Im kommenden Schuljahr gibt es keine M-Klassen in der siebten Jahrgangsstufe mehr im Mittelschulverband Coburg Stadt und Land. Es werden M-Kurse angeboten.
Den Schwarzen Peter hat Schulrat Werner Löffler. Er muss jetzt die Kompromisslösung verteidigen, die die Rektoren und Bürgermeister des Mittelschulverband Coburg Stadt und Land nach langem Ringen gefunden haben. Es geht um 24 Sechstklässler, die im kommenden Schuljahr eine M-Klasse besuchen wollten. Daraus wird aber nichts. Stattdessen verbleiben die Schüler an ihren Schulen, besuchen den Regelunterricht und bekommen in so genannten M-Kursen zusätzlich mindestens fünf Stunden Differenzierungsunterricht.
Für Corinna Nitzsche, eine betroffene Mutter ist das jedoch mit erheblichen Nachteilen verbunden. Aus Erfahrung mit ihrem Sohn, der eine 9. M-Klasse besucht, befürchtet sie, dass der M-Stoff in den zusätzlichen Unterrichtsstunden gar nicht vermittelt werden kann. "Schon der reguläre Schulstoff ist kaum zu schaffen", sagt sie.
"Abgebügelt"
Enttäuscht ist Corinna Nitzsche vor allem darüber, dass weder sie noch andere Eltern mit ihren Sorgen und Zweifeln auf ein offenes Ohr beim Schulrat gestoßen sind. "Wir wurden gar nicht gehört, sondern immer gleich abgebügelt", kritisiert sie.
Werner Löffler versteht das nicht und möchte das so auch nicht gelten lassen. Er habe eine Elternversammlung besucht und dort die rechtliche Situation erläutert. Mehrere Gründe sprachen für die Einführung von M-Kursen an den jeweiligen Schulstandorten.
Wo lag das Problem?
Die Ausgangssituation war aufgrund von nur 24 Schülern, die eine M-Klasse besuchen wollten denkbar schlecht. Zwei Drittel kamen aus dem Seßlach und Untersiemau, ein Drittel aus Coburg und Bad Rodach. Für je eine M-Klasse in Coburg oder Seßlach/Untersiemau reichte die Schülerzahl nicht aus.
Nach dem Verbundvertrag ist für einen solchen Fall geregelt, dass die M-Klasse in Coburg eingerichtet werden muss. Für Coburg wäre das im kommenden Schuljahr die Heilig-Kreuz-Schule. Da jedoch ein Schüler im Rollstuhl sitzt, wäre man auf die Rückertschule ausgewichen, da sie im Anbau barrierefrei ist. Das Problem wäre damit jedoch nicht vom Tisch gewesen. Denn für den fachbezogenen Unterricht im Altbau hätte der Junge Stufen überwinden müssen. Die Seßlacher Schule ist dagegen komplett behindertengerecht.
Vieles spricht für M-Kurs
Außerdem hätte die M-Klasse in Coburg bedeutet, dass über zwei Drittel der Schüler aus ihren Kommunen nach Coburg hätten befördert werden müssen. Das kostet den Gemeinden Geld und eigene Klassenzimmer stehen leer.
In Untersiemau hätte es keine 7. Klasse mehr gegeben, da dann die Schülerzahl (ohne M-Schüler) zu klein gewesen wäre. Also auch diese Schüler hätten transportiert werden müssen. Eine M-Klasse in der Rückertschule stieß sowohl bei Eltern als auch den Bürgermeistern von Seßlach und Untersiemau auf wenig Gegenliebe.
In zwei Bürgermeisterbesprechungen haben die beteiligten Bürgermeister nach einer Lösung gesucht. Zusammen mit dem damaligen Verbundkoordinator Manfred Greiner-Gunzenheimer und Schulrat Werner Löffler kam es schließlich zu dem Kompromissvorschlag.
Was für den Schulrat ein durchaus akzeptables Modell ist - zumal es in Bayern andernorts auch praktiziert wird - macht den Eltern der betroffenen Schüler Angst: Kann in einem Kurs der M-Stoff tatsächlich durchgearbeitet werden? Und was passiert, wenn mein Sohn/meine Tochter nach der 7. Klasse den erforderlichen Schnitt von 2,33 nicht erreicht?
Niveau halten
"Den M-Kurs können die Schüler weiter besuchen und ab der 9. Klasse wird es auch wieder eine M-Klasse geben", verspricht der Schulrat. Wer allerdings dafür den Schnitt von 2,33 in der 8. Klasse nicht erreiche, könne auch nicht in die M-Klasse wechseln. "Schließlich wollen wir ein gewisses Niveau halten", meint Löffler und gibt zu Bedenken, dass M-Schüler schließlich mit den Realschulabsolventen auf einer Stufe stehen.
Schulrat Werner Löffler wollte mit dem Kompromiss möglichst jedem gerecht werden. "Wir legen keinem Schüler einen Stein in den Weg", so seine Aussage. Es gebe schließlich auch Alternativen.
Die Tochter von Corinna Nitzsche hat sich jetzt entschieden, auf die Realschule CO II nach Coburg zu wechseln. "Ihr Notendurchschnitt gibt es her. Wir wollen keine Risiko eingehen", sagt ihre Mutter, die bis zum Kultusministerium vorgedrungen war. Auf die Nachfrage des Tageblatts, wie das Ministerium zu der Kompromisslösung steht, schreibt Julia Graf von der Pressestelle: "Damit haben die Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2017/2018 kürzere Wege zur Schule und die Standorte können durch diese einvernehmliche Entscheidung gestärkt werden."