Coburger Hausärzte berichten: "Viele Patienten haben Angst"

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Infektionssprechstunde in der Praxis von Dr. Gregor. Höchste Schutzvorkehrungen werden getroffen. Masken sind Pflicht. Fotos: Hagen Lehmann
Infektionssprechstunde in der Praxis von Dr. Gregor. Höchste Schutzvorkehrungen werden getroffen. Masken sind Pflicht. Fotos: Hagen Lehmann
Wer zum Arzt will, muss an der Tür klingeln. So wie hier an der Praxis Dr. Kirchberg sieht es auch an anderen Praxentüren aus.
Wer zum Arzt will, muss an der Tür klingeln. So wie hier an der Praxis Dr. Kirchberg sieht es auch an anderen Praxentüren aus.
 

Wie die Hausärzte ihre Patienten schützen. Wie es um die Schutzkleidung steht und warum Coburg gut gerüstet ist und kein Grund zur Panik besteht.

Die Nase läuft, der Hals kratzt. "Hab ich Corona?" Eine Standardfrage in diesen Tagen. Verunsichert rufen die Patienten bei ihrem Hausarzt an. Als Hypochonder würde Hans Günther Kirchberg sie nicht bezeichnen. "Die Menschen haben Angst", sagt der Allgemeinmediziner.

Viele wollten auch einfach nur getestet werden. Dabei ist das so ohne Weiteres nicht möglich. Dazu braucht es bestimmte Voraussetzungen. Kirchberg hatte schon mehrere Anrufer, die erklärten ihr Arbeitgeber bestünde auf ein negatives Testergebnis bevor sie wieder zur Arbeit kommen könnten. "Ohne Symptome funktioniert das nicht", erläutert Kirchberg und zeigt sich verwundert über das Anliegen beziehungsweise die angebliche Forderung des Arbeitgebers.

Krankschreibung individuell

Auch die Annahme, der Hausarzt schreibe grundsätzlich jeden, der wegen irgendwelcher Beschwerden anruft, gleich für 14 Tage krank, revidiert Kirchberg. "Ich entscheide das ganz individuell. Entscheidend ist neben den Symptomen, ob der Patient im Homeoffice arbeitet oder womöglich in einem systemrelevanten Beruf mit viel Kontakten."

Wer persönlich zum Hausarzt möchte, kann nicht mehr einfach so durch die Tür in die Praxis marschieren. Wie viele andere Kollegen hat auch Dr. Kirchberg ein Schild an seiner Haustür angebracht. Die Patienten müssen klingen und ihre Beschwerden schildern.

Wer so bis ins Wartezimmer gelangt, sitzt dort im Abstand von mindestens zwei Metern zu anderen Patienten. Arzt oder die Arzthelferin sind mit Mundschutz ausgestattet. "Wir haben Glück und tatsächlich Covid-II-Modelle bekommen.

Spezielle Schutzkleidung hat die Praxis Kirchberg nicht. "Es gibt einfach zu wenige. Die meisten werden jetzt in der Covid-Gemeinschaftspraxis im Marienhaus gebraucht", erklärt der Arzt. Einige Praxen hätten sich zum Teil selbst welche in anderen Branchen besorgt.

Coburg ist Vorreiter

Der Vorsitzende des Hausärztevereins, Ullrich Zuber erklärt dazu: "Seit Beginn der Infektion läuft bei uns in den Hausarztpraxen die Beschaffung von Schutzmasken und -bekleidung auf Hochtouren. Das, was uns von staatlicher Seite versprochen wurde, reicht bei Weitem nicht aus." Deshalb wurden beispielsweise auch Autolackierereien um Masken gebeten oder eine Händlerschiene nach China aktiviert. Sehr dankbar zeigt sich Zuber für die großzügige Schutzmasken-Spende der Firma Waldrich.

