Sabrina Weber schlüpft gern in fremde Rollen und fotografiert sich auch gern. Durch ihre Krebserkrankung hat sich ihr Blick auf die Menschen verändert. Sie hat viele neue Erfahrungen gemacht, falsche Freunde verloren und echte gewonnen. Foto: privat
Mit 17 bekommt Sabrina Weber aus Neustadt die Diagnose Lymphdrüsenkrebs. Nach sechs Chemo-Blöcken geht es ihr nun wieder gut. In Facebook-Posts und Videos erzählt sie ihre Geschichte, um anderen zu helfen, mit der Krankheit umzugehen.
Der Amethyst gilt als Heilstein gegen Krankheiten. Abby wird Sabrina von ihren Freunden genannt. Abby Amethyst ist der Facebook-Name von Sabrina Weber. "Mein kleiner Bruder hat ihn für mich ausgesucht und ich fand ihn richtig toll", sagt die 17-Jährige. Wer auf ihre Seite klickt, erfährt sehr schnell, warum Sabrina diese Seite unter einem anderen Namen angelegt hat: "Hallo ich bin Abby :) 17 Jahre alt und an Krebs erkrankt... Mit dieser Seite will ich Leuten mit der Krankheit helfen :)"
Unter ihrer schwarzen Strickmütze mit der Aufschrift "Bad Hair Day" lugen grüne Haarfransen hervor. Pinkfarbene Tunnel in den Ohren und gepiercte Lippen zeugen davon, dass Sabrina genau weiß, was sie möchte. Und das ist gut so: Denn auf ihr Körpergefühl konnte sich die junge Neustadterin schon immer verlassen. "Irgendwie wusste ich schon mit elf Jahren, dass etwas nicht stimmt. Mit war ständig schlecht und ich hatte oft Kopfschmerzen", erinnert sie sich.
Vor Schmerzen konnte sie sich kaum konzentrieren
In der Schule hat sie deswegen oft gefehlt. Ihre Mutter war mit ihr beim Hausarzt, bei Fachärzten - sogar beim Psychologen. Keine Diagnose. Auch das Blutbild ließ für die Ärzte keine Rückschlüsse zu - "obwohl ich schon damals zu viele weiße Blutkörperchen hatte", erinnert sich Sabrina. Als dann noch Rückenschmerzen dazu kamen, hielt es Sabrina kaum noch aus. Da war sie 14. Dass sie ihren qualifizierten Abschluss geschafft hat, ist für sie ein Wunder. "Ich konnte mich damals vor Schmerzen kaum konzentrieren", weiß sie noch.
Im Frühjahr vergangenen Jahres bestand sie schließlich darauf, dass bei ihr eine MRT (Magnetresonanztomographie) gemacht wird. Das Ergebnis war niederschmetternd: Lymphdrüsenkrebs. "Als ich das gehört hab, musste ich erst mal lachen, weil der Arzt das so komisch betont hat, später ging es mir dann richtig schlecht mit der Diagnose." Das Mädchen, das eine Phobie gegen Nadeln hatte, bekam zunächst einen Port gesetzt, und ein Knoten im Schulterbereich wurde entfernt. Betroffen waren aber auch die Milz, die Lunge, die Knochen und der Rücken.
Früher waren die Haare mal blau, mal pink - auf einmal waren sie weg
Sechs Chemo-Blöcke wurden in Erlangen angeordnet. Sabrina steckte das alles zunächst ganz gut weg. Nach der ersten Chemo glaubte sie noch, ihre geliebten Haare behalten zu können. "Ich hatte schulterlanges Haar in allen Farben - mal blau, mal pink, mal grün...", sagt sie. Doch plötzlich waren blaue Strähnen in der Bürste. Da entschloss sich das Mädchen, die Haare abrasieren zu lassen. Die Mutter eines Kumpels setzte den Rasierer an. Mehrere Tage schaute sich Abby nicht mehr im Spiegel an. Sie schlief mit einer Mütze. Keiner sollte sie so sehen. "Doch dann hab ich es gewagt und gedacht: Okay, mach was draus!"
