Den Widerstand im Kreis Coburg bündeln gegen die Strom-Lobby

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Geht da noch mehr? Der Netzentwicklungsplan lässt befürchten, dass die Trasse zwischen Ebersdorf und Sonnefeld bald nicht mehr alleine dastehen wird. Foto: Berthold Köhler
Geht da noch mehr? Der Netzentwicklungsplan lässt befürchten, dass die Trasse zwischen Ebersdorf und Sonnefeld bald nicht mehr alleine dastehen wird. Foto: Berthold Köhler
Markus Mönch (parteilos), Bürgermeister von WeidhausenFoto: Archiv
Markus Mönch (parteilos), Bürgermeister von WeidhausenFoto: Archiv
 

Markus Mönch ist enttäuscht vom Netzentwicklungsplan - und angriffslustig, wenn es um neue Trassen im Coburger Land geht.

Markus Mönch reicht's. Dabei war die Nachricht ja so überraschend nicht: Die deutschen Netzbetreiber empfehlen der Bundesnetzagentur, im Zeitraum bis 2030 noch eine weitere Höchstspannungsleitung durch das Coburger Land zu bauen. Dabei hatte man auf der kommunalpolitischen Ebene gedacht, dass der Landkreis mit der seit dem vergangenen Jahr in Betrieb befindlichen Höchstspannungsleitung zwischen Schalkau und Redwitz seinen Teil zur Energiewende beigetragen habe.


Doch was tun? Nur im jetzt laufenden Konsultationsverfahren eine Eingabe zu machen, ist dem Weidhäuser Bürgermeister im Interview zu wenig.

Hat man wirklich darauf hoffen können, dass die Netzbetreiber auf die 380-kV-Leitung P  44 und Alternativen verzichten würden?
Markus Mönch: Ich habe das nicht erwartet. Ich glaube nämlich auch nicht, dass der Osterhase Eier legt. Der neue Entwurf des Netzentwicklungsplans überrascht mich nicht.

Und warum tut er das nicht?
Es ist genau das eingetreten, was ich im Dezember letzten Jahres gesagt habe: Papier ist geduldig. Ein paar Tage vor Weihnachten hatte man den Menschen im Landkreis nicht ganz erfolglos suggeriert, dass die P44 und auch eine Alternative nicht notwendig seien und nicht gebaut werden müssten. Freude und Euphorie kamen auf, beides war nur schwer zu bremsen. Bei nur noch wenigen Menschen im Landkreis Coburg war durch diese Nachricht die Problematik und das Damoklesschwert einer weiteren Leitung noch auf dem Bildschirm. Die Bundesnetzagentur und die Netzbetreiber haben indessen im stillen Kämmerlein weitergearbeitet.

Und die lokale Politik hat sich entspannt zurückgelehnt?
Nein! Die Bürgermeister des Landkreises haben sich unterdessen wieder zusammengetan. Wir haben mit dem Leiter der Bundesnetzagentur in Berlin gesprochen, der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei hörte sich unlängst in Ebersdorf um und versprach uns, im Kampf gegen die Leitungen mitzuhelfen. Unzählige Male wurden unzähligen vermeintlich wichtigen Menschen unsere Bedenken und unser Widerstand mit auf den Weg gegeben.

In welchem Licht sehen Sie jetzt Ihre Bemühungen?
Naja - es wurde so getan, als würde man uns ernst nehmen und sich für die Sorgen der betroffenen Gemeinden im Coburger Land und im Nachbarlandkreis Lichtenfels interessieren. Egal, wie wichtig wir uns machen, und egal, was wir unternehmen - scheinbar war das alles völlig egal. Manche Vorschläge wurden im Netzentwicklungsplan nicht einmal aufgenommen.

Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Situation des Landkreises nach Veröffentlichung des Netzentwicklungsplanes dar?
Der Landkreis Coburg ist wohl oder übel gespalten. P 44 oder P 44 mod? Es geht Ost gegen West. Das scheint sehr clever gemacht zu sein von der Bundesnetzagentur.

Das erinnert alles ein bisschen an die Situation vor dem Bau der bereits stehenden Leitung vor den Haustüren der Weidhäuser...
Wir im östlichen Landkreis haben bitterlich erfahren, was man gegen den Bau solch einer Trasse und diesen grenzenlosen Lobbyismus der Stromkonzernmafia tun kann ... Eigentlich nichts. Zumindest, wenn man unser Engagement im Kampf gegen die Trasse jetzt im Nachhinein betrachtet.

Immerhin haben die Menschen aus dem Coburger Land jetzt bis zum 28. Februar Zeit, im Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan ihre Bedenken zur P 44 zu äußern ...
Das Konsultationsverfahren soll dem Bürger das Gefühl geben, sich dagegenstemmen zu können. Ich kann nur an alle Menschen im Coburger Land appellieren, sich aufzutun und zusammenzustehen, um gegen diesen Wahnsinn zu kämpfen. Aber letztendlich trampeln die Stromlobby einschließlich der Bundesnetzagentur und auch dem Bundestag, der den Netzentwicklungsplan letztlich beschließen muss, über unsere Ängste, Sorgen und Nöte hinweg.
Glauben Sie, dass sich die Menschen im Coburger Land noch einmal - wie bei der Demo 2015 in Rödental - aufraffen und ein Zeichen setzen?
Tausende von ehrenamtlich tätigen Bürgern tun alles dafür, um Coburg als lebens- und liebenswerten Landkreis aufrecht zu erhalten. Es wird in Bildung investiert - in unsere Kinder. Es werden Straßen gebaut, es werden Baugebiete ausgewiesen, es sollen neue Menschen für den Landkreis Coburg gewonnen werden. In der Landkreispolitik machen wir uns Gedanken, wie wir dem demografischen Wandel entgegnen, den Tourismus stärken und Arbeitskräfte gewinnen wollen. Bund und Land geben Fördergelder zu all diesen Bemühungen - und fallen uns gleichzeitig in den Rücken. Sie treten durch die abstrusen Überlegungen der Trassenführungen die Bemühungen der Gemeinden und Städte - aber auch die Sorgen und Ängste der Bürger - mit Füßen.
Aber die Schläge stecken wir ein. Wir, die politischen Entscheidungsträger vor Ort, die dieser Maschinerie auch hilflos ausgesetzt gegenüber stehen!
Das klingt alles reichlich desillusioniert ...
Der Landkreis muss jetzt zusammenstehen. Wir dürfen eine Spaltung vom westlichen und östlichen Landkreis durch den neuen Entwurf des Netzentwicklungsplans nicht zulassen. Wir brauchen jeden Einzelnen aus dem Landkreis, um gegen die neue Trasse zu kämpfen.

Die Fragen stellte
Berthold Köhler




Konsultationsverfahren


Ziel
Die Bundesnetzagentur sammelt damit bis zum 28. Februar Stellungnahmen zum Netzentwicklungsplan.

Internet Informationen zum Vergfahren gibt es unter www.netzentwicklungsplan.de. Per E-Mail können Stellungnahmen an konsultation@netzentwicklungsplan.de geschickt werden.

Per Post Diese können bis zum Stichtag an Netzentwicklungsplan Strom, Postfach 10 05 72,
10565 Berlin geschickt werden.