Der dritte "Umschlagplatz Coburg" in den Alten Pakethallen am Güterbahnhof bot am Wochenende zahlreichen Besuchern eindrucksvolle An- und Einsichten.
Versuchen Sie bloß nicht, irgendeinen Trend erkennen zu wollen. Außer vielleicht den, dass diese erstaunliche Kunstmesse im oberfränkischen Kunst-Outback erhalten bleiben sollte. In der dritten Auflage war der "Umschlagplatz Coburg" bunt wie von Anfang an und wie eine ungezwungene Verkaufsmesse sein sollte. Denn Ziel des unkonventionellen Veranstalters Heiko Bayerlieb ist es schlicht und unverbrämt im Eifer für die Künstler, Kunst unters Volk zu bringen. "Kauft Kunst" hat er schließlich im Untertitel.
Und von der Kunst aus dem Hier und Jetzt gab es in den stimmungsvollen alten Pakethallen am Güterbahnhof große und kleine, ob wir nun das Format oder den Gehalt ansprechen. Wer wird denn auch immerzu große Kunst suchen. Darf es vielleicht auch das pure Entzücken sein über etwas frech Poppiges, über ironische Einfälle, über die schnell dahingejagten Sprüche von Frank Hummel: "Eigentlich sollte man es nie untertreiben." Genau.
Aber tatsächlich scheint sich die Zahl der zweifelsohne hochkarätigen Künstler noch deutlich erhöht zu haben, wenn nicht der "global player", dann immerhin der "national player" mit Sitz in Hamburg, Berlin, Leipzig, München. Jedenfalls war der Effekt, dass man plötzlich mit offenem Mund oder angehaltenem Atem in einer Koje steht, erstaunlich oft zu haben.
Schon wenn man die lange, von den Designern der Hochschule so fantastisch luftig und gleichzeitig attraktiv gefasste Rampe entlang ging, stieß man im erstmals genutzten Außenbereich auf die kleinen Figuren von Amrot Ralf Klein aus Berlin, heutige Gestalten, Frauen, Männer, kniend, und gleichzeitig, als blicke man zurück auf vor Jahrtausenden lebende und verehrte Menschen/Götter.
Durchlöcherte Stadtaffen
Gleich daneben reitet Horst Wendlands (Frickenhausen) metallener Don Quijote gegen den Sommerabend. Ihm, wie auch dem großen, mitten im Wege stehenden "Stadtaffen" oder den Märchenfiguren, weht der Wind durch die Körper. Denn die sind zerfranst, durchlöchert. Erstaunlich.
Gleich darauf im Inneren dann, die schrecklich ver-rückten Wohnungsansichten von Michael Rohde (Berlin), da wird einem schlecht. Wie gut, dass daneben dieser junge Seitfudem aus Bad Kohlgrub (nicht der engelbewahrende Restaurator und Holzschnitzer, sein offensichtlich auch vom Hyperraum angezogener Sohn) einen beruhigenden Blick ins All gewährt.
Getragen von einem Wal zieht ein winziges Männlein an glitzernden Sternenpunkten im unendlichen Schwarz vorbei. Wunderschön. Seitfudem hat im Übrigen auch einen Totenschädel im Angebot, geschnitzt aus einer Jahrtausende alten Mooreiche. Ein bisschen Grusel darf schon sein.
Den holt auch Michael Karg aus Fürth ein bisschen herbei mit seinen fantastisch sich feurig, blumig, verästelnd zerfasernden Porträts. Malt der frühere Grafikchef der Mediengruppe Oberfranken jetzt so? Tatsächlich handelt es sich um hintergründige und beunruhigende Fotografien, die mit Computerprogrammen "weitergemalt" werden. Kunst im digitalen Zeitalter.
Wunderbare Stimmung
Wo soll man anfangen, wo aufhören? Von den Coburger Künstlern waren nur wenige gekommen, Vera Schnitzer, Wolfgang Schott, dafür viele aus der weiteren Region, von Nürnberg und Fürth über das Bamberger Land bis weit nach Thüringen hinein.
Über 60 Künstler waren in diesem lichten, entspannten Ambiente zu entdecken. Am Samstagabend dazu eine wunderbare schwarze Jazzstimme, Tony Bullock, Melodien und Töne frei und zärtlich ummalend zu leichtem Gitarrenspiel: What a wonderful world. Weshalb sich zahlreiche Aussteller auch begeistert äußerten und Veranstalter Heiko Bayerlieb im nächsten Jahr weitermachen will, auch wenn die Besucherzahlen nicht ganz so üppig schienen wie im letzten Jahr.