Martin Kälberer wurde schon oft Klangzauberer genannt, erkannt erst auf den zweiten Blick, einem Blick an dem Vielredner Werner Schmidbauer vorbei.
Der Multiinstrumentalist war es aber schon lange, der das Erfolgsduo Schmidbauer & Kälberer auf dem Pfad hielt. Dann ging das Duo zum Abschied über, so hörten wir es im Tambacher Schlosshof, damit jeder mehr Zeit fürs Solo haben sollte. In den Genuss eines solchen von Martin Kälberer kamen wir im Schwarzen Bären. Während die Programmpräsentation für den Tambacher Sommer 2017 nun doch wieder ankündigte: Schmidbauer & Kälberer. - Na, wenn's hilft.
Am Samstag aber, da war ungestört zu erleben, was in diesem einfallsreichen Musiker steckt, der seit 2003 durchaus auch eigene Wege gegangen ist und somit eine ganze Palette von Solo-CDs vorzeigen kann. Nur dass die Jazz-Musik, die Kälberer aus seinem Innersten heraus machen will, und die ausdauernden, enthebenden Klangmeditationen, denen er sich und uns hinzugeben vermag, eben weniger die Massen ansprechen. Das Beiersdorfer Publikum jedoch hing ihm an den wendigen Fingern und an den Lippen. Drei nochmals überraschende Zugaben mussten sein, bevor es Ruhe gab.
Kälberer steht wie kein anderer für das Hang, das erst 2000 erfundene Instrument aus Stahlblech-Halbkugeln. Mit vielen von diesen neuen Klangkörpern erzeugt er bisher ungeahnte Klangwelten, trommelnd, klopfend, streichend, was zunächst fernöstlich anmutet, schnell aber alles Gewohnte hinter sich lässt.
Viele Klangschichten
Kälberer ist ein gewiefter Perkussionist. Dann auch ein raffinierter Musikelektroniker. Mit seiner Loop-Maschine nimmt er gerade erzeugte rhythmische Muster auf und lässt sie in Endlosschleife ablaufen. Das erlaubt ihm, immer neue musikalische Schichten übereinander zu legen. Die bleiben steuerbar, so dass nichts starr, aufgenommen konservenartig wird, sondern mit neuem Instrumentarium im Konzertmoment hervorgebrachtes Musikerleben. Auf der obersten Ebene seiner vielschichtigen Klangteppiche kann sich Kälberer dann, zum Beispiel mit dem Piano, auf freie Improvisationspfade begeben. Dass er ein hervorragender Pianist ist - klar.
So gab es beim Beiersdorfer Konzert meditative Klangexperimente, rhythmische Explorationen, aber auch pure Jazzklavier-Unternehmungen. Kälberer gebiert sich dabei nie als einer, der egomanisch Mut beweisen muss, indem er freejazzend immer schräger wird. Er sucht sich und uns eine zwar spannungsreiche, auch herausfordernde, dabei aber loslösende Harmonie der höheren Ordnung.
Martin Kälberer wurde 1967 in Ulm geboren. Er erhielt frühzeitig Gitarren- und Mandolinen- und Klavierunterricht. 1985/1986 studierte er Klavier an der Jazzabteilung der Musikhochschule Graz. Seit 1989 ist er freischaffender Musiker. Seit 1993 tritt er zusammen mit Werner Schmidbauer als Schmidbauer & Kälberer auf. Seit 2003 gibt Kälberer auch Solokonzerte, und seit 2007 begleitet er das Sound-of-Islands-Projekt von Willy Astor.
Das Hang besteht aus zwei miteinander verklebten Halbkugel aus Pang, einem gasnitrierten Stahlblech. Auf der oberen Halbschale befinden sich Klangfelder, die mit Hämmern ins Blech eingearbeitet sind. Das Hang wird auf dem Schoß gehalten, gespielt wird es mit Fingern und Händen, was den Namen ergab: Hang ist Berndeutsch für Hand. Das Instrument wurde im Jahr 2000 von Felix Rohner und Sabina Schärer in Bern erfunden.
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