Bauern finden Dünge-Regeln Mist

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Gülle wird verantwortlich gemacht für Nitrat im Grundwasser. Landwirte sind bereit Einschränkungen zu akzeptieren - wenn sie für sie fachlich nachvollziehbar sind.
Gülle wird verantwortlich gemacht für Nitrat im Grundwasser. Landwirte sind bereit Einschränkungen zu akzeptieren - wenn sie für sie fachlich nachvollziehbar sind.
dpa

Rote Gebiete sollen das Grundwasser schützen. Problem: Zu wenige Messstellen, schlechte Zusammenarbeit mit Thüringen. Eine Petition soll nun helfen.

Die EU verpflichtet ihre Mitgliedsstaaten, etwas gegen Nitratbelastung im Grundwasser zu tun. Messungen sollen zeigen, wo die Belastung hoch ist. Diese Regionen werden als "Rote Gebiete" eingestuft. Dort darf nur noch sehr eingeschränkt mit Stickstoff gedüngt werden. Landwirte kritisieren seit Jahren die Verfahren zur Bestimmung dieser Gebiete. Im Fall von Flächen bei Seßlach wendet sich die Interessengemeinschaft Rote Gebiete Coburg jetzt mit einer Petition an den Landtag.

Tobias Schneider als Sprecher dieser Gemeinschaft überreichte das Schreiben dazu gemeinsam mit dem BBV-Kreisobmann Martin Flohrschütz und BBV-Kreisgeschäftsführer Hans Rebelein an den CSU-Landtagsabgeordneten Martin Mittag. "Es geht uns nicht darum, dass wir nicht dazu beitragen wollen, das Grundwasser zu schützen", betont Hans Rebelein. Doch wie diese Gebiete zustandekommen, wirft für die Betroffenen schon ein paar Fragen auf.

Grenzübergriff

Etwa, warum die Gebiete an der Grenze zu Thüringen abrupt enden. "Das Grundwasser hält sich ja nicht an die Staatsgrenze", sagt Martin Flohrschütz. Bestimmungen tun das aber schon. Offenbar beurteilt Thüringen die Grundwasserqualität anders als Bayern. Wo grenznah eine hohe Belastung gemessen wird, darf ein Landwirt in Franken nur noch nach den Bestimmungen in Roten Gebieten arbeiten. Sein Thüringer Nachbar aber normal wie eh und je. "Da kann es doch sein, dass Grundwasser aus Thüringen schon belastet auf bayerisches Gebiet kommt", sagt Flohrschütz. Hat ein Landwirt aus Bayern auch Flächen in Thüringen gepachtet oder gekauft, gibt es ein weiteres Problem. Das schildert ein Landwirt aus dem Raum Seßlach. Er bewirtschaftet 300 Hektar. 120 davon liegen in Thüringen. Die fränkischen Flächen sind von Roten Gebieten betroffen. Daher darf er im Herbst so gut wie gar nicht düngen. Folge: "Die Herbstsaaten, insbesondere Raps und Wintergerste hungern, obwohl sie den Stickstoff sinnvoll verwerten könnten." Nach seiner fachlichen Sicht unvernünftig, denn: "Wir müssen alle Grundsätze wie Förderung des Bodenlebens, Erosionsschutz, Humusaufbau und die Verhinderung der Austrocknung aufgeben."

Gülle darf der Landwirt nur noch in einem kurzen Zeitraum im Frühjahr ausbringen. Dabei wird ihm aber nur die Fläche auf bayerischer Seite berücksichtigt, obwohl er auch 120 Hektar in Thüringen bewirtschaftet und dort natürlich auch Gülle ausbringt, sagt Hans Rebelein.

Seit Beginn der Ausweisung von Roten Gebieten kritisieren Landwirte, dass zu wenige Messstellen eingerichtet wurden. Das führe dazu, dass zu große Gebiete zusammengefasst werden. Konkret hieß das für das Coburger Land, dass zunächst mehr als 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche als Rote Gebiete markiert wurden. Bayernweiter Widerstand und eine Welle von Klagen führten zu einer Differenzierung bei der Ausweisung. Gebiete wurden zurückgenommen - im Raum Coburg bis auf einen Rest von rund 14 Prozent.

Eigenes Gutachten

Für den Fall der Roten Gebiete, die sich aus dem Raum Seßlach bis auf das Gebiet der Stadt Ebern in Unterfranken erstrecken, hat die Interessengemeinschaft die Abgrenzung gutachterlich überprüfen lassen. Die Gutachter kommen zu dem Urteil: "Der Grundwasserkörper ist in den Außengrenzen nicht durchgehend nach fachlichen Kriterien nachvollziehbar abgegrenzt." Auch die Gutachter wundert, dass das Gebiet an der Landesgrenze zu Thüringen endet, ohne dass da eine geologische und hydrogeologische Bewertung vorgenommen worden wäre. Fazit: "Der mögliche Einfluss aus diesem Bereich wird ignoriert."

Dass viel Verdruss und fachlich nicht nachvollziehbare Grenzziehungen daher kommen, dass zu wenige Messstellen vorhanden sind, wird von der Staatsregierung anerkannt. Zu den bisher 600 Stellen in Bayern sollen weitere hinzu kommen. Mit dann 1500 Messstellen könnte eine bessere regionale Beurteilung der Grundwasserkörper vorgenommen werden. Allerdings wird sich der Ausbau des Messnetzes auf mindestens die kommenden neun Jahre erstrecken, wie Hans Rebelein vorrechnet. "Dann haben wohl schon ein paar Betriebe wieder aufgegeben."

Dass alle drei Jahre eine Überprüfung erfolgt, wie sich die Messwerte verändert haben, soll dazu dienen, bei Verbesserung auch Rote Gebiete zurückzunehmen. Doch Tobias Schneider gibt zu Bedenken: "Das Wasser in den Schichten, die untersucht werden, ist 20 bis 40 Jahre alt. Was wir an der Oberfläche in drei Jahren verändern, spiegelt sich dort gar nicht wider."

Unterdessen wird auch die differenziertere Betrachtung überprüft, die zur Reduzierung der Roten Gebiete im Coburger Land geführt hat. Das heißt, es könnte auch wieder dazu kommen, dass mehr als 60 Prozent der Fläche unter die Bestimmungen fallen.