So leiden Heimbewohner in Coburg unter der Corona-Krise

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Maria Pohl winkt aus ihrem ZimmerFoto: Christiane Lehmann
Maria Pohl winkt aus ihrem ZimmerFoto: Christiane Lehmann

Maria Pohl vermisst die Gespräche mit ihrer Tochter. Die 96-Jährige lebt im Ernst-Faber-Haus und darf zur Zeit niemanden empfangen. Heimleiter Matthias Ernst kritisiert uneinsichtige Angehörige und lobt freiwillige Helfer.

Maria Pohl würde sich so gern von Angesicht zu Angesicht mit mir unterhalten. Aber sie darf zur Zeit keinen Besuch bekommen - wie alle Menschen, die in einem Alten- und Pflegeheim leben. Erschwerend kommt hinzu, dass Maria Pohl schlecht hört und auch das Telefonieren keine Alternative ist. Ihr einziger Trost sind die Wochenbesuche ihrer Tochter, die ihr vom Garten aus zuwinkt. Sonst kam ihre Tochter zweimal in der Woche auf einen Plausch und um die Wäsche zu holen. Das läuft jetzt über die Schwestern, die die den Korb vor die Tür tragen.

"Ich verstehe das alles schon, aber ich vermisse meine Tochter", sagt die alte Frau. Es sei schwer für alle, aber "es geht auch nicht anders", gibt sie sich einsichtig. Sie habe schon viele schwere Zeiten in ihrem Leben durchgemacht, aber so etwas noch nicht. "Das hat noch niemand", gibt sie zu Bedenken. Ihre Mutter habe ihr von der Pest erzählt, die in Kindheitstagen in Karlsbad, ihrem Geburtsort, geherrscht habe. Aber sie wisse davon nichts mehr. Die Heimat zu verlassen und von zu Hause fort zu müssen, war für sie der schwerste Verzicht ihres Lebens. Maria Pohl hofft, dass nach Corona alles wieder seine Ordnung hat, und sie wieder mit ihrer Tochter sprechen kann. Bis dahin will sie tapfer aushalten und vom Balkon aus winken.

Brunhilde Rügel kann natürlich verstehen, dass ihre Mutter jetzt traurig ist. Aber sie weiß sie in guten Händen. "Ich mache mir keine Sorgen um sie, denn sie ist gut aufgehoben. Die Schwestern kümmern sich gut um sie." Die eifrige Zeitungsleserin Maria Pohl sei gut informiert und auf dem Laufenden. Alle zwei Wochen holt bringen die Schwestern ihr die Wäsche an die Tür und ansonsten läuft die Kommunikation übers Telefon - so gut es eben geht und am Fenster. "Ich freue mich auch sehr, wenn ich meine Mutter wieder nah sein kann und wir uns einfach schön unterhalten", sagt Brunhilde Rügel.

Bitte um Verständnis

Heimleiter Matthias Ernst, der das Gespräch übers Telefon dolmetscht, ist froh, dass die meisten der Senioren und Angehörigen Verständnis für die momentane Situation aufbringen. Dennoch bereite ihm der Flachbau derzeit Probleme. Dort würden immer wieder Angehörige versuchen, direkten Kontakt über die Fenster oder die Tür aufzunehmen. "Das mögen nett gemeinte Gesten sein", sagt Ernst, aber ein Infizierter reiche aus, um eine Katastrophe auszulösen. Siehe Würzburg. "Und schuld sind dann wir!" Gerne geben die Angestellten Geschenke weiter und nehmen Telefonate entgegen.

Es sei schon eine große Herausforderung. Natürlich fehle auch die Unterstützung der Angehörigen. "Manche sind ja täglich gekommen und haben uns bei der Essensaufnahme geholfen. Das müssen wir jetzt allein bewältigen", gibt er zu.

Umso dankbarer ist der Heimleiter dafür, dass die Diakonie Freiwilligen aus anderen diakonischen Bereichen (Kindergarten, Schule und heiltherapeutische Einrichtungen) die Möglichkeit gegeben hat, das Ernst-Faber-Haus zu unterstützen. 16 Mitarbeiter haben sich gemeldet, die hochmotiviert mit anpacken.

"Das ist uns eine große Hilfe", sagt Ernst voller Dankbarkeit und ist gespannt, wie und ob er die Lücke auffüllen kann, wenn sich die Zeiten wieder normalisieren.