Die Suche nach der Wahrheit entpuppt sich als äußerst schwierig. Fünf Verteidiger, der Vertreter der Nebenklage und der Staatsanwalt zeichneten am Donnerstag in ihren Plädoyers den grausamen Tod des Wolfgang R. nach und zogen dabei ganz unterschiedliche Schlüsse. Die geforderten Strafen reichen von Freispruch bis lebenslänglich.
Als "unproblematisch" bezeichnete Staatsanwalt Matthias Huber als Gruppenleiter den Beiersdorfer Mord - allerdings nur auf den ersten Blick. Die Ermittlungen und der Prozess enthüllten schließlich einen äußerst diffiziles Fall, in dem die Rockerszene, das Coburger Rotlichtmilieu, Alkohol und jede Menge widersprüchlicher Zeugenaussagen eine Rolle spielten. Die Beweisaufnahme stieß an ihre Grenzen. Warum Wolfgang R. auf so grausame Weise sterben musste, lässt sich letztendlich nicht genau klären.
In den Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidigern wurde gestern deutlich, wie unterschiedlich doch die Tat und vor allem die Motive der Täter gesehen werden. "Es ist nicht immer so wie es scheint", sagte Rechtsanwalt Till Wagler gleich zu Beginn seiner Verteidigungsrede von Peter G., der zusammen mit Paul K. Wolfgang R. in der Nacht zum 12. Dezember 2013 in seinem Wohnhaus in Beiersdorf zu Tode getreten hatte. Der Prozess sei gezeichnet gewesen von vielen Vermutungen, und Gerüchten. Was sich wirklich zugetragen hätte, wüssten lediglich die vier Angeklagten und die Ehefrau von Peter G..
Welche Rolle spielte das Geld? "Wir können nicht in die Köpfe der Angeklagten schauen", gibt auch Staatsanwalt Matthias Huber zu, allerdings hat er am Sachverhalt keinerlei Zweifel. In seinem über zweistündigen Plädoyer schildert er die Vorgeschichte zur Tat und die Ereignisse am Tattag überzeugend. Für ihn steht fest, dass Wolfgang R. aus Habgier und Heimtücke ermordet wurde - Habgier, weil Peter G. und Paul K. nach der Tat die Wocheneinnahmen in Höhe von 550 Euro aus dem Geldbeutel des Opfers mitgenommen hätten. Seiner Meinung nach sei das von Anfang an der versprochene Lohn für die Tat gewesen. Einen Mord aus Heimtücke sieht er darin erfüllt, dass Wolfgang R. arg- und wehrlos gegenüber den Tätern war.
Obwohl Huber bei Maria und Helmut S. keine Tötungsabsicht unterstellt, sieht er jedoch bei Maria S. einen erheblichen Tatbeitrag. Schließlich hatte sie in der Tatnacht um 22.22 Uhr bei Wolfgang R. angerufen und sich erkundigt, ob er schon im Bett sei und seine Tabletten genommen habe. Außerdem war sie es, die Paul K. den Haustürschlüssel gab, mit dem die Täter in die Wohnung gelangen konnten. Maria S. habe fahrlässig gehandelt, da sie mit den tödlichen Folgen einer derartig schweren "Abreibung" hätte rechnen können.
Klassischer Raubmord Ihrem Noch-Ehemann Helmut S. bescheinigte er ebenfalls Fahrlässigkeit, jedoch keine Mittäterschaft und keinen eigenen Tatbeitrag. Ihm legte er allerdings seine vier Vorstrafen erschwerend zur Last. Für das Ehepaar beantragte er neun Jahre Freiheitsentzug. Peter G. und Paul K. sind seiner Meinung nach des klassischen Raubmordes schuldig. Eine besonders schwere Schuldschwere liege nicht vor. Auch von Grausamkeit könne nicht gesprochen werden, da Wolfgang R. schon nach den ersten Tritten bewusstlos gewesen sein dürfte und nichts mehr von den weiteren Schlägen und Stampftritten mitbekommen habe. Huber fordert eine lebenslange Freiheitsstrafe für die beiden.
Peter G. hat zwei Verteidiger, die gestern aus unterschiedlichen Sichtweisen plädierten. Während Till Wagler vor allem die Glaubwürdigkeit seines geständigen Mandanten unterstrich, versuchte Stefan Walder den Hauptschuldigen bei Paul K., der mehrmals nachweislich zugetreten hätte. Dies ließ Kerstin Rieger als Verteidigerin von Paul K. so nicht stehen. Ihr Mandant habe sich ohne Tötungsabsicht und "aus Freundschaft" zu Peter G. an der Tat beteiligt. Er habe sich "hinreißen" lassen.