Eine Coburgerin auf dem Weg zur Influencerin

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Selfmade-Woman"Brinarina" in ihrem Stoffladen. Aktuell entstehen die Fotos für ihr erstes Näh- und Schnittmusterbuch. Foto: Christiane Lehmann
Selfmade-Woman"Brinarina" in ihrem Stoffladen. Aktuell entstehen die Fotos für ihr erstes Näh- und Schnittmusterbuch. Foto: Christiane Lehmann
Haben offensichtlich Spaß: "Bridget" mit ihren Töchtern. Fotos: privat
Haben offensichtlich Spaß: "Bridget" mit ihren Töchtern. Fotos: privat
 
Aus ihrem Story-Alltag
Aus ihrem Story-Alltag
 

Von der strengen Lehrerin zur lässigen Instagram-Influencerin: Sabrina Kerscher verwirklichte sich einen Traum und eröffnete ihren eigenen Stoffladen.

Sie war immer so cool angezogen. Da passte alles zusammen. Schuhe, Gürtel, Kleid. So schön. Wenn sie nicht so streng im Unterricht gewesen wäre, hätte sie wohl keiner ernst genommen. Das sagt eine ehemalige Schülerin aus Erding über Sabrina Kerscher. Die 39-Jährige hört gerade die Sprachnachricht ihrer Freundin ab, die ihr davon erzählt. "Ja, das stimmt. Ich war richtig streng", sagt sie und lacht.

Ihren Beruf als Mittelschullehrerin hat sie vor drei Jahren an den Nagel gehängt. Die Willkür des dortigen Schulamtes und die Bürokratie sind ihr aufgestoßen. Beamtin auf Lebenszeit ist sie jetzt nicht mehr. Stattdessen steht sie in ihrem kleinen Stoffladen in der Herrngasse in Coburg, verkauft eigenen Designs, Kurzwaren und gibt Nähkurse.

Ein Buch entsteht

Mittendrin hat sie Scheinwerfer und Kamerastativ aufgebaut. Was geht da ab? "Brinarina" arbeitet zur Zeit an ihrem ersten Buch. Ein Verlag ist über ihr Online-Profil auf sie aufmerksam geworden und hat sie beauftragt, Designs, Schnittmuster und Nähanleitung in einem eigenen Buch zu veröffentlichen. "Puh, das ist ganz schön anstrengend, aber auch total spannend." Allzu viel möchte sie noch nicht verraten, da das Buch ja noch nicht fertig ist.

Dabei ist Brinarina, wie sie sich und ihr Geschäft nennt, gar nicht so zurückhaltend, wenn es um ihren Alltag geht. Auf Instagram veröffentlicht sie täglich Storys von sich, in denen sie minutenlang erzählt, was sie gerade so macht, was ihr durch den Kopf geht, was gut, aber eben auch, was gar nicht so gut läuft. Die meisten Videos entstehen morgens beim Spaziergang mit ihrem Hund "Marley". Ihrer verblüffende Ehrlichkeit, ihre Selbstironie, ihr Humor und natürlich ihre Kreativität haben ihr in den vergangenen Jahren über 5000 Follower eingebracht.

Offen und ehrlich

Nicht jeder kann verstehen, warum sie so offen spricht - auch über so viel Persönliches. "Dazu steh ich. Ein guter Freund hat mich das auch mal gefragt. Aber ehrlich: Ich bin halt so und wenn ich mich verstellen würde, würde mich mein Mann sofort entlarven", sagt Brinarina. Ihre drei Töchter und ihr "Ranger" (Ehemann) sehen das genauso. "Allerdings ist Lorena mit ihren 15 in einem Alter, in dem sie in meinen Storys nicht mehr vorkommen möchte. Antonia mit zwölf findet es immer noch gut. Bei Wilma (7) bin ich sowieso zurückhaltend", gibt sie zu. Sabrina Kerscher weiß, was sie tut. "Die Insta-Welt ist doch nur ein Bruchteil meines Lebens", sagt sie. Da passiert noch viel mehr.

Ungeduldig und spontan

Wer so unternehmungslustig, ungeduldig, mutig und kreativ ist, der wird nicht in Neustadt geboren, um dort zu verweilen.

Sabrina ging zum Studieren nach München, brach das Studium ab, arbeitete zwei Jahre als Produktionsassistentin beim Film, wurde schwanger, studierte weiter, heiratete und unterrichtete schließlich an einer Mittelschule.

Doch am ersten Schultag auf den Wandkalender zu schauen und die Tage bis zu den nächsten Ferien zählen - "was Lehrer tatsächlich tun" - wollte sie nicht länger. "Heute freue ich mich jeden Tag auf meine Arbeit. Ich wollte immer schnell Erfolge sehen", gibt sie zu und bekennt, dass das im Schulalltag mit Mittelschülern nicht so einfach war. Ob alles so bleibt, wie es gerade ist, weiß sie natürlich auch nicht. Auszuschließen sei nichts.

Mit einem Dirndl fing alles an

Als sie ihr erstes Dirndl entwarf, selbst nähte und auf Facebook veröffentlichte, startete ihre zweite Karriere - ohne, dass sie es darauf angelegt hatte. Doch die Nachfragen waren so groß, dass ein Online-Shop folgte, sie ein kleines Geschäft in Erding eröffnete und ihren Instagram-Feldzug begann.

Der Umzug von Erding nach Coburg im vergangenen Jahr war eine spontane Entscheidung. "Ich dachte eigentlich nicht, dass ich einen Niederbayer nach Franken bringe", lacht die gebürtige Neustadterin. Doch als ihr Mann das Haus im Heckenweg in Coburg entdeckte, war es um ihn geschehen. "Es war genau das, was wir uns immer gewünscht hatten." Als Ingenieur für Versorgungstechnik fand er einen neuen Job in Bamberg und die Familie entschied sich spontan nach Coburg zu ziehen. Zum 1. Januar macht er sich in Coburg selbstständig.

Die Immobilienpreise erleichterten ihnen die Entscheidung nach Coburg zu ziehen, da sie ihr Reihenmittelhäuschen in Erding gut verkaufen konnten.

Auch, wenn "Bridget", wie sie von ihrem Mann und guten Freunden genannt wird, ihre Erdinger Nachbarn immer noch sehr vermisst, ist sie doch in Coburg angekommen. Schließlich haben die Kerschers auch hier seit vielen Jahren sehr gute Freunde. Und sie sagt: "Heimat ist da, wo Familie und Freunde sind."

Auf die Frage, was ihr spontan zu Coburg einfalle, kommt ihr ein Vergleich mit Erding in den Sinn: "Die Erdinger lassen nix auf ihre Stadt kommen. Die Coburger haben immer was zu schimpfen und schätzen eigentlich nicht, was sie haben."