Dr. Wolfgang Hüttner: Generell besteht in der Bundesrepublik Deutschland keine Impfpflicht. Somit könnte von vorneherein jede Impfentscheidung individuell sein. Die "Ständige Impfkomission"(Stiko) aktualisiert einmal jährlich ihre allgemeinen Impfempfehlungen und versucht dabei das Allgemeinwohl mit den Gefährdungen des Einzelnen abzuwägen. Um hier den betroffenen Eltern bei der Vielzahl der empfohlenen Impfungen beizustehen, gibt es den Verein Ärzte für individuelle Impfentscheidung.
Soll ich mein Kind impfen oder nicht? Viele Eltern ringen mit der Entscheidung. Im Hinblick auf mögliche Impfschäden einerseits und Komplikationen beim Durchleben einer Kinderkrankheit andererseits. An die Masern-Diskussion vor ein paar Jahren sei an dieser Stelle erinnert. Was raten Sie unsicheren Eltern?
Die Pflicht eines jeden impfenden Arztes ist es, die Eltern über die Impfung aufzuklären, den zu Impfenden auf dessen Gesundheitszustand zu untersuchen und auf mögliche Risiken hinzuweisen und gegebenenfalls zu überwachen (möglicher Atemstillstand nach HPV-Impfung).
Welche Verantwortung trägt der Arzt, der ein Kind impft? Wo liegt die Verantwortung der Eltern?
Die Verantwortung wird den Eltern bei den Standardimpfungen primär erst mal abgenommen. Sollte es zu einem Impfschaden kommen, haftet das Gesundheitswesen.
Müssen Kinder vollständig geimpft sein, um in einer Kindertagesstätte aufgenommen zu werden?
Für die Aufnahme in eine Kindertagesstätte gibt es primär keine Impfpflicht. Es liegt aber im Ermessen der einzelnen Einrichtung eine Hausordnung mit eben diesen Pflichten für die Aufnahme zu erstellen.
Wie hat sich das Impfverhalten in den vergangenen Jahren verändert? Und welche Rolle spielt dabei der gesellschaftliche Druck?
Das Impfverhalten hat sich in den letzten Jahren schon allein durch die Verfügbarkeit der Impfstoffe und deren Kombinationen verändert. Manche Eltern haben vor der Vielzahl der empfohlener Impfungen Angst und lassen ihre Kinder gar nicht impfen! Hier ist in den letzten Jahr ein Anstieg zu beobachten. Das ist eine weitere Aufgabe der individuellen Impfberatung, um wenigstens Tetanus/ Diphtherie/ und Polio anzuraten.
Gibt es Impfungen, die jedes Kind in Deutschland auf alle Fälle haben sollte? Was empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO)?
Die STIKO empfiehlt für das erste Lebensjahr Tetanus 4x/Diphtherie 4x/ Kinderlähmung 4x/ Keuchhusten 4x / HepatitisB 4x/ HämophilusB 4x/ Pneumokokken 3x/ Rotaviren 2x oder 3xje nach Impfstoff
Ab 2.LJ. Masern/Mumps/Röteln/Windpocken 2x- MeningokokkenC 1x HPV ab 9.LJ 2x.
Bei Unsicherheit in der Impfentscheidung rate ich den Eltern zur Impfung. Gerade bei der Masernerkrankung ist die Sicherheit und Kraft der Eltern gefragt, die Krankheit zum Wohle des Betroffenen begleiten zu können.
Die Fragen stellte Christiane Lehmann.