Desinfektionsmittel statt Pillen-Packungen

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Eigentlich nicht die Alltagsaufgabe einer Krankenhausapotheke: Abfüllung von Hände-Desinfektionsmittel in der Klinik-Apotheke Sonneberg. Foto: Regiomed
Eigentlich nicht die Alltagsaufgabe einer Krankenhausapotheke: Abfüllung von Hände-Desinfektionsmittel in der Klinik-Apotheke Sonneberg. Foto: Regiomed
 
Stefan Schlosser
Stefan Schlosser
 

Tropfen, Pillen, Infusionen: Andrea Beitzinger und Stefan Schlosser sind dafür zuständig, dass bei Regiomed genug Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Die Beschaffung von Arzneimitteln war schon vor der Corona-Krise gelegentlich eine Herausforderung, sagt Andrea Beitzinger, Leiterin der Regiomed-Klinik-Apotheke. "Bei Propofol oder Heparinen gab es schon seit Monaten immer wieder Versorgungsdengpässe." Beides sind Arzneimittel, die in der Intensivmedizin gebraucht werden - auch bei der Versorgung von Corona-Patienten. Heparine hemmen die Blutgerinnung, Propofol wird unter anderem eingesetzt, um Patienten an der Beatmungsmaschine ruhig zu stellen, "damit er nicht gegen die Maschine atmet", erläutert Andrea Betzinger.

Damit ja kein Versorgungsengpass bei den Medikamenten entsteht, werden bei Regiomed die Bestände von derzeit 130 Arzneimitteln täglich überwacht. Diese Liste wurde zusammen mit den Intensivmedizinern bei Regiomed erstellt, erläutert die Pharmazeutin. Täglich wird berechnet, wie lange die Medikamente beim aktuellen Bedarf noch reichen - und lange bevor sie tatsächlich knapp werden könnten, springe die interne Überwachungsampel auf Rot, versichert Beitzinger.

Derzeit gebe es noch keine Engpässe - aber die Marktlage sei schwierig: Viele Hersteller der Rohstoffe sitzen in Asien; die Schweinepest in China habe schon die Herstellung von Heparin gebremst, berichtet Beitzinger. Indien habe den Export von 26 Substanzen verboten, darunter mehrere Antibiotika. Die Corona-Krise habe in China zu Produktionsstopps geführt, Lieferketten seien unterbrochen oder Transportwege blockiert, weil Grenzen geschlossen wurden. In Europa würden die knappen Lagerkapazitäten und die Hamstermentalität mancher Produzenten und Großhändler Probleme bereiten. Beitzinger: "Verschiedenste Player auf dem Markt handeln nicht immer solidarisch."

In dieser Situation profitiere Regiomed davon, dass es bislang zwei Klinik-Apotheken gibt, sagt Andrea Beitzinger. Eigentlich lautet ihr Auftrag, die Sonneberger Apotheke mit der Coburger zu fusionieren. Damit waren sie und der Sonneberger Apothekenleiter Stefan Schlosser noch vor kurzem befasst. Aber angesichts von möglichen Engpässen sei es gut, dass die Sonneberger Apotheke über eigene Lieferanten verfüge - und das soll auch bei der weiteren Fusion beibehalten werden, sagt Beitzinger. Auch im Einkaufsverbund PBMG, dem Regiomed neben einigen Unikliniken angehört, werde darauf geachtet, mehrgleisig zu fahren.

Vom Einkaufsverbund profitiere Regiomed auch insofern, als es da einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch gebe. Eine der Klinikapotheken im Verbund habe den Landkreis Heinsberg versorgt, wo es den ersten großen Infektionsschub mit dem Corona-Virus gab, berichtet Beitzinger.

Sollte ein Medikament tatsächlich nicht mehr zur Verfügung stehen, werde nach therapeutischen Alternativen gesucht, erläutert Beitzinger. "Das ist nicht weniger wirksam oder von einem therapeutischen Nachteil, nur in der Handhabung etwas unkomfortabler." Oder teurer, weil sich die Entscheidung für ein Medikament auch am Preis orientiere, wie sie einräumt.

Die Krise fördere aber auch Kreativität und Teamgeist. In Sonneberg würden normalerweise die Medikamente für die einzelnen Patienten zusammengestellt und in die Kliniken geliefert. Weil viele planbare Eingriffe verschoben werden, ist da weniger zu tun. Deshalb werde in Sonneberg nun Handdesinfektionsmittel für alle Standorte produziert, um die Versorgungslage auf diesem Gebiet abzusichern. Beitzinger lobt auch die gute Zusammenarbeit mit den öffentlichen Apotheken. "Sie helfen uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten, wo sie nur können."