Warum Dominik Sauerteig (SPD) auf den Turm der Morizkirche führt und was Marmelade mit Wertschätzung zu tun hat.
Die Familie hat ihn geprägt: Dominik Sauerteig sagt es selbst. Der Vater Gewerkschafter, die Mutter jahrelang im Pfarrgemeinderat. Fünf Brüder, die gemeinsam draußen spielten, sich das erste Handy teilten. Die Eltern ermöglichten allen ein Studium. Mit 23 Jahren schloss sich Dominik Sauerteig der SPD an. Jetzt, gut zehn Jahre später, will er Coburger Oberbürgermeister werden.
Als Treffpunkt hat er die Morizkirche vorgeschlagen, genauer: den Turm. "Was würden Sie einem guten Freund in Coburg unbedingt zeigen wollen", lautete die Frage. Sauerteigs Antwort: "Von hier aus sieht man die ganze Stadt und die Veste. Und man sieht, welche Aufgaben und welche Verantwortung der Oberbürgermeister hat."
Vom Klinikum im Süden über Rosengarten, Anger, Güterbahnhofsgelände, die SÜC, die verschiedenen Schulen im inneren Stadtgebiet zur Altstadt, zum Bahnhof, zur Hochschule erstreckt sich der Blick, nicht zu vergessen das Müllheizkraftwerk am Horizont und das Landestheater in Steinwurfentfernung vom Turm. "Eigentlich sollte jeder Coburger mal herauf kommen", sagt Sauerteig mit Blick Richtung Altstadt. Der Aufstieg über die enge steile Wendeltreppe hat es jedoch in sich, und verfügte Sauerteig nicht über Beziehungen, würde der Besuch schon an der Tür unten scheitern.
Das könnte man über eine beginnende Politikerkarriere auch sagen. Wie weit Sauerteig auf der Treppe nach oben kommt, entscheiden die Coburger am 15. März. Er habe sich für die Kandidatur "nicht von heute auf morgen entschieden", sagt er. "Viele haben mir gesagt: ,Wir trauen Dir das zu‘, auch Leute außerhalb der SPD." Er empfinde "großen Respekt" vor der Aufgabe. Coburg mit seinen 41000 Einwohnern sei "die reichste Stadt Deutschlands, aber mit viel Kinderarmut".
Rückhalt von Thomas Nowak
Die Entscheidung sei ihm auch deshalb nicht leicht gefallen, weil Dritter Bürgermeister Thomas Nowak ebenfalls bereit war, anzutreten. "Wir haben uns häufig unter vier Augen getroffen", sagt Sauerteig. Vereinbart war, dass der Unterlegene den anderen im Wahlkampf unterstützen werde. Nowak hält sich daran - am Ende hatten bei der SPD zwei von 28 Stimmen den Ausschlag gegeben. Aber die Partei ziehe nun an einem Strang, betont Sauerteig. "Das wäre schwieriger, wenn wir den Dialog nicht hinbekommen hätten."
Er selbst macht seit Jahresbeginn nur noch Wahlkampf: Von seinem Posten als Teamleiter des DGB-Rechtsschutz in Würzburg hat er sich freistellen lassen. Die Zeit in Coburg füllt er mit Plakatekleben, Fragen beantworten, Podiumsdiskussionen, Straßenwahlkampf und Marmeladekochen. "Dominiks Verführung" steht auf den Etiketten. "Das Schwierigste ist, sie in die kleinen Gläschen zu bringen", sagt er. "Die müssen ja kochendheiß sein." Gekocht werde meist gemeinsam, "das schweißt zusammen und macht Spaß". Und die rote Marmelade auf Sauerteig-Brot komme bei den Besuchern der Infostände gut an. Die Gläschen würden an der Haustür gern genommen, sagt Sauerteig. Selbst gekocht, "das zeigt, das man sich Mühe gibt" und vermittle gleich eine ganz andere Wertschätzung.
Wahlkampf ist anstrengend - das Oberbürgermeister-Dasein wäre es mit Sicherheit auch. "Das ist eine Belastung", räumt er ein. Sieben Tage die Woche, wenn es sein muss, mindestens zehn Stunden am Tag. Freiräume, und wenn es nur für eine Stunde Radfahren ist, würde er sich schaffen wollen. für kleine Fluchten haben ihm Münchner Kollegen schon die Übernachtungscouch angeboten, wie er erzählt.