Die Teichgenossenschaft Oberfranken eröffnet die Karpfensaison im Neustadter Stadtteil Haarbrücken.
Bevor sich Otto Grußka der Fischzucht widmete, konnte er nach eigenem Bekunden gerade mal Fischstäbchen von einem Karpfen unterscheiden. Dies liegt einige Jahre zurück, denn heute ist der Fischwirtschaftsmeister Geschäftsführer der oberfränkischen Teichgenossenschaft.
Er bewirtschaftet auf seinem privaten Grundstück zwischen der Stadt Rödental und dem Neustadter Haarbrücken auf einer Fläche von 1500 Quadratmetern mehrere Karpfenteiche. Dort eröffnete die Teichgenossenschaft Oberfranken die Karpfensaison mit Abfischen und einer Fischverkostung.
Ein Leckerbissen mit "R"
Mit dem Startschuss darf das regionale Produkt genossen werden, ob blau, gebacken oder wie am Samstag frittiert. Da der Karpfen etwas besondere Delikatesse bleiben soll, wird er nur in Monaten, die ein "R" im Namen haben, angeboten. "Die Karpfensaison geht von September bis April", erklärte Grußka. Zur Fischzucht, sagt der 64-Jährige, sei er eigentlich durch einen Zufall gekommen. Bei einem Urlaub in Irland ärgere er sich, dass er nicht angeln konnte. Grußka, damals noch Bezirksstornsteinfegermeister, besuchte Kurse und kaufte im Jahr 1996 das Grundstück, um es im Nebenerwerb zu wirtschaften.
Im Rentenalter baute er sein Hobby professionell aus, bildete sich bis weiter,legte mit 61 Jahren seine Meisterprüfung ab und steht heute an der Spitze der oberfränkischen Teichgenossenschaft. Jedes Jahr, erzählt der 1. Vorsitzende Peter Thoma, werde die Saison in einem anderen Bezirk eröffnet, diesmal eben in der Coburger Region. Und dies mit gutem Grund: Hier hat die Karpfenzucht eine jahrhundertelange Tradition," weiß Thoma. Die Teiche in diesem Bereich wurden demnach von jeher aufgrund der geografischen Gegebenheiten als Wasserspeicher und Nahrungsquelle genutzt.
Hervorragend sei die Qualität der Speisefische, die hier gezüchtet werden. Mit Netzen und Keschern zogen Helfer die Beute aus dem trüben Wasser an das Land, darunter mächtige Exemplare. Apropos trüb: Karpfen wühlen den Boden auf, dadurch wird das Wasser bräunlich und grünlich, erklärte Thoma.
Auch deshalb sollte fangfrischer Fisch noch nicht in der Pfanne, den Ofen oder im Kopftopf landen. Bevor er zubereitet und verzehrt werde, so Thoma, müsse er mindestens eine Woche gewässert werden. "Sonst besteht die Gefahr, dass der Speisefisch etwas modrig schmeckt."
Die Karpfen von Otto Grußka wanderten wieder zurück in den Teich. Dies hat einen Grund: Durch den sehr trockenen Sommer, erklärte er, mangele an Wasser in den Aufbewahrungsbecken. Der trockene Sommer, so Bezirksregierungspräsident Günther Denzlerm (CSU), führe vor Augen, dass die Teiche gepflegt werden müssen, ansonsten würden sie "umkippen".
Genug Zeit für den Genuss
Den Karpfen bezeichnete Denzler als ein gesundes Lebensmittel, das nicht schnell wachsen müsse, sondern zwei bis drei Jahre Zeit habe, um sich zu entwickeln. Dies schmecke man am Fleisch. "Der Karpfen ist ein Aushängeschild der Genussregion Oberfranken."
Der Landtagsabgeordnete Jürgen W. Heike (CSU) ging auf die Bedeutung der Fischzucht in der Region ein. "Hier lebt eine Tradition, denn Fischzucht wurde für die Mönche, die einst in Mönchroden lebten, betrieben." Laut Bernhard Fehneis, Präsident der deutschen Binnenfischer, halte Oberfranken jedem internationalen Vergleich stand.