Mächtige, mythische Theaterbilder rief am Landestheater Coburg Luca Pauers Bürgerprojekt "COnstruct: Versunken" hervor.
Der alte Mond war vor Wut vom Himmel gefallen. Irrlichter ziehen ins tödliche Moor. Von der Ehrenburg führt(e) ein unterirdischer Gang zur Hofapotheke. Was sitzt im Dunkel des Kellers? Die Angst.
Die mag auch den Zuschauern in die Seele kriechen angesichts dieser Theaterbilder voller Intensität und Emotion, voller Ästhetik und Stimmung, voller Spannung - die ein großer Trupp von Laiendarstellern auf der großen Bühne des Landestheaters erstehen lässt. Und wenn es nur die Erinnerung an die Angst ist, welche die Kinder vor dem Gang in den Keller packt - das "generationenübergreifende TanzTheater-Projekt für Coburger Bürger", das Luca Pauer diesmal verwirklicht hat, nahm am Samstag 60 Minuten lang gefangen im geheimnisvollen Schein der Lämpchen und Farben, im treibenden Rhythmus elektronischer Musik und vor allem in der darstellerischen Kraft, zu der die etwa 50 Mitwirkenden zwischen fünf und 75 Jahren gefunden haben.
Es geht um Märchen und Sagen und deren bildhaft ausgreifende Wirkung in uns. Gemeinsam wurde das "Stück" entwickelt aus dem was die einzelnen wissen und erinnern, aus dem was "alle" in sich haben. Aus den Dachboden-Kisten der Erinnerung steigen oftmals unheimliche Szenerien. Einzelne Darsteller rufen sie hervor, das Ensemble als Ganzes fällt in den klar gezeichneten Ausdruck einer tiefen Emotion, einer menschlichen Grundhaltung.
Das Wort hat unter der sensiblen Regie von Theaterpädagogin Luca Pauer seine Macht - oftmals auch noch lautmalerisch inszeniert. Doch alles ist ausgerichtet auf Körperhaftigkeit, auf Bewegung. Denn unsere Körper sind Träger des Geistes. Und in dem von Luca Pauer mit choreografischer Unterstützung von Sebastian Eilers entwickelten, gestisch einfallsreichen Bewegungs-, ja Tanztheater entstehen wunderbare Theaterbilder, gerade auch in der Frische der Nichtprofessionalität der Darsteller. Das ist die Kunst eines solchen Projektes. Für das Moksha Lehr in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Innenarchitektur der Hochschule Coburg den adäquaten, aus dem Dunkel leuchtenden Bühnenraum geschaffen hat.
Ein bisschen Ironie
Stirnlampen irrlichtern, werden zum Sternenleuchten, werfen Licht ins Dunkel des versunken Mythischen, das aber mächtig handlungstreibend werden kann. Das Gold der gesuchten, gefundenen und verlorenen Schätze der Menschheitsgeschichte überfließt die Bühne. Die Goldfolie auf einen Haufen getragen wird zum glimmenden Feuer der Erinnerung.
Ein bisschen Ironie schafft immer wieder lächelnde Distanz. "Findet das immerfort Vorkommende nicht natürlich!", schreiben die Märchensucher zum Schluss auf die aus den Kisten errichtete, zinnenbewehrte Burg. Bert Brechts Satz war einer der Schlüssel zu diesem Theatermärchen. Er ist generell ein Satz fürs Leben. - Damit nicht "der Geschmack der Dinge in den Dingen verschwindet", wie es in einer der Erzählungen heißt.
Schade, dass dieses beeindruckende Projekt nur noch einmal zur Aufführung vorgesehen ist, am morgigen Dienstag im Landestheater Coburg.
COnstruct: Versunken TanzTheater-Projekt des Landestheaters für Coburger Bürger.
Projektleitung und Inszenierung: Luca Pauer. Choreografie: Sebastian Eilers. Bühnenbild und Kostüme: Moksha Lehr in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Innenarchitektur der Hochschule Coburg. Tanzpädagogische Mitarbeit Gabriele Leithäuser-Heß und Denise Madeleine Schliefke. Dramaturgische Mitarbeit Volkmar Günther.
Weiterer Termin 5. Juli, 19.30
Mitwirkende Shameer Ali, Miriam Bock, Collin Bolton, Annetta Chiantone, Heidi Daouk, Joan Ender, Karl-Friedrich Fehn, Yan Flaßbeck, Nolan Flaßbeck, Simon Gabriel, Valentina Gaudiello, Bastian Gebel, Kirsten Gensinger-Weiß, Sigrid Gerding, Horst Gründel, Katalin Hauck, Lia Hauschke, Ulrike Heckl-Fischer, Felix Heß, Till Hübner, Elly-Xenia Jurgan, Leni Langbein, Birk Menzel, Mees Menzner, Rosalie Mertl, Wolfgang Müller, Gabriele Munzert, Elvira Nettelroth, Rieka Pauer, Lucie Pfefferlein, Samira Pflaum, Kevin Pojani, Lara Reißenweber, Anna Rogler, Luca Schenk, Julia Schindler, Denise Madeleine Schliefke, Annegret Schüppler, Jennifer Steinhorst, Margarete Steinhorst, Christiane Stellmacher, Dominik Tippelt, Josephine Unger, Denice Verganza, Sandra Wagner, Anna-Pauline Weiß, Lilli-Diane Weiß.