über das Tor. Coburg musste sich nun auch etwas gegen die 5:1-Deckung der Gäste einfallen lassen, was mit Übersicht auch gelang. In doppelter Überzahl verfehlte dann auch ein Wurf des HSC das leere Tor, so dass der numerische Vorteil insgesamt verpuffte und die Gastgeber weiter einem Rückstand hinterherlaufen mussten. Nach 41 Minuten übernahm der HSC dann doch wieder die Führung. Erst netzte Anton Prakapenia ein, dann wurde der Essener Abschluss im Konter von Jan Kulhanek pariert und im direkten Gegenzug traf Max Jaeger zum 23:22.

Die Coburger hatten lange den Vorteil, einen Treffer vorlegen zu können, beim 27:26 sogar mit einer Pirouette von Zetterman vor dem Torerfolg. Doch als die Schiedsrichter ein Foul gegen Timm, der weggeschoben worden war, nicht ahndeten und dem Kreisläufer eine Zeitstrafe verpassten, weil er den Ball nicht freigab, kippte dieser Vorteil. Nun lief Coburg immer einem knappen Rückstand hinterher. Zudem fehlte fast im gesamten zweiten Durchgang die spielerische Leichtigkeit, mit der der HSC bisher überzeugt hatte.

Die Coburger mussten für ihre Torerfolge meist viel mehr arbeiten als der Gegner, der zudem die Lücken in der HSC-Abwehr gerade in der letzten Viertelstunde schonungslos aufdeckte. Da hätte Hagelin in der Form der vergangenen Wochen gutgetan. Trotzdem hatte der HSC in der Schlussphase die Chance, beide Punkte zu behalten oder zumindest einen Zähler zu sichern, doch der Ballverlust zehn Sekunden vor Spielende riss die Coburger aus all den Träumen. Carsten Ridder sicherte den Gästen per Tempogegenstoß zwei Sekunden vor Ende den glücklichen Auswärtssieg.

Jan Gorr (HSC-Trainer): "Beide Mannschaften haben viel investiert, es war eine Partie mit viel Energie und Tempo. Nach der Pause hat bei uns die Abstimmung in der Abwehr nicht gepasst, im Angriff wurde viel gearbeitet, zu wenig gespielt."

Jaron Siewert (TuSEM-Trainer): "Niederlage, Unentschieden, Sieg - alles war heute möglich. Die Gegner haben immer wieder taktisch auf den anderen reagiert, niemandem wurde etwas geschenkt, es war ein echtes Spitzenspiel vor überragender Kulisse mit einer tollen Stimmung. Wir können glücklich sein, den Ball kurz vor Spielschluss bekommen zu haben."

Michael Häfner (HSC-Geschäftsführer): "Es war ein Spiel auf Augenhöhe, mit einem Unentschieden wären beide Teams gerecht bedient gewesen. Im Sport ist es aber eben so, dass Kleinigkeiten entscheiden. Diesmal waren die letzten Sekunden wahnsinnig bitter für uns. Essen hat eine unglaubliche Präzision sowie viel Qualität im Positionsspiel und Gegenstoß und hat seine Überzahlspiele ausgenutzt. "

Florian Billek (HSC-Rechtsaußen Florian Billek): "Eigentlich ist es Unentschieden-Spiel, es geht hin und her. Gerade in der Deckung haben wir nicht unser bestes Heimspiel gemacht, aber die Partie an sich hat das gehalten, was sie versprochen hatte. Wir machen den Fehler, Essen bestraft ihn.

Marcel Timm (HSC-Kreisläufer): "Wir haben den Ball, die Chance das Spiel zu gewinnen und dann passiert uns der blöde Pass. Wir haben aber ein gutes Spiel abgeliefert, alle waren total heiß, doch jetzt stehen wir ohne Punkte da."

HSC 2000 Coburg: Jan Kulhanek (30 Gegentore, 8 Paraden), Fabian Apfel (n.e.); Markus Hagelin, Maximilian Jaeger (1), Lukas Wucherpfennig, Felix Sproß (1), Dominic Kelm (1), Lukas Dude, Anton Prakapenia (1), Florian Billek (10/4), Marcel Timm (3), Jakob Knauer (1), Pontus Zetterman (3), Tobias Varvne (4), Christoph Neuhold (4) Trainer: Jan Gorr

TuSEM Essen: Sebastian Bliß (19 Gegentore, 5 Paraden), Moritz Mangold (10 Gegentore, 2 Paraden); Noah Beyer (2), Jonas Ellwanger (4), Luca Witzke (2), David Cyrill Akakpo, Dennis Szczesny (4), Carsten Ridder (1), Justin Müller (2), Lucas Firnhaber (4), Malte Seidel, Felix Klingler (4), Tom Skroblien (3), Niklas Ingenpass, Tim Zechel (4) Trainer: Jaron Siewert

SR: Christoph Maier / Michael Kilp

Spielfilm: 3:1 (3.), 4:5 (6.), 5:7 (9.), 6:10 (13.), 9:10 (16.), 12:12 (20.), 13:12 (21.), 14:14 (24.), 16:14 (27.), 17:16 - 18:16 (31.), 18:19 (35.), 21:21 (38.), 23:22 (41.), 23:23 (45.), 26:25 (50.), 27:28 (54.), 28:29 (56.), 29:29 (58.), 29:30

Zuschauer: 2702

Siebenmeter: 4/5 (Billek wirft übers Tor) - 1/2 (Skroblien wirft übers Tor)

Strafminuten: 6 (Zetterman 4, Timm 4) - 10 (Zechel 4, Seidel 4, Akakpo)

Beste Spieler: Timm, Billek - Szczesny, Firnhaber