Vor einem halben Jahrhundert hoben Faschingsfans den Memmelsdorfer Carneval-Club aus der Taufe. So feierte der MCC jetzt ein stolzes Jubiläum mit zahllosen Anhängern in der Seehofhalle. Als närrische Hoheiten erwarteten Seine Tollität David I. und Ihre Lieblichkeit Katharina II. ihr Volk.
Am 23. Januar 1964 wurde der MCC in der Gaststätte Leicht von 13 Faschingsfans gegründet. So zelebriert der Carneval-Club heuer seinen 50. Geburtstag. Ein Anlass, um die exponierte Stellung des MCC im fränkischen Faschingstreiben unter Beweis zu stellen. Dementsprechend legten sich über 200 Teilnehmer gerade ins Zeug, um dem Publikum eine würdige Jubiläumsgala zu bieten.
Was das Herz des Faschingsfans begehrt Drei Stunden lang lief ein Programm, das die gesamte Bandbreite der karnevalistischen Unterhaltung abdecken sollte und erstmals live auf einer Großbildleinwand übertragen wurde. Sitzungspräsident Erhard Hippacher hatte in seiner Begrüßung Höhepunkte "Schlag auf Schlag" versprochen und sollte Recht behalten.
Eröffnet wurde die Bühnenshow von der neu formierten Minigarde - ein Beleg für die erfolgreiche Jugendarbeit des MCC.
Die noch kleineren Bambinis brachten ihre Interpretation des bekannten Musicals als "Tanz der Vambinis" auf die Bühne. Altersgerecht wurden in der Choreographie von Elfriede Brehm und Andrea Brehm dramatische, aber auch romantische Szenen umgesetzt.
David I. und Katharina II. Von ihrem Thron aus hoch über der Bühne begrüßten Seine Tollität David I. und Ihre Lieblichkeit Katharina II. das Narrenvolk, bevor eine moderne Interpretation des Gardetanzes mit Elementen aus dem Cheerleading von der Kindergarde geboten wurde. Den Reigen der Wortbeiträge eröffnete Hans Schuster in seiner Paraderolle als Memmelsdorfer Till: eine moralische Institution, deren Kommentare wie Pfeile treffen - Kritik verpackt mit viel Humor.
Zum Limburger Bischof servierte er dem Publikum beispielsweise folgende Reime: "Hot sein' Prachtbau spendiert, dabei er sich gar net geniert - a´ Badewanna für zwei, ja wer soll mit ihm do ´nei? Wenigstens und des wär schlimmer, gibt's in dem Bau ka' Kinderzimmer!" Nach über 30 Jahren aktiven Wirkens im MCC, davon über 20 Jahre lang als Mitglied der Bachsänger und zuletzt als Till wurde eine Ikone des Memmelsdorfer Faschings anschließend vom Präsidium in den närrischen Ruhestand verabschiedet. Herzlicher Applaus und ein "Memmelsdorf Hellau" für jedes Jahrzehnt war der Dank des Publikums.
Freche Jungs Der Marsch der Jugendgarde unter ihren Trainerinnen Conny Einwich und Sandra Einwich leitete über zum nächsten traditionellen Programmpunkt.
Im Blickpunkt: ein gutmütiger Lehrer (zweiter Bürgermeister Herbert Stenglein), der sich seit Jahren um seine Schüler bemüht. Als der Schulmeister auf Zusammenhänge zwischen Straßennamen und deren Bewohner verweist, kommen zwei schlagfertigen Jungs (Hugo Druck und Moritz Lamprecht) gleich entsprechende Gedankenblitze: Streitbare Ehefrauen wohnten demnach wohl im Teufelsgraben, Franken, die heiraten mussten, in der Mußstraße, die Leerwaaf'n im Pappelweg. Wenn Männer mehr als einmal geheiratet hätten, seien sie im Spinnseyer zuhause, wenn sie über zwei Zentner wiegen in der Panzerleit´n - und die mit den großen Nasen fände man im Zinkenwörth.
