Sogar der ADAC hat Verständnis für die Verdi-Aktion, die am Dienstag für manchen die Fahrt zur Zitterpartie machte. Nur vier von elf Räumfahrzeugen in Trockau machten die Autobahnen frei.
Ohne die Launen des Winters hätte die Verdi-Aktion am Dienstag weder Staub noch Flocken aufgewirbelt. So traf der Streik von 27 öffentlich Bediensteten aber einen empfindlichen Nerv. In der Autobahnmeisterei in Trockau an der A9 bei Bayreuth konnte gestern und heute nur auf Sparflamme gearbeitet werden. Das hat im Schneetreiben nicht wenigen Autofahrern Flüche entlockt.
Die Autobahnmeisterei Trockau betreut mit ihrer Stammbesatzung von 29 Mann das 55 Kilometer lange Teilstück der viel befahrenen A9 zwischen dem Autobahndreieck Bayreuth/Kulmbach und der Anschlussstelle Hormersdorf. Im Winterdienst drehen normalerweise elf Fahrzeuge ihre Runden, wobei die Autobahndirektion neben eigenen Fahrzeugen auch auf den Fuhrpark von Lohnunternehmen zurückgreift, wie der Leiter der Dienststelle, Jörg Stricker, sagt. Da mit Ausnahme von zwei Mann seine gesamte Mannschaft dem Aufruf der Gewerkschaft Verdi zum 24-stündigen Warnstreik folgte (von Dienstag früh 4 Uhr bis Mittwoch 4 Uhr), musste Stricker die Räumintervalle verlängern: Nur vier statt sonst elf Fahrzeugen nahmen es mit dem zeitweise heftigen Schneefall am Dienstag auf. 250 Mitarbeiter bei Kundegebung in Bayreuth Im Berufsverkehr kam es zu Behinderungen, die Verkehrssicherheit war aber zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt, sagten Stricker und der Personalrat der Autobahnmeisterei, Andreas Held, der sich dem Warnstreik angeschlossen hatte. Nach Gewerkschaftsangaben versammelten sich am Dienstagmittag rund 250 Mitarbeiter aus verschiedenen Betrieben zu einer Kundgebung vor der Universität Bayreuth, die ein weiterer Schwerpunkt des Ausstandes war - mit weit weniger Außenwirkung als beim Winterdienst.
"Es ist schon gewollt, dass man es merkt, wenn wir streiken", sagte der Verdi-Bezirkssekretär Peter Igl dieser Zeitung. Ohne zu verschweigen, dass Petrus als Verbündeter im Arbeitskampf nicht von vorneherein mit eingeplant war. "Der Schnee ist natürlich willkommen, wobei wir aber Gefahren für die Autofahrer ausschließen. Behinderungen ja, Gefahr nein."
Da stellt sich die Frage, ob denn der Winterdienst überhaupt streiken darf? "Selbstverständlich", lautet Igls Antwort, "denn der Mitarbeiter im Winterdienst hat die gleichen Rechte wie jeder Arbeitnehmer." Rückendeckung für Verdi kommt dabei vom ADAC als größtem Interessenvertreter der Autofahrer. "Es wird gerne vergessen, aber der Autofahrer hat keinen Rechtsanspruch auf eine geräumte Straße", sagt ADAC- Sprecher Jürgen Grieving. Den Fuß vom Gas "Die Tatsache, dass die deutschen Straßen in der Regel zügig und gründlich geräumt werden, entbindet den Autofahrer nicht von der Pflicht, seine Fahrweise den Wetter- und Straßenverhältnissen anzupassen." Und im Winter bedeute das: Fuß vom Gas nehmen, mehr Zeit einplanen und womöglich auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, sagt der ADAC-Sprecher .
Die Dienstleistungsgewerkschaft fordert im Tarifstreit 6,5 Prozent mehr Lohn, für Auszubildende eine Übernahmegarantie sowie 100 Euro mehr. Bislang sind die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst nicht auf die Gewerkschaften zugegangen; sie haben vor der nächsten Verhandlungsrunde am 7. und 8. März kein Angebot gemacht. Verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und die Gewerkschaft der Polizei vertreten in der gemeinsamen Tarifkommission rund 800 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder. Bestreikt wurde am Dienstag unter anderem auch ein Entsorgungsbetrieb im unterfränkischen Schweinfurt.