So erleben die Zuschauer in der Reithalle die Erstaufführung von Ingrid Lausunds "Bin nebenan" in der Regie von Mascha Pitz.
So sehen glückliche Frauen aus. Sie schwärmen von ihrer perfekt renovierten und makellos eingerichteten Wohnung. Sie freuen sich auf den neuen Esstisch, der morgen endlich geliefert wird: Nussbaum, unverwüstlich. Sie haben sich ihren Badezimmer-Traum in Carrara-Marmor verwirklicht und sind glücklich - restlos und abgrundtief glücklich. Dumm nur, dass inmitten der Wohlfühl-Oase Wohnung die Beziehung gründlich und irreparabel gescheitert ist.
Eigentlich bleibt nur die Flucht. Am besten in der melodramatischen Variante als nächtliche Flucht, während der Partner mal wieder auf dem Sofa eingeschlafen ist. Die Tasche ist gepackt, doch am Ende bleibt es nur beim Gedankenspiel - zumindest einstweilen.
Emotionale Leere
Die Begründung für die abgesagte Flucht ist so banal wie entlarvend ehrlich: "Diese Wohnung ist einfach zu gut geworden." Wer will da noch
ausziehen, nur weil die Beziehung am Ende ist? Frauen zwischen Wohnglück und emotionaler Leere - das ist der Stoff, aus dem Ingrid Lausund ihr Kammerspiel "Bin nebenan" gebastelt hat. Mit ihren "Monologen für zuhause" startet das Landestheater den Premieren-Reigen der neuen Spielzeit in der Reithalle. Das hörbar amüsierte Publikum erlebt, wozu Theater in der Lage sein kann, wenn es einfach mal ganz ungeniert versucht, dem Fernsehen auf dessen ureigenstem Terrain Konkurrenz zu machen.
Temporeiche Inszenierung
Denn Ingrid Lausunds Monologe bieten Soap-Opera-Unterhaltung im Kammerspiel-Format. Dass die kleinen Dramen des Alltags auch dann amüsieren können, wenn sie sich nur im Kopf der Darstellerinnen ereignen, beweist Mascha Pitz mit ihrer einfalls- und temporeichen Inszenierung.
Dazu hat Thomas Unthan eine Ausstattung entworfen, die witzig und ironisch mit zeitgemäßen Einrichtungs-Klischees spielt und dem Darstellerinnen-Trio den perfekten Rahmen für einen furiosen Auftritt bietet.
Fulminanter Auftritt
Denn trotz einer krankheitsbedingten kurzfristigen Umbesetzung eineinhalb Wochen vor der Premiere gelingt Sarah Zaharanski, Eva Marianne Berger und Britta Hübel (als Gast anstelle der erkrankten Anne Rieckhof) ein fulminanter Auftritt.
Begeisterter Beifall
Mit buchstäblich vollem Körpereinsatz werfen sich die drei Schauspielerinnen hinein in dieses Spiel, das Banalitäten des Alltags treffsicher ironisch entlarvt.
Begeisterter Premieren-Beifall für eine Coburger Erstaufführung, die an der Theaterkasse reichlich Nachfrage finden dürfte.
Theater-Tipp
Termine "Bin nebenan" - Monologe von Ingrid Lausund, 27. september, 7.,8 . Oktober, 4., 5., 6., 25. und 29. November, 20 Uhr, 9. Oktober, 6. November, 18 Uhr
Produktionsteam Inszenierung: Mascha Pitz; Bühnenbild und Kostüme: Thomas Unthan; Dramaturgie: Carola von Gradulewski
Darsteller Sarah Zaharanski, Eva Marianne Berger, Anne Rieckhof/Britta Hübel