Weg mit den Klamotten! Alle Größen- und Gewichtsklassen boten die Boxer des Männerballetts in ihrem "heißen" Showtanz.
Wobei die Stimmung im Saal mit der Anzahl der Kleidungsstücke stieg, die die "durchtrainierten" Sportskanonen auf der Bühne ablegten.
Eine Prozession mit weltlichen Fürbitten wand sich durch den Saal auf die Bühne: bei der Wallfahrt der "Memmelsdorfer Mafia". Der Pate erzählte seinem Nachwuchs (Thomas Müller und Florian Nickoleit) dabei von Pfarrer Berthelmes wunderbarem Versprecher, der beim Segen in der weihnachtlichen Christmette allen Gläubigen eine "Frohe Weinfestzeit" wünschte.
Schutzgeld-Zahlungen? Musikalisch folgte der Abgesang auf Rainer Brüderle und seine FDP, kommunalpolitisch ein Loblied auf den scheidenden Bürgermeister Johann Bäuerlein.
Wegen fälliger Schutzgeld-Zahlungen müsse man sich halt mit seinem Nachfolger arrangieren! Souverän überspielte dabei der Pate (Christopher Müller) einen Texthänger, indem er kurzerhand das gesamte Publikum in seinen Liedvortrag einbezog - und schon standen alle in der Halle und stimmten mit ein. Unterstützt von Herbert Müller am Keyboard brachten die Mafiosi mit ihrer musikalischen Comedy den Saal zum Kochen.
Die beiden Funkenmariechen Corinna Felber und Selina Hornung boten in ihrem Paartanz mit Soloeinlagen gleichermaßen Akrobatik und Grazie (Trainerin Carola Saal). Als Faschingsprinz des Konkurrenzvereins "Olle Kamelle" enterte Franz Branntwein (alias Pfarrer Marianus Schramm aus Gundelsheim) die Bütt und lästerte sogleich über den MCC und seine Elferräte: Die könnten ihre eigene Gala doch nur im Suff ertragen, was die Frage aufwerfe: "Sind die zuständig oder ständig zu?" Seiner eigenen
Wirkung versichert sich der Redner durch die permanente Einforderung des höchsten Lobes der Franken: "Passt scho'" schallte es aus 1000 Kehlen, wenn die Zuhörer wieder einmal nach ihrer Meinung befragt wurden.
Eine Verbindung von Gardetanz und einem flott arrangiertem Klassik-Medley in Perfektion brachte die Prinzengarde auf die Bühne. Die mitgebrachten "Maadla" (mit behaarten Männerbeinen und anderen Ungereimtheiten unter dem Rüschenröckchen) bildeten das Spalier für das "Goldene Prinzenpaar": Anton und Rettl aus Meedensdorf. Claudia Gunzelmann und Gerda Hoffmann (als Dorfraatsch'n seit Jahren für den MCC aktiv) ließen tiefe Einblicke in die Hassliebe ihrer Kunstfiguren zu. Nach dem Faschingsstress soll's auf die Aida gehen oder Anton zuliebe doch lieber die Costa. Da sei die Wahrscheinlichkeit größer, ohne die Rettl zurück zu kommen.
Zumal die ordentlich Paroli gibt, wenn ihr Prinz beispielsweise auf ihre Leibesfülle anspielt ("du hast ja a' Hinterteil wie a' Scheunadrescher"): "Wenn'st heut nocht gekroch'n kummst, konn' ich dich aan's sog'n: füa dei Hälmla schmeiß ich mein' Drescher net o'!"
Für Tanzwütige Eine Revue der Show-Tänze des vergangenen Jahrzehnts bot der MCC-Jubiläumstanz: Eine Gemeinschaftsaktion sämtlicher Garden als tänzerischer Höhepunkt einer denkwürdigen Jubiläums-Gala. Abschließend bat der Sitzungspräsident alle Teilnehmern nochmals auf die Bühne, wo zusammen mit dem Publikum die MCC-Hymne angestimmt wurde. Für tanzwütige Zuschauer spielten danach Big-Sound-Jack noch bis in die Morgenstunden groß auf.