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Als in Hassenberg ein Engel seinen Flügel verlor

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Pfarrer Ronald Henke zeigt den Flügel, der einem der Engel an der Kirchendecke verloren gegangen ist und auf den Boden stürzte. Fotos: Rainer Lutz
Pfarrer Ronald Henke zeigt den Flügel, der einem der Engel an der Kirchendecke verloren gegangen ist und auf den Boden stürzte. Fotos: Rainer Lutz
 
 
 

Weil ein Teil der Stuckdecke in der Hassenberger Kirche abgestürzt ist, rät der Architekt, bis auf weiteres auf eine Nutzung der Kirche zu verzichten.

"In den Geschichten aus der Bibel haben die Engel meist keine Flügel", sagt Pfarrer Ronald Henke. Anders in der Kirche seiner Gemeinde in Hassenberg. Zur überaus reichen Stuckdecke gehören eine Reihe von Engeln, die eben durch ihre Flügel als solche zu erkennen sind. Bis auf einen, der jetzt einen Flügel verloren hat. Das Stuckteil ist herabgestürzt, und das ist ein Problem - nicht nur, weil deswegen ein geplantes Chorkonzert nach Gestungshausen verlegt werden musste.
"Seit zwei Jahren planen wir im Kirchenvorstand die Restaurierung unserer Hassenberger Schlosskirche", erklärt Pfarrer Henke. Im kommenden Frühjahr sollen die Arbeiten beginnen, 2018 ist die Innensanierung vorgesehen. Dabei geht es vor allem um die Heizanlage aus den 50er Jahren und die nicht mehr zeitgemäße Elektroinstallation. Die Stuckdecke steht bisher gar nicht auf dem Plan.
Sie wurde vor zwei Jahren mit dem Ergebnis begutachtet, "die Decke hält". Tatsächlich ist auf einem älteren Foto der Firma, die die Decke untersuchte, ein feiner Riss an dem Flügel zu erkennen, der jetzt herabgestürzt ist.
Dass er jetzt nicht mehr bei seinem Engel bleiben konnte, wird mit Tiefbauarbeiten an der Straße vor der Kirche in Verbindung gebracht, die zu erheblichen Erschütterungen geführt hätten. Das mit der Kirchenrenovierung beauftragte Architekturbüro, teilte dem Pfarrer mit, dass der Projektleiter der Breitbandverlegung über den Schaden informiert wurde. Er werde die Tiefbaufirma benachrichtigen, dass diese den Schaden ihrer Versicherung meldet. Der Ausgang ist ungewiss.


Auf Nutzung verzichten

Architekt Karl-Heinz Höfner rät aber in einem Schreiben an die Kirchenverwaltung zur Vorsicht: "Um zu beurteilen, ob die Gefahr weiterer Deckenablösungen besteht, ist es meiner Ansicht nach erforderlich, dass ein Restaurator die Decke überprüft." Pfarrer Henke glaubt zwar nicht, dass noch weitere Teile der Stuckdecke abstürzen werden. Doch der Rat des Architekten ist unmissverständlich: "Bis die Decke überprüft ist, sollte auf eine Nutzung der Kirche verzichtet werden." Um trotzdem nicht für Jahre mit dem Gottesdienst in das Gemeindehaus umziehen zu müssen, wird erwogen, ein Netz zu spannen, um die Kirchgänger vor möglichen abfallenden Stuckteilen zu schützen. "Vor allem zum Krippenspiel möchten natürlich alle lieber in die Kirche als in das Gemeindehaus", weiß Pfarrer Henke.


Selten üppige Gestaltung

Die Stuckdecke der kleinen Barockkirche ist eine Besonderheit. Sie stammt aus dem Jahr 1690. Anders als die meisten Stuckdecken zeigt diese keine flachen Verzierungen. Vielmehr gibt es zahllose große Früchte und Blüten in ihrer ganzen dreidimensionalen Ausprägung und dazwischen eben einige Engel. "Diese prachtvolle Deckendekoration wirkt überwältigend und ist äußerst selten. Ein Eckzimmer in der Coburger Ehrenburg wurde - wohl von denselben Künstlern - Ende des 17. Jahrhunderts genauso ausgestattet", berichtet Pfarrer Henke. Sonst gibt es Vergleichbares im weiten Umfeld nicht.
Kein Wunder also, dass den Hassenbergern ihre Schlosskirche am Herzen liegt. Obwohl die Gemeinde nur wenige Hundert Mitglieder zählt, wurde bereits eifrig für die Renovierung gespendet. Ein in der Kirche aufgestelltes Schauglas zeigt zurzeit einen Pegel von 40 000 Euro. Eine bemerkenswerte Leistung, doch der Eigenanteil der Gemeinde sieht nach Stand der Planung einen Betrag von 110 000 Euro vor. Dabei ist eine mögliche Deckensanierung gar nicht eingerechnet.


Hoffen auf Spenden

In seiner Not wandte sich Pfarrer Henke auch an mehrere Stiftungen. Doch wegen der niedrigen Zinsen auf dem Geldmarkt können diese kaum etwas ausschütten.
Nun hofft die kleine Kirchengemeinde auf Spenden auch von außerhalb der eigenen Reihen. "Wir hoffen, dass sich viele Menschen finden, die Lust haben, uns zu unterstützen, und die gerne spenden, damit wir in unserer schönen Schlosskirche wieder miteinander fröhliche Gottesdienste feiern können", sagt Pfarrer Henke.