Grundsätzlich gibt sich Zuber zuversichtlich: "Wir waren in Coburg in einigen Bereichen tatsächlich Vorreiter. Sehr früh richteten wir eine Abstrichstelle ein und sind jetzt mit der Infektpraxis im Marienhaus gut aufgestellt." Zuber führt die relativ guten Infekt-Zahlen in Coburg Stadt und Land - im Vergleich zu den umliegenden Kreisen, Beispiel Bamberg - auf diese schnellen Vorsichtsmaßnahmen zurück.

"Virus ist nicht so gefährlich"

"Die Menschen müssen darauf hingewiesen werden, dass sie unaufgeregt mit der Situation umgehen können. Zwar gebe es schwere Verläufe, doch im Grunde, meint Zuber, sei die Sterberate mit 0,3 bis 0,5 Prozent tatsächlich niedrig. "Der Virus ist nicht so gefährlich. Unser Immunsystem ist nur nicht darauf vorbereitet", sagt er und macht sich deshalb für den Mundschutz stark. "Wir werden auch künftig in unseren Praxen umdenken müssen und mehr Abstand einhalten", sagt er im Blick auf die Zukunft.

Seine eigenen Patienten erlebt er als sehr verständnisvoll und geduldig. "Alle benutzen Masken - und wenn es nur ein Schal oder Halstuch ist."

Zuber hat, wie auch sein Kollege Oliver Jan Gregor aus Coburg und eine ganze Reihe anderer Hausärzte eine zusätzliche Infektionssprechstunde eingeführt, bei der nur Patienten mit entsprechenden Symptomen isoliert behandelt werden.

Ausnutzen würde die Menschen die Situation im Hinblick auf Krankschreibungen nicht - Ausnahmen gebe es sicherlich immer. Für Zuber gilt: Wenn jemand krank geschrieben wird, ist er aus der Infektionskette raus. Ist jemand positiv getestet müsse er auf alle Fälle regelmäßig überwacht werden.

Niemanden wegsperren

"Grundverkehrt" findet Zuber besonders gefährdete Gruppen "wegzusperren". Auch diese Menschen hätten ein Recht auf ihren eigenen Willen und müssten frei entscheiden können, wie sie sich verhalten - natürlich ohne andere dabei zu gefährden.

"Wir Mediziner müssen den Leuten die Angst nehmen. Wir sind gut vorbereitet und wachsam - nicht ängstlich und auch nicht hysterisch."

Ein Beispiel dafür ist auch die Gemeinschaftspraxis von Dr. Gregor. Bereits seit 27. Januar gelten dort strikte Schutzmaßnahmen (Absperrungen, Schutzbekleidung, Maskenpflicht, telefonische Anmeldung). "Wir haben viele ältere Patienten mit chronischen Erkrankungen, die regelmäßig kommen müssen. Sie sind auf unseren Schutz angewiesen."

Wann und wer getestet wird

Kriterien Die Entscheidung, wer auf SARS-CoV-2 getestet wird, trifft der Arzt auf Basis der Kriterien des Robert Koch-Institutes (RKI). Danach sollte eine Testung nur bei Vorliegen von Krankheitssymptomen erfolgen und zwar in diesen Fällen:

- Akute respiratorische Symptome und Kontakt zu einer infizierten Person in den letzten 14 Tagen

- Klinische oder radiologische Hinweise auf eine virale Pneumonie im Zusammenhang mit einer Fallhäufung in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern

- Klinische oder radiologische Hinweisen auf eine virale Pneumonie ohne Hinweis auf eine andere Ursache

- Akute respiratorische Symptome bei Risikogruppen (Alter über 60, immunsupprimiert, onkologische Behandlung etc.) oder Beschäftigten im Pflegebereich, in Arztpraxen oder Krankenhäusern

- Nur bei ausreichender Testverfügbarkeit: akute respiratorische Symptomen ohne Risikofaktoren

Die Konstellationen 1 und 2 gelten als begründeter Verdachtsfall und müssen dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden.

Die Kassen übernehmen die Kosten, wenn der Arzt den Test für medizinisch notwendig erachtet.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung