Der Klimawandel schreitet voran. Was das für unsere Heimatregion bedeutet, beleuchtete der Klima- und Bodentag der Initiative Rodachtal.
Es war wahrscheinlich nicht die Absicht von Heiko Paeth, den Klimateufel an die Wand des Seßlacher Kultursaales zu malen. Aber der Professor am Lehrstuhl für physische Geographie an der Uni Würzburg ist eben doch als Wissenschaftler ein Realist. Als solcher kann er kaum Zuversicht verbreiten, dass es der Weltgemeinschaft gelingen wird, ihre für 2020 gesetzten Klimaziele auch nur im Ansatz zu erreichen.
Wenn sich das Klima auf der Erde nun drastisch verändern wird - welche Auswirkungen wird das auf die Landwirtschaft in unserer Region haben? Ehe Heiko Paeth sich der Antwort auf diese Frage widmete, verdeutlichte er, womit es die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten zu tun bekommen wird, und wo die Ursachen zu suchen sind.
Erwärmung als Faktum
Ein Blick auf die Entwicklung seit einer sicheren Wetteraufzeichnung ab etwa 1880 zeigt, dass die Durchschnittstemperatur der zehn heißesten Jahre in diesem Zeitraum von 9,5 auf 10,3 Grad angestiegen ist. In den vergangenen 50 Jahren stieg die allgemeine Durchschnittstemperatur geradezu rasant an. Trotzdem ging die Wissenschaft nicht automatisch davon aus, dass der Mensch hinter dieser Entwicklung steckt.
Seit sie existiert, war die Erde schon völlig von Eis bedeckt und völlig eisfrei, ohne das Menschenwerk dafür verantwortlich gemacht werden könnte. Das Klima wird von Sonnenaktivitäten, orbitalen Parametern, Wechselwirkungen mit der Landoberfläche und der Meeresoberfläche oder Vulkanismus beeinflusst. Aber eben auch von menschlichen Aktivitäten. Auf der Basis von Erkenntnissen über das Klima der vergangenen 65 Millionen Jahre und seiner Entwicklung bis heute, wurde mit gewaltiger Rechnerleistung ermittelt, wie sich das Klima entwickeln würde, gäbe es uns Menschen seit ein paar Jahrzehnten gar nicht mehr. Dann, erklärt Paeth das Ergebnis, würde es bei uns kühler werden. Der Grund ist eine zurzeit etwas schwächere Sonneneinstrahlung.
Am Ende aller Berechnungen waren sich die Wissenschaftler einig, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent, der Mensch und der von ihm verursachte Ausstoß an Treibhausgasen wie CO2 oder Methan schuld an der Entwicklung ist. Der explosionsartig wachsende Ausstoß solcher Gase ist eng gekoppelt an die Bevölkerungsexplosion auf der Erde. Diese Entwicklung wird auch noch andauern. In wenigen Jahrzehnten rechnen die Wissenschaftler mit zwölf Milliarden Menschen - und entsprechenden Herausforderungen zu ihrer Ernährung. Allein auf dem afrikanischen Kontinent könnte schon in naher Zukunft eine Milliarde Menschen mehr leben als heute. "Bereits in den 1980er Jahren wurden daher große Flüchtlingsströme prognostiziert", stellt Paeth fest. Ernst genommen wurden die Warnung damals nicht. Heute ist das anders. Doch die jüngste Migrationsbewegung dürfte nur ein Vorgeschmack gewesen sein, wenn die Prognosen stimmen. "Die Menschen werden sich, wenn sie nichts mehr zu verlieren haben, auf den Weg machen", ist Paeth überzeugt.
Zur Rettung der Welt wurde auf dem Klimagipfel in Paris 2015 als Ziel festgeschrieben, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad gegenüber dem Ende des 19. Jahrhunderts zu beschränken. "Das wäre tatsächlich zu erreichen, wenn sofort die maximalen mit heutiger Technologie möglichen Anstrengungen dafür unternommen würden", meint Paeth.
Wenig Hoffnung
Doch diese Anstrengung ist nirgends zu erkennen. Es wurde vereinbart, den Höhepunkt des CO2-Ausstoßes "so schnell wie möglich" zu erreichen. Einen echten Zeitplan dafür gibt es aber nicht. Die Hauptverantwortung wird den Industrieländern zugeschrieben. Rechtliche Ansprüche leiten sich daraus aber nicht ab. Es gibt keine Kontrollpflicht für die Einhaltung von Vereinbarungen und daher auch keine Sanktionen bei Nichteinhalten. Resümee des Wissenschaftlers: "Wir waren 2007 beim Klimaschutz weiter als heute."
Es wird also wohl nichts werden, mit der Beschränkung auf zwei Grad mehr als 1880. Wer wissen will, was das für seine Region bedeutet, kann das unter
www.climate-service-center.de im Internet herausfinden.
Franken wird sich wohl schon ab 2050 auf eine bis zu zwei Monate längere Vegetationszeit und um vier Grad höhere Durchschnittstemparaturen einstellen müssen. Für die Winter wird viel mehr Niederschlag angenommen, die Sommer könnten dagegen viel trockener werden. Starkregen, Stürme, extreme Hitze aber auch Kälte werden nach den Erwartungen der Klimatologen häufiger auftreten. Herausforderungen aber vielleicht auch Chancen für die Land- und Forstwirtschaft.