Was bei der Firma Schumacher Packaging zunächst nur als Unterstützung für Kollegen in Ost-Europa gedacht war, hat sich inzwischen zur größten Hilfsaktion im gesamten Coburger Land entwickelt.
Mittwoch, kurz nach 15 Uhr, Friesendorfer Straße in Ebersdorf bei Coburg: Zum soundsovielten Mal an diesem Tag kommt ein Auto vorgefahren. Ein Mann steigt aus und reicht David Hoffmann drei prall gefüllte Tüten. "Toll, dass ihr das macht", sagt der Mann und ist im nächsten Moment auch schon wieder verschwunden. David Hoffmann bringt die Tüten derweil in eine der großen Hallen von Schumacher Packaging. Dort wird jetzt sortiert - und zwar nicht nur das, was der hilfsbereite Mann soeben vorbei gebracht hat, sondern das, was unfassbar viele Menschen bereits seit Montag vorbeigebracht haben.
An jenem Montag war es auch, als Schumacher-Personalleiter Andreas Guhl die Situation noch gar nicht richtig einschätzen konnte. Denn auf Anregung von Anna Sokól, der Geschäftsführerin des Schumacher-Werks im polnischen Wroclaw, war eigentlich nur eine kleinere Hilfsaktion unter Kollegen angelaufen. Unter den insgesamt fast 900 Mitarbeitern in den fünf Schumacher-Werken in Polen sind auch viele, die aus der Ukraine kommen oder zumindest familiäre Verbindungen in die Ukraine haben. Über diese Kollegen sollten Sachspenden dorthin gebracht werden, wo derzeit die Not durch den Krieg sehr groß ist. Als dann im Ebersdorfer Werk die ersten Spenden zusammenkamen und sortiert werden sollten, hatte Andreas Guhl die Idee, einen Azubi damit zu beauftragen. "Ich bin zu seiner Abteilungsleiterin und habe gesagt: Ich bräuchte mal Deinen Auszubildenden - so für ein, zwei Stunden..."
"Schlimm, was in der Ukraine passiert": Firma aus Ebersdorf startet Hilfsaktion
Inzwischen ist Mittwoch, und nicht nur ein Auszubildender hat gut zu tun, sondern fast alle der 40 Azubis, die es derzeit bei Schumacher in Ebersdorf gibt. Denn sehr schnell hatte sich herumgesprochen, dass "beim Schumacher" Hilfsgüter gesammelt werden, die anschließend absolut verlässlich zu Not leidendenden Menschen gebracht werden. Als Andreas Guhl am Mittwochnachmittag beobachtet, wie die Azubis anpacken und es immer wieder mit neuen Tüten und Kartons zu tun bekommen, räumt er ein: "Okay, das mit den ein, zwei Stunden‘ war ein Irrtum...."
David Hoffmann findet es "schlimm" und "dramatisch", was zurzeit in der Ukraine passiert. "Aber es ist ein gutes Gefühl, selber etwas tun und den Menschen ein bisschen helfen zu können." Sagt's, und packt mit seinen Azubi-Kollegen die nächsten Kartons voll, die Aufschriften tragen wie "Essen", "Klamotten" oder auch "Decken". Von der riesigen Spendenbereitschaft sind alle begeistert. Ein erster Schumacher-Lastwagen hat sich bereits am Montag auf den Weg nach Ost-Europa gemacht, ein zweiter startete am Mittwoch, am Montag kommender Woche ist der dritte geplant.
"Wir haben die Transportkapazitäten ja ohnehin", sagt Andreas Guhl. So würden große Lkw regelmäßig Papier aus Polen nach Ebersdorf liefern und anschließend oft leer oder zumindest nicht komplett voll beladen wieder zurück fahren. Genau diese Fahrten werden jetzt für die Hilfstransporte genutzt.
Mehrere nagelneue Schlafsäcke gespendet
Mehr und mehr zu einer Herausforderung werden allerdings die Lagerkapazitäten: Ursprünglich war lediglich eine kleine Ecke in einer der Schumacher-Hallen als "Spenden-Lager" vorgesehen. Diese "kleine Ecke" ist mittlerweile deutlich größer geworden. Selbst am Mittwochnachmittag, als eben erst ein weiterer 40-Tonner nach Polen losgefahren ist, ist sie schon wieder gut gefüllt.
Und dann kommen auch noch zwei voll beladene Transporter des FC Coburg in der Friesendorfer Straße vorgefahren und bringen Sachspenden aus der Vestestadt. "Es ist einfach unfassbar, wie sehr die Menschen helfen", sagt einer der Fahrer. So habe etwa ein Mann aus Coburg am Mittwoch doch tatsächlich in einem Sportgeschäft für mehrere Tausend Euro nagelneue Schlafsäcke gekauft und direkt beim FC Coburg als Spende für die Ukraine vorbeigebracht.