"Der Feuervogel", "Septett" und die Pulcinella Suite von Igor Strawinsky sind die musikalischen Grundlagen eines dreiteiligen Ballettabends.
Ein großer Vorzug des Coburger Ballettchefs Mark McClain ist seine Großzügigkeit: Immer schon hat er neben seiner eigenen Ästhetik, seiner eigenen klassischen Art zu tanzen, das Vielfältige und die Modernität dieser umfassenden Bühnenkunst nicht nur zugelassen, sondern sogar sehr bewusst nach Coburg geholt. Er hat es dem "kleinen Coburg" ermöglicht, immer wieder Höhepunkte des zeitgenössischen Tanzes hier vor Ort und unmittelbar zu erleben.
Der nächste große Tanzabend im Landestheater mit großem Orchester steht unter dem Stichwort "Feuervogel", wird in allen drei vorgesehenen Choreografien ein Strawinsky-Abend. Premiere ist am Samstag, 12. Mai.
Als ob Strawinskys spätromantische Ballettmusik "Der Feuervogel" nicht allein schon einen besonderen Abend versprechen würde. Uraufgeführt 1910 in Paris, war es das erste große Ballett, das der damals noch unbekannte Igor Strawinsky für Sergej Djagilews Ballets Russe schrieb.
Die expressive Wildheit und gleichzeitig schillernde Innigkeit der Musik, die an Picasso und Braque orientierte Ausstattung durch Alexander Golowin, die zu neuer Expressivität geführte klassische Tanzkunst brachten einen sensationellen Erfolg und ließen den "Feuervogel" zum richtungsweisenden Tanzstück für das 20. Jahrhundert werden. Für dieses Ballett steht der Coburger Tanzchef Mark McClain selbstverständlich selbst.
McClain ist ein Kind der Stuttgarter Schule von John Cranko, wo er den später international renommierten Uwe Scholz nicht nur kennenlernte, sondern mit ihm befreundet war. Was es jetzt ermöglicht, eines seiner Tanzstücke in Coburg einzustudieren, nämlich "Septett", nach eben diesem Kammermusikstück von Strawinsky aus dem Jahr 1953, in dem sich der Komponist mit der Zwölftontechnik auseinander setzte.
So wird an diesem Abend unter der musikalischen Leitung von Johannes Braun also neben der frühen "Feuervogel"-Komposition ein Stück aus der letzten, seriellen Phase Strawinskys stehen.
Sie kommt aus Brasilien
In Coburg einstudiert wird Uwe Scholz Choreografie "Septett" von der extra aus Brasilien kommenden Maria Beatriz Albuquerque de Almeida, die noch direkt mit Scholz zusammengearbeitet hat.
Uwe Scholz bekam schon unmittelbar nach seiner Ausbildung bei John Cranko und Marcia Haydée einen festen Choreografie-Vertrag beim Stuttgarter Ballett und wurde nach dem Tod von Cranko zum ersten "Ständigen Choreografen" ernannt. Von 1991 bis zu seinem frühen Tod 2004 war Scholz dann Chef-Choreograf der Oper Leipzig. Es sind vor allem seine sinfonischen Arbeiten, die ins internationale Repertoire eingingen. "Septett" ist ein abstraktes Ballett, mit dem in Coburg wieder ein eigenständiger Tanzstil präsentiert wird, ganz auf Spitze, aber dennoch modern.
Traditionelle Melodien
Dritter im Bunde ist an diesem Tanzabend ein Coburger Eigengewächs. Denn auch das zeichnet Mark McClain aus, dass er seinen choreografisch begabten Ensemblemitgliedern die Möglichkeit gibt, sich zu entwickeln. Mittlerweile ist Takashi Yamamoto so weit, sich in den großen Rahmen wagen zu können. Wir sahen bereits vielversprechende kleinere Choreografien von dem seit 2010 in Coburg engagierten Tänzer.
Yamamoto hat sich Strawinskys "Pulcinella"-Suite aus dessen mittlerer Schaffensperiode vorgenommen. Die allerdings ist musikalisch eher zurückgewandt, beeindruckt von der Comedia dell' arte und darin vor allem dem obszönen Tölpel Pulcinella, die Strawinsky auf einer Italienreise kennenlernte. Er sammelte neapolitanische Melodien und Vorlagen und versuchte hier im Umgang mit dem Überlieferten Pergolesi zu neuem Leben zu erwecken.
Die "Pulcinella"-Suite für Kammerorchester nutzt Yamamoto für seine Tanzstudie "Pulcinella-Sweet", in der es um Masken geht, einem der zentralen Darstellungsmittel der Commedia dell' arte entsprechend. "Eigentlich tragen wir doch alle Masken", sagt der junge Choreograf und sucht nach den Gesichtern dahinter. (Gesellschaftlich typisierte) Masken dienen zur Kanalisierung von Empfindungen und damit dem Überleben. Doch was geschieht mit den Seelen hinter den Masken?
Die Produktion Landestheater Coburg, dreiteiliger Ballettabend zu Musik von Igor Strawinsky. Musikalische Leitung Johannes Braun, Ausstattung Andreas Becker, Dramaturgie Susanne von Tobien. Es spielt das Philharmonische Orchester Landestheater Coburg, es tanzt das Ballett Coburg. Premiere: Samstag, 12. Mai, 19.30 Uhr im Großen Haus.
"Der Feuervogel", Choreografie von Mark McClain. In poetischen Bildern wird die Geschichte des jungen Prinzen Iwan erzählt, der mit Hilfe der magischen Kräfte eines Feuervogels seine geliebte Prinzessin aus den dämonischen Händen des Zauberers Kastschej befreit.
"Pulcinella Sweet" In Takashi Yamamotos Choreografie geht es in Anlehnung an die der vertanzten Pulcinella-Suite zugrunde liegenden Commedia dell' arte-Tradition um Masken und die Seelen hinter den Masken.
"Septett" Abstraktes Ballett von Uwe Scholz, Einstudierung durch Maria Beatriz Albuquerque de Almeida.