Wie die "Stabat Mater"-Vertonung des Katholiken Antonin Dvorák in Coburgs evangelischer Stadtkirche St. Moriz zahlreiche Zuhörer nachhaltig in Bann zieht.
Langsam öffnet sich der unsichtbare Vorhang in der Coburger Morizkirche - der Klangvorhang in Antonin Dvoráks "Stabat Mater". Ruhige, leise Klänge schichten sich in allen Instrumentengruppen übereinander, dann führt eine chromatisch absteigende Linie hinein in ein Werk voller stiller Trauer - Trauer um den Tod Christi, der hinten an der Wand im Chorraum von St. Moriz am Kreuz hängt.
Besonderer Stellenwert
Die "Stabat Mater"-Vertonung, die Antonin Dvorák zwischen Februar 1876 und November 1877 unter dem Eindruck des Todes seiner drei Kinder schrieb, hat eine besondere Stellung im Repertoire des Coburger Bachchores. Dvoráks Werk zählt zwar nicht zu den Spitzenreitern der Aufführungs-Statistik, spielt aber doch eine wichtige Rolle in der Geschichte des Chores von der ersten Aufführung 1971 unter Leitung des Bachchor-Gründers Heinz Walter bis zur vorerst letzten 2004 unter Peter Stengleins Dirigat - damals zum 100. Todesjahr des Komponisten.
Warteschlangen an der Kasse
Die besondere Stellung dieses Werkes zeigt sich auch am Besuch. Groß ist der Andrang, dicht gefüllt sind die Zuhörerreihen bis hinauf auf die zweite Empore. Trotz des beinahe sommerlichen Wetters bilden sich Warteschlangen an der Tageskasse.
Dunkle Klänge
Von den ersten Tönen an erleben die Zuhörer eine Aufführung voller innerer Spannung, voller Intensität, die der eindringlich komponierten Trauer um Christi Tod Raum gibt in zumeist dunklen, warmen Klängen. Trauer und Schmerz klingen aus fast jeder Note dieses fast eineinhalbstündigen Werkes - und doch schenkt das Werk Zuhörern und Mitwirkenden immer wieder auch Hoffnung.
Trauer und Hoffnung
Genau dieses Spannungsfeld zwischen Trauer und Hoffnung leuchtet Coburgs Kirchenmusikdirektor Peter Stenglein als Dirigent aus.
Spannungsfeld
Bestens vorbereitet wirkt der Coburger Bachchor, der stets hochkonzentriert und zudem klanglich durchweg sehr ausgewogen in allen Stimmgruppen singt. Unter Stengleins umsichtiger Leitung gelingt es dem Bachchor zudem, seinen umfangreichen Part mit innerer Spannung zu singen, ohne den Eindruck von Gleichförmigkeit entstehen zu lassen.
Homogenes Solisten-Quartett
Großen Anteil am eindringlichen Gelingen der Aufführung hat das sehr homogen besetzte Solisten-Quartett, das in diesem Werk nirgendwo Gelegenheit zum Brillieren erhält. Die Sopranistin Nathalie de Montmollin, die Mezzosopranistin Marlene Lichtenberg, der regelmäßig am Landestheater gastierende Tenor Roman Payer (kurzfristig eingesprungen für den erkrankten Milen Bozhkov) und der ebenfalls am Landestheater bestens bekannte Bassist Felix Rathgeber bilden ein stets homogen agierendes Quartett, das mit fein differenzierter Ausdruckskraft und mit ganz selbstverständlich wirkender Stilsicherheit singt.