Zukunft der Langen Straße in Bamberg: Halteverbot als nächster Schritt

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"Shared Space": Fußgänger, Rad- und Autofahrer sowie Geschäfte und Kunden sollen die Lange Straße künftig besser gemeinsam nutzen können. Ein Schritt dahin ist die Abschaffung der Kurzzeitparkplätze (links) ab Dezember, um die Dominanz des Kraftverkehrs etwas einzudämmen. Foto: M. Klein
"Shared Space": Fußgänger, Rad- und Autofahrer sowie Geschäfte und Kunden sollen die Lange Straße künftig besser gemeinsam nutzen können. Ein Schritt dahin ist die Abschaffung der Kurzzeitparkplätze (links) ab Dezember, um die Dominanz des Kraftverkehrs etwas einzudämmen.  Foto: M. Klein

Der Umweltsenat hat beschlossen, die Lange Straße als Halteverbotszone auszuweisen. Dafür kann in den umliegenden Parkhäusern eine Stunde lang kostenlos geparkt werden. Bauliche Maßnahmen sind heuer nicht mehr möglich.

"Nicht nur wegen des Namens ist die Lange Straße für mich die wichtigste in Bamberg", scherzte der Zweite Bürgermeister Christian Lange (CSU) in der Sitzung des Umweltsenats. Das Gremium beschloss, die Lange Straße ab 1. Dezember als Halteverbotszone auszuweisen. Die Kurzzeitstellplätze sollen abgeschafft und nur noch zum Be- und Entladen genutzt werden. Innenstadtbesucher können auf die Parkhäuser Schützenstraße und Georgendamm ausweichen. Dort kann ab 1. Dezember eine Stunde lang kostenlos geparkt werden. Es ist ein erster Schritt, um die Lange Straße in einen gemeinsamen Raum für Fußgänger, Bummler, Gewerbetreibende, Auto- und Radfahrer umzuwandeln und damit die Aufenthaltsqualität für alle Beteiligten zu erhöhen, so der Plan.

Der Vorschlag, die Kurzzeitparkplätze abzuschaffen, wurde mit acht zu vier Stimmen beschlossen. Dagegen sprach sich unter anderem die Bamberger Allianz um Sprecher Michael Bosch aus: "Das gibt nur Ärger!", warnte er. Lieferanten würden künftig mit Parkwächtern um die geparkten Minuten streiten, es gäbe noch mehr Chaos. Deshalb beantragte Bosch, die Kurzzeitparkplätze erst nach Beendigung der Bauarbeiten zu eingeschränkten Halteverbotszonen umzuwandeln. Lange empfahl den Räten, sich gegen Boschs Vorschlag auszusprechen: "Wenn wir heute nicht den ersten Schritt gehen, wird sich alles noch länger hinziehen", begründete er seine Empfehlung, der die Mehrheit folgte.

Baumaßnahmen erst ab 2019

Diskussionen der Senatsmitglieder über bauliche Veränderungen wies Lange mit der Begründung zurück, dass im Haushalt 2018 dafür keine Mittel zur Verfügung stehen.

Der Stadtrat trifft sich mit verschiedenen Interessengruppen am 26. November zu einem erneuten "Runden Tisch Lange Straße", in der Beiträge zur Weiterentwicklung behandelt werden. Entsprechende Mittel können dann für den Haushalt 2019 beschlossen werden.

Die konfliktreiche Diskussion um die Zukunft der Langen Straße zieht sich schon seit mindestens zehn Jahren hin, auch weil sich vielfältige Interessen gegenüberstehen. Im Jahr 2008 wurden in einem Mediationsverfahren mehrere Maßnahmen beschlossen. Umgesetzt wurde unter anderem die Ausweisung als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde. Doch längst nicht alle Maßnahmen wurden umgesetzt, andere wurden ganz verworfen, wie etwa die Ausweisung als verkehrsberuhigter Bereich mit Schrittgeschwindigkeit. "Bei all den Konflikten ist es wichtig, eine gemeinsame Vision zu schaffen", sagt Walter Schweinsberg, Geschäftsführer der Mediengruppe Oberfranken (MGO), auf Nachfrage. Die Häuser Nummer 22 und 24 werden von einer zur MGO gehörenden Besitzgesellschaft saniert, um dort Gewerbe- und Wohnimmobilien zu schaffen sowie den Eingang zu den Theatergassen optisch aufzuwerten.

