"Armutszeugnis": Sparmaßnahmen bei Bayreuther Festspielen sorgen für scharfe Kritik

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An den geplanten Einsparungen bei den Bayreuther Festspielen gibt es harsche Kritik. Die Chor-Verkleinerung "wäre ein Armutszeugnis für dieses international renommierte Festival", erklärte der Deutsche Musikrat. Die Stadt hat indes ihre Zuschüsse für 2024 bekannt gegeben.

Update vom 30.11.2023: Musikrat kritisiert Einsparungen bei Bayreuther Festspielen - Stadt gibt über 1,5 Millionen

Der Deutsche Musikrat hat die geplanten Einsparungen beim Chor der Bayreuther Festspiele scharf kritisiert. "Der Deutsche Musikrat fordert die Leitung der Bayreuther Festspiele auf, für den Erhalt ihres traditionsreichen Festspielchores zu kämpfen", sagte Generalsekretär Christian Höppner laut Mitteilung vom Montag (27. November 2023).

"Die geplante Reduzierung dieses Ausnahmeklangkörpers um 40 Prozent wäre ein Armutszeugnis für dieses international renommierte Festival. Wagners Opern in Bayreuth künftig mit einem ausgedünnten Chorklang zu musizieren, wird dem besonderen Wesen seiner Musik in keiner Weise gerecht", heißt es. 

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Richard-Wagner-Festspiele deutlich sparen müssen und darum empfindliche Einschnitte planen - auch beim berühmten Festspielchor. Die Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles (VdO) hatte von einem drohenden "Stellenkahlschlag" gesprochen. Es gebe demnach Pläne, die Zahl der Chor-Mitglieder im kommenden Jahr um 40 Prozent von 134 auf 80 schrumpfen zu lassen.

Festspielleitung begründet Sparmaßnahmen mit "deutlichen Kostensteigerungen"

Grund für die Sparmaßnahmen sind nach Angaben der Festspiele "deutliche Kostensteigerungen", von denen alle Opernhäuser betroffen seien. Genannt werden hohe Energiekosten, teures Material und gestiegene Personalkosten "durch sehr hohe Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst". "Der finanzielle Mehrbedarf beträgt in den Folgejahren kumuliert mehrere Millionen Euro", teilten die Festspiele mit.

Die Stadt Bayreuth, die zu den Geldgebern der Wagner-Festspiele gehört, zahlt 2024 mehr als 1,5 Millionen Euro für den Etat des Festivals. Das beschloss der Stadtrat am Mittwoch (29. November 2023). Demnach gibt es aus der Stadtkasse gut 1,524 Millionen Euro für das weltberühmte Festival, genauso viel wie in diesem Jahr. Im Jahr zuvor betrug der städtische Zuschuss 1,573 Millionen Euro.

Die Stadt sei nicht frei in ihrem Zuschuss für die Festspiele, erläuterte der Bayreuther Kulturreferent Benedikt Stegmayer. Die Höhe entspreche den Gesellschaftsanteilen an der Festspiel-GmbH. In der GmbH halten Bund, Land und die Mäzenen-Vereinigung Gesellschaft der Freunde von Bayreuth je 29 Prozent, 13 Prozent hat die Stadt Bayreuth. Die Verteilung der Anteile soll sich aber ändern, wie die bayerische Staatsregierung im Sommer beschlossen hatte: Weil die Vereinigung angekündigt hatte, wegen geringerer Einnahmen weniger für die Festspiele zu zahlen, sollen nach dem Willen Bayerns Bund und Land frei werdende Anteile übernehmen.

Die Festspielleitung hinterfrage alle Ausgaben kritisch und mache Vorschläge, wie sich die Ausgaben reduzieren ließen, sagte Stegmayer vor dem Stadtrat.

Erstmeldung vom 24.11.2023: Bayreuther Festspiele müssen sparen - Einsparungen treffen den Chor

Die extrem gestiegenen Kosten von Strom und Gas stellen für alle Menschen in Deutschland eine finanzielle Herausforderung dar. Zudem sollen laut Finanzminister Lindner zum Ende des Jahres noch die Energiebremsen auslaufen. Die höheren Energiepreise und Personalkosten gehen auch an Deutschlands berühmtestem Opernfestival nicht vorbei: Die Bayreuther Festspiele müssen sparen - auch an empfindlichen Stellen.

Für die kommenden Jahre drohen empfindliche Einschnitte bei dem weltberühmten Opernfestival, wie die Festspiele am Freitag mitteilten. Beim Orchester gebe es "Einsparungen im sechsstelligen Bereich". Bei den Festspielen werden seit 1876 die Opern von Richard Wagner (1813-1883) aufgeführt.

"Der finanzielle Mehrbedarf beträgt in den Folgejahren kumuliert mehrere Millionen Euro", hieß es. Weil die Zuschüsse für das Opernspektakel nicht erhöht werden, habe die Geschäftsführung nun "Vorschläge erarbeitet, wie den erwarteten Kostensteigerungen entgegengetreten werden kann".

Die Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles (VdO) sprach am Freitag von einem drohenden "Stellenkahlschlag". Es gebe demnach Pläne, die Zahl der Chor-Mitglieder im kommenden Jahr um 40 Prozent von 134 auf 80 schrumpfen zu lassen. "Die Bayreuther Festspiele wurden aufgefordert, umfangreiche Einsparungen vorzunehmen, um gestiegene Kosten und auch anstehende Tariferhöhungen zu kompensieren", teilten die Festspiele dazu auf Anfrage mit. "Die zukünftige Chorstärke orientiert sich an der anderer großer Opernhäuser, wie zum Beispiel der Bayerischen Staatsoper und den beiden Berliner Opernhäusern."

Der Chor soll den Angaben zufolge - wie in der Vergangenheit - durch einen Sonderchor aufgestockt werden. "Die Entscheidung wurde im Einvernehmen mit den Gesellschaftern der Bayreuther Festspiele getroffen", teilten die Festspiele mit.

Wagner-Festspiele: Drastische Einschnitte treffen auf Unverständnis

VdO und Orchestervorstand äußerten dagegen in ihrer Mitteilung "ihr Unverständnis über die geplanten drastischen Einschnitte" und forderten von der Festspielleitung "konkrete Zahlen und Begründungen für diese Entscheidung". "Gerade künstlerische Gründe sprechen gegen einen Stellenkahlschlag", betonten sie.

"Der besondere Chorklang, der - weltweit einzigartig - traditionell zu den Bayreuther Festspielen gehört, kann bei einer Reduktion auf 80 Mitglieder nicht in gleichem Maße erzeugt werden." Sie forderten die Festspielleitung auf, "nicht nur über Einsparungen nachzudenken, sondern auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen, wie erweitertes Sponsoring oder Unterstützung aus politischen Kreisen".

Die Einsparungen betreffen nach Angaben der Festspiele "alle Abteilungen und Bereiche". Mit dem Orchester seien "in konstruktiven Verhandlungen einvernehmliche Lösungen erzielt" worden, die "die hohe Qualität auch zukünftig sichern". Dafür seien Vertragsbedingungen "in Bezug auf die Anzahl der Dienste und den Beschäftigungszeitraum" vereinbart worden. Auch im Bereich der Technik mussten nach Angaben der Festspiele "signifikante Beträge eingespart" werden. Der Chor sei "eingeladen, ebenfalls konstruktive Lösungen im Einvernehmen mit der Festspielleitung zu erarbeiten".

Vorschaubild: © Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth/dpa