Sabrina ist ein Fan von Cos-Play - sich zu verkleiden und in neue Rollen zu schlüpfen. Sie trägt gern Perücken und stellt sich eigene Kostüme zusammen. Ihr Bruder Roy war in dieser Zeit eine große Stütze. "Er hat das Schönste überhaupt zu mir gesagt. Er meinte: Du bist doch auch ohne Haare wunderschön!" Die Hälfte von seinem Geburtstagsgeld gab er seiner Schwester, um mit ihr eine Perücke zu kaufen. Er wollte sie unbedingt selbst aussuchen. "Sie hat lange weiße Haare und Locken. Sie ist immer noch meine Lieblingsperücke."
Ihr Bruder gibt ihr Kraft, genauso wie neue, echte Freundschaften
Das besondere Verhältnis zu ihrem vierzehnjährigen Bruder hat Sabrina viel Kraft gegeben. "Wir haben beide nicht viele Freunde - weil wir schon immer ein bisschen anders waren", erzählt die 17-Jährige ganz offen. Erst, seit die Menschen von ihrer Krankheit wissen, finden sie sie cool - selbst, wenn sie ihre Glatze zur WM mit einem schwarz-rot-goldenen Herz bemalen lässt. Vorher hat sie ihr Aussehen zu einer Außenseiterin gemacht. "Das ist schon irgendwie komisch", findet das Mädchen.
Nur wenige ihrer Freunde von damals sind auch heute noch echte Freunde. "Die meisten haben mich einfach fallen gelassen. Haben gesagt, das schaffst du schon!", erinnert sich Sabrina und wird traurig. "Sollte ich das alles etwa alleine schaffen?" fragt sie, doch sofort hellt ihr Gesicht wieder auf. Denn da kommt ihre neue Freundin Julia ins Spiel. "Ich habe Julia auf der Kinderkrebsstation in Erlangen kennengelernt. Sie hatte totale Schmerzen. Aber Gott sei Dank war das dann bei ihr kein Krebs!" Heute sind die beiden beste Freundinnen.
Sie dreht Videos, bastelt, häkelt, sammelt Spenden
Viele neue Kontakte und tolle Menschen hat Sabrina alias Abby Amethyst in den vergangenen Monaten kennen gelernt - nicht zuletzt durch ihre Seite auf Facebook. Dort schreibt sie, was sie gerade bewegt, gibt Tipps, wie sie mit verschiedenen Situationen umgegangen ist. Auch kleine Videos sollen helfen, damit andere Mädchen beispielsweise mit einer Glatze besser zurecht kommen.
Die Stiftung krebskranker Kinder in Coburg hat Sabrina geholfen, auch ihr Herzenswunsch wurde ihr erfüllt. "Ich habe jetzt eine Fotokamera und einen Laptop", freut sie sich. Sabrina Weber ist so dankbar dafür, dass sie gerne etwas zurück geben möchte. Deshalb bestickt sie Mützen, häkelt Tiere, bastelt Fimo-Anhänger oder gestaltet Handyhüllen aus Silikon, die sie dann zugunsten krebskranker Kinder verkauft. Ihre nächste Spende geht an die Stiftung in Coburg, hat sie sich fest vorgenommen.
Die 17-Jährige ihre Zukunft jetzt mit ganzen Schritten an
Wie ernst sie es damit meint, zeigt, dass sie die Hälfte des Geldes, das sie von ihrem Opa geerbt hat - er ist im vergangenen Jahr selbst an Krebs gestorben - gespendet hat. "Meine Mutter bewundert mich sehr, dass ich mich so für andere einsetze", sagt Sabrina , die zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung lebt.
Abby Amethyst ist froh, die Krankheit so gut überstanden zu haben. Schon nach dem zweiten Chemoblock war klar, dass die Therapie anschlägt und die Heilungschancen für Sabrina ganz gut sind. Die Abschlussuntersuchung steht dem Mädchen noch bevor. Einmal hat Sabrina den Termin schon abgesagt. "Ich habe einfach Angst davor", gesteht sie. Den Port, den sie noch unter der Haut trägt, will sie jedenfalls nicht entfernen lassen. Man wisse ja nie. Dabei geht die 17-Jährige ihre Zukunft jetzt mit ganzen Schritten an. Sie besucht die Berufsschule in Coburg und bewirbt sich als Einzelhandelskauffrau.
Herzlichen Glückwunsch zum Sieg über den Krebs, so etwas macht wirklich Mut. Schön zu sehen, dass es bei Krebs auch noch Hoffnungsschimmer gibt.