Fläche gemeinsam nutzen

Schweinsberg nahm kürzlich an einer Podiumsdiskussion zum Thema "Zukunft der Langen Straße" teil, bei der die Sozialgeographie-Studentin Tina Höller ihre Masterarbeit vorstellte, mit dem Titel "Die Lange Straße in Bamberg: Probleme des öffentlichen Raumes lösen mittels Shared Space?" Höller definiert "Shared Space" als einen gemeinsamen Raum mit Fokus auf das menschliche Miteinander, der durch gegenseitige Rücksichtnahme und in seiner Gestaltung durch möglichst breite Bürgerbeteiligung gekennzeichnet ist. Dazu wäre laut Höller unter anderem der niveaugleiche Ausbau nötig, um die Aufenthaltsqualität für alle Beteiligten zu erhöhen, ohne auf den Durchgangsverkehr verzichten zu müssen. Der Ausbau wurde bereits 2008 beschlossen, jedoch bis heute nicht vollständig umgesetzt.

Interessengruppen

In ihrer Arbeit identifiziert Höller auch die verschiedenen Interessengruppen. Zum einen verfolgen die IG Lange Straße und die IG Theatergassen, unterstützt vom Stadtmarketing, die wirtschaftlichen Interessen. Die Gruppen sprechen sich gegen die Reduzierung des Individualverkehrs, gegen die Auflösung der Kurzzeitparkplätze und gegen mehr gastronomische Flächen (wegen Lärms) aus. Auf der anderen Seite steht der Bürgerverein Bamberg Mitte, der Baumaßnahmen unterstützt, die eine verkehrsberuhigte, gemeinsame Nutzung der Langen Straße fördern. Die städtische Verwaltung bringt Fachwissen ein, der Stadtrat muss zwischen den Interessen verhandeln und Beschlüsse fassen - wie eben jüngst in der Sitzung des Umweltsenats.

Auch wenn sich manche vehement gegen den Wegfall der Parkplätze wehrten: Bei einer von Höller durchgeführten Umfrage als Teil der Masterarbeit stuften 52,5 Prozent der 308 Befragten die Parkmöglichkeiten als "völlig unwichtig" ein, 19,6 Prozent hielten sie für "eher unwichtig". Der Wegfall der Kurzzeitparkplätze "interessiert uns gar nicht", sagt auch Schweinsberg, der es begrüßen würde, wenn die Lange Straße als Shared Space mit verkehrsberuhigter Zone (Schrittgeschwindigkeit) ausgewiesen würde. "In vielen anderen Städten geht es ja auch", meint Schweinsberg, und nennt als Beispiel Volkach. Die Masterarbeit finde er "höchst spannend" und einen guten Ansatz, um den Fokus der Passanten, Anlieger und Kunden auf die Schönheit der historischen Architektur zu lenken. "Die Lange Straße ist eine der schönsten Straßen Bambergs. Man muss aber etwas tun, damit die Schönheit auch sicht- und erlebbar wird", sagt Schweinsberg.

Bisherige Beschlüsse und Maßnahmen

Im Jahr 1983 wurde die Einrichtung der Langen Straße als Einbahnstraße beschlossen.

2008 gab es das Mediationsverfahren "Zukunft Innenstadt". Als Ziele wurden die Verkehrsberuhigung und langfristige Sperrung für den motorisierten Individualverkehr (MIV) in zwei Schritten angegeben. Zunächst wurde die Straße als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich ausgewiesen (Höchstgeschwindigkeit 20 km/h). Der Wegfall der Parkplätze wurde hier bereits geplant. Als zweiter Schritt war der niveaugleiche Ausbau sowie die Einführung von Schrittgeschwindigkeit einschließlich Sperrung für den MIV angedacht.

2011 wurde die Lange Straße versuchsweise an insgesamt vier Samstagen für den MIV gesperrt. Die Maßnahme wurde als nicht zielführend verworfen.

2017 wurde eine Straßenraumverträglichkeitsuntersuchung durchgeführt. Hierbei wurden die hohe KFZ-Belastung, die starke Trennwirkung der Straße durch die Dominanz der Kraftfahrzeuge und ungenügende Anlagen für Radfahrer und Fußgänger bemängelt.

Im Mai 2018 fand ein "Runder Tisch" zur Zukunft der Straße mit breiter Beteiligung von Gruppen und Bürgern statt. Ein weiterer steht im November an. Dieser kann Auswirkungen auf die Mittel haben, die im Haushalt 2019 für die Lange Straße zur Verfügung stehen.