Friseurin Tanja Bauer schildert, wie sie Tag eins nach dem Lockdown erlebt hat - und was sich die Kunden jetzt wünschen.
Wenige Minuten vor 8 Uhr betritt die erste Kundin nach zweieinhalb Monaten Tanja Bauers Friseursalon. Weil Friseure auch im zweiten Lockdown ihre Salons schließen mussten, musste die Dame seit November auf ihren Termin warten. "So kurz wie vor dem Lockdown möchte ich meine Haare nicht mehr", sagt die Kundin. Bauer empfiehlt ihr einen Pagenschnitt und beginnt zunächst, die Haare der Kundin zu waschen. "Ich war am Sonntag so aufgeregt, wie vor meinem ersten Schultag", erzählt sie vom Abend vor der Öffnung. Ihr "Haarstudio" betreibt Bauer seit August 1993. Für einen so langen Zeitraum hatte sie seitdem noch nie geschlossen. "Ich arbeite seit meinem 15. Lebensjahr, nach zwei Wochen Lockdown hatte ich genug."
Öffnungszeiten verlängert
Nach der coronabedingten Pause öffnet Bauer ihren Salon jetzt eine Stunde eher und zusätzlich am Montag, wo sonst immer ihr Ruhetag war. "Ich hatte jetzt lange genug Erholung." Trotz Hygienemaßnahmen kann Bauer im Prinzip so arbeiten, wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, natürlich unter Hygieneauflagen. "Pro Person sind zehn Quadratmeter Platz vorgeschrieben, ich kann mich in meinem Studio also mit zwei Kunden gleichzeitig aufhalten", erzählt sie. Weil Bauer in ihrem Salon alleine arbeitet, waren zuvor auch maximal zwei Kunden gleichzeitig da.
"Nach dem ersten Lockdown hatte ich von sechs 6 Uhr früh bis 10 Uhr abends geöffnet - das extreme Arbeiten ging über meine Kräfte hinaus." Bis zum 6. April sind alle Termine bei der Gestungshäuserin ausgebucht. "Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, wenn Kunden anrufen und einen Termin ausmachen wollen - aber ich habe auch nur zwei Hände und muss mich an die Vorschriften halten." Nach der langen Wartezeit wollen die meisten Kunden ihre Haare geschnitten oder gesträhnt bekommen. "Farbe ist vornehmlich bei Blonden gefragt. Wer eine andere Farbe hat, kann sich leichter selbst behelfen", berichtet die Friseurmeisterin. Am meisten haben Bauer in den letzten Wochen ihre Kunden gefehlt. "Als Friseurin arbeite ich in einem Kontaktberuf - ich mag es, mit Menschen zu arbeiten und finde es toll, dass ich sie schön machen darf." Bauers Einschätzung nach ist es ein Grundbedürfnis, schön auszusehen.
Damit, ihren Salon ein zweites Mal schließen zu müssen, hatte Tanja Bauer nicht gerechnet. Nach dem ersten Lockdown hieß es, dass das nicht mehr nötig sein würde. "Wir desinfizieren nach jedem Kunden alle Geräte und lüften. Einige Kunden fanden, dass bei uns die Regeln strenger waren als in Arztpraxen", zählt sie auf. Bauer hat außerdem Handdesinfektionsmittel aufgestellt und trägt eine FFP2-Maske, obwohl lediglich eine OP-Maske vorgeschrieben wäre.
Soforthilfen ersetzen keine Umsätze
Soforthilfen für die vergangenen Monate hat sie bislang noch nicht erhalten. Während des ersten Lockdowns konnte das Geld wesentlich schneller beantragt werden. Die Beträge seien noch vor dem Ende des Lockdowns auf dem Konto gewesen. "Man konnte die Anträge selbst ausfüllen und es ist etwas geflossen. Für den zweiten Lockdown sind erst seit zwei oder drei Wochen Anträge erhältlich", sagt Bauer. Die Soforthilfe sei nicht mehr unkonventionell und würde sich nur noch auf die laufenden Fixkosten beschränken. Außerdem müsse ein Mittler, wie ein Steuerberater, die Anträge ausfüllen. "Wenn jemand schon am Existenzminimum ist, rettet ihn die Hilfe vermutlich nicht", gibt sie Bauer zu bedenken. Die Umsätze könnten durch die Soforthilfen in keinem Fall abgedeckt werden. Und dann sei da trotzdem noch die Sorge, coronabedingt noch einmal schließen zu müssen. "Corona schwebt wie ein Damoklesschwert über uns allen."