Alte Kulturen im Hofgarten

2 Min
Benno Nolls Blick auf den Chaco Canyon in den USA. Fotos: Carolin Herrmann
Benno Nolls Blick auf den Chaco Canyon in den USA. Fotos: Carolin Herrmann
Benno Noll
Benno Noll
 
Broch of Gurness, Ein Siedlungsort aus dem2. Jahrhundert in Schottland. Aquarell, 70 x 50 cm.
Broch of Gurness, Ein Siedlungsort aus dem2. Jahrhundert in Schottland. Aquarell, 70 x 50 cm.
 
Jerusalem
Jerusalem
 
 
 
 
 

Der Coburger Künstler Benno Noll blickt im Westpavillon im Hofgarten, wo er seit einem Jahr ein öffentliches Atelier betreibt, mit intensiven Aquarellen auf die Überreste alter Kulturen.

Das, was bleibt in der Vergänglichkeit dieser Welt. Auf unterschiedlichen künstlerischen Pfaden tastet sich Benno Noll hinein in ein ungefasstes Zentrum, auf seiner speziellen Suche nach der Essenz, dem Bleibenden. Das aber in seinen Bildern immer hart bedrängt bleibt von der Auflösung allen offensichtlichen Seins. Jetzt erst Recht und besonders wieder in seiner Ausstellung neuer Werke.

Schon dieser merkwürdige, zugleich entzückende wie befremdende Ort, an den er vor einem Jahr gezogen ist, in den von der Stadt renovierten und nach Milchhäuschen und öffentlicher Toilette neuer Nutzung zugeführtem Westpavillon im Hofgarten, gelegen im Kreuzungspunkt "10grad58east" zwischen herzoglich lustbäulicher Vergangenheit und strategisch günstiger Gegenwart, auf halber Höhe an der Auffahrt aus dem profanen städtischen Leben hoch zur Kunst vollen Veste. Kreuzungspunkt auch zwischen - ebenfalls ja längst kunstvoll gestalteter - Natur und gänzlich losgelöster Hervorbringung reflektierter Kunstwelten.

Dieses strategisch günstig gelegene Atelier hat zur großen Freude Benno Nolls in seinem ersten Arbeitsjahr hier etwa 400 Besucher gefunden, heimische wie touristische Spaziergänger (außerhalb von "Nacht der Kontraste" und anderer zentraler Veranstaltungen, wohlbemerkt), mit zahlreichen interessanten Begegnungen auch für ihn, wie er im Gespräch mit dem Tageblatt berichtet. In diesem reizvollen Atelier also zeigt der auch überregional beachtete Künstler jetzt die im letzten Jahr eben hier entstandenen Werke.

Hinter und neben Ferdinand Lepckes Großplastiken aus dem 19. Jahrhundert und zusammen mit den nach wie vor präsenten, eigen-sinnig bedrängenden Porträts von Gandhi oder Klaus Kinski (die wiederum unter der Patina verrostender Eisenspäne auf ihre Weise die Vergänglichkeit aller Existenz tragen) hängen nun Nolls Aquarell-Studien großer Ruinen der Menschheitsgeschichte.

Überreste der Kulturen

Vom mexikanischen Teoti- huacán und dem Chaco Canyon in den USA noch weiter zurück an die großen Stätten der früheren Menschheit in Äthiopien, im Iran, nach Palmyra in Syrien, nach Caesarea und Jerusalem in Israel. Das keltische Numantia in Spanien und Stonehenge nicht zu vergessen.

Jetzt nun, statt der massiven Dichte des eisendurchsetzten Acryls, die Transparenz der Wasserfarbe, die den Atem der Jahrtausende in unser Bewusstsein lässt. Nicht die Pracht der großen Kulturvölker rückt Benno Noll in unseren Blick, wie es so oft geschieht auch zur selbstgefälligen Bestätigung der Bedeutung des Menschen auf dieser Erde. Benno Noll lässt uns aus extremer Perspektive von hoch oben blicken - auf letzte Reste großer Vergangenheit, auf Ruinen des menschlichen Geistes und seines Schaffens.

In für das Aquarell eher untypisch hart gesetzter Zeichenhaftigkeit erkennen wir die Steintrümmer, die nur noch die früheren Wege der Menschheit markieren. Sie liegen über davon geflossener Farbe, welche die Überreste menschlicher Kultur unsicher in der Landschaft hält, in entschwindenden Ländern.

Wie kommt Benno Noll an diese Stätten? Ein Künstler ist in Geist und Seele ebenso wenig gebunden wie ein Leser. Jeder Ort steht ihm offen, wenn er nur den Mut hat, den Blick zu öffnen. Diesmal war es ein Bildband des Luftbildfotografen Georg Gerster, der Benno Noll an die Stätten seiner künstlerischen Suche führte.

Benno Nolls Pavillon hat keine festen Öffnungszeiten. Doch immer, wenn er vor Ort arbeitet, sind Interessierte eingeladen einzutreten, ob am Wochenende oder an Nachmittagen, in denen Noll nicht seinen Dienst tut im Naturkundemuseum. Selbstverständlich wird er nächsten Samstag zur "Nacht der Kontraste" da sein, wenn sicher wieder Tausende durch den Hofgarten ziehen werden. Am Wochenende 20./21. September beteiligt sich Noll an "Artur 17", dem Offenen Atelier des Berufsverbandes Bildender Künstler Oberfranken. Ab Mitte November, wenn es zu kalt wird, zieht sich Benno Noll dann wieder zurück auf Gut Hambach in Creidlitz.

Der Künstler Benno Noll wurde 1958 in Odenbach in der Pfalz als Sohn einer Bergarbeiterfamilie geboren. Er studierte Grafikdesign in Bielefeld, verlegte sich dabei auf die Illustration; dabei musste er das ganze klassische Repertoire der bildenden Kunst wie Akt- und Porträtzeichnen oder Perspektive lernen. 1985 ging er als freier Künstler nach Berlin. 1995 bezog er Gut Hambach in Creidlitz.

Das Atelier
"10grad58east", der Westpavillon im Coburger Hofgarten, ist immer dann zugänglich, wenn Benno Noll vor Ort arbeitet, in jedem Fall aber am Samstag, 13. September, zur "Nacht der Kontraste" sowie am 20. September von 14 bis 18 Uhr und am 21. September von 11 bis 18 Uhr im Rahmen des oberfrankenweit stattfindenden "Offenen Atelies" des Berufsverbandes Bildender Künstler.