Fahndung führt zu Erfolg: Sexualstraftäter nach Flucht aus Coburger Landgericht festgenommen

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Während der Verhandlung am Landgericht Coburg war ein 47-jähriger Angeklagter aus einem Fenster geflüchtet. Der in Abwesenheit verurteilte Sexualstraftäter konnte rund einen Tag später gefasst werden.

Am Montag (20. Februar 2023) war einem 47-jährigen Angeklagten während einer Verhandlung am Landgericht Coburg die Flucht gelungen. Die Polizei hatte eine Großfahndung nach dem Mann eingeleitet. Nach der Flucht eines verurteilten Mörders aus dem Amtsgericht Regensburg war es der zweite Fall in Bayern dieser Art binnen weniger Wochen. 

Laut dem Polizeipräsidium Oberfranken floh der Mann durch ein Fenster in eine unbekannte Richtung. "Ich war draußen auf dem Flur und habe nur Geschrei von den Polizeibeamten gehört, ‚der haut ab‘", berichtet ein Zeuge. Hier erfährst du mehr über die Flucht des Sexualstraftäters. Alle verfügbaren Polizeistreifen mit Unterstützung eines Hubschraubers sowie Polizeihunden suchten nach dem Flüchtigen - am Ende mit Erfolg

Update vom 21.02.2023, 12.40 Uhr: Coburger Sexualstraftäter nach aufwendiger Fahndung geschnappt - in Grub am Forst 

Eine groß angelegte Suche nach dem geflüchteten Häftling führte am Dienstagvormittag (21. Februar 2023) zum Erfolg. Das berichtet das Polizeipräsidium Oberfranken. Eine Fahndungsstreife nahm den 47-jährigen Mann nach einem Zeugenhinweis in Grub am Forst fest. 

Ein Verkehrsteilnehmer wählte nach Angaben der Polizei gegen 11.20 Uhr den Notruf, nachdem er den Flüchtigen in der Ebersdorfer Straße in Grub am Forst gesehen hatte. Wenige Minuten später konnte der 47-Jährige widerstandslos festgenommen werden. Es handelt sich zweifelsfrei um den Gesuchten, heißt es abschließend.

Der Mann hatte laut Medienberichten offenbar versucht, die Polizei in die Irre zu führen, indem er sein Aussehen veränderte. Laut Polizei hatte der 47-Jährige seinen auffälligen Bart abrasiert.

Polizei Oberfranken suchte mit Hunden und per Hubschrauber nach dem Flüchtigen

Nach der Flucht eines 47-jährigen Angeklagten aus dem Coburger Justizgebäude fahndete die Polizei nach wie vor mit Hochdruck nach dem Mann. Dies teilte die Polizei Oberfranken am Dienstag (21. Februar 2023) mit.

Die Coburger Polizei wurde für die Suchmaßnahmen durch die Bayerische Bereitschaftspolizei, die Polizeihubschrauberstaffel sowie eine Vielzahl von Polizeikräften aus ganz Oberfranken und Teilen Unterfrankens unterstützt. Noch in der Nacht ging die Polizei mehreren Zeugenhinweisen aus der Bevölkerung nach.

Der Gerichtskalender in Coburg sah am Montagvormittag eine Verhandlung gegen den 47-Jährigen vor, der wegen sexuellen Missbrauchs angeklagt war. Der siebenfache Vater soll sich unter anderem an seinen beiden Töchtern vergangen haben. Insgesamt werden ihm 100 Missbrauchsfälle zur Last gelegt. Medienberichten zufolge hatte das Landgericht erst während der Verhandlung vor 14 Tagen einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr gegen den Mann erlassen. 

"Nicht akzeptabel": CSU-Minister fordern lückenlose Aufklärung nach spektakulärer Flucht

Der Flüchtige habe bis zur Fortsetzung der Verhandlung am Montag in der Justizvollzugsanstalt Kronach eingesessen, bestätigte der Polizeisprecher. Wie es zu der Flucht kommen konnte, war zunächst unklar. Wie der BR berichtet, wurden offenbar während einer Verhandlungspause die Fußfesseln des Angeklagten nicht wieder angelegt. Nach Darstellung eines Gerichtssprechers verließ er daraufhin fluchtartig das Obergeschoss. Im Erdgeschoss soll er das Fenster in einem Aufenthaltsraum für Zeugen aufgebrochen und entkommen sein. In seiner Abwesenheit wurde der Mann wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen in etwa 100 Fällen verurteilt. Es wurde eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten gegen ihn ausgesprochen.

 Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich (beide CSU) haben nach dem Vorfall eine Überprüfung der Einsatzkonzepte angekündigt. "Das ist völlig indiskutabel, wenn einem Häftling die Flucht gelingt. Ich erwarte vom Polizeipräsidium Oberfranken eine umfassende Aufklärung zu den Hintergründen der Flucht. Das muss akribisch und umfassend aufgearbeitet werden", sagte Herrmann am Montag. Bereits nach der Flucht eines Häftlings in Regensburg vor einigen Wochen seien alle Polizeipräsidien eingehend sensibilisiert worden, betonte Herrmann und kündigte an: "Gemeinsam mit der Justiz werden wir den vorliegenden Fall zum Anlass nehmen, die Einsatzkonzeptionen zur Bewachung von Häftlingen auf den Prüfstand zu stellen." Denn besonders die Frage nach der fehlenden Fußfessel steht nun im Raum. 

Eisenreich sagte: "Es ist nicht hinnehmbar, wenn Gefangenen die Flucht aus bayerischen Gerichten gelingt. Sicherheitslücken sind nicht akzeptabel." Er habe sofort veranlasst, die Hintergründe der Flucht zusammen mit der Polizei lückenlos und unverzüglich aufzuklären. "Es ist vollkommen richtig, dass die Polizei den Vorfall zum Anlass nimmt, gemeinsam mit der Justiz die Einsatzkonzeptionen zur Bewachung von Gefangenen zu überprüfen." Zusätzlich habe er angeordnet, dass jedes bayerische Gericht dem Ministerium bis Ende der Woche zu den örtlichen Sicherheitskonzepten berichten müsse.

mit Material der dpa

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