Zeugnisvergabe: Franken erinnern sich zurück

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Klaus Stieringers Grundschulzeugnis der vierten Klasse.
Klaus Stieringers Grundschulzeugnis der vierten Klasse.
Fürchtete in den 80ern, als Streberin abgestempelt zu werden: Petra Ringelmann-Blank Foto: pr
Fürchtete in den 80ern, als Streberin abgestempelt zu werden: Petra Ringelmann-Blank  Foto: pr
 
 
Lernte am liebsten erst auf den letzten Drücker: Klaus Stieringer
Lernte am liebsten erst auf den letzten Drücker: Klaus Stieringer
 
Erinnerte sich an seine Zeit als Schreinerlehrling zurück: Helmut Vorndran
Erinnerte sich an seine Zeit als Schreinerlehrling zurück: Helmut Vorndran
 
 
Schrieb in einer Latein-Ex seine erste Sechs und studierte später Latinistik: Bürgermeister Christian Lange
Schrieb in einer Latein-Ex seine erste Sechs und studierte später Latinistik: Bürgermeister Christian Lange
 
Das Jahreszeugnis nach dem enttäuschenden Zwischenzeugnis, das Christian Lange leider nicht mehr finden konnte. Repro/Foto: Rinklef
Das Jahreszeugnis nach dem enttäuschenden Zwischenzeugnis, das Christian Lange leider nicht mehr finden konnte.  Repro/Foto: Rinklef
 

Am 17. Februar schlägt für Schüler die Stunde der Wahrheit. Miese Noten sollten aber keinen verzweifeln lassen. Eigene Erfahrungen schilderten Franken.

Giftblätter nennen sie viele Schüler: die Zwischenzeugnisse, die am 17. Februar wieder landauf und landab an Schulen verteilt werden. Horror für alle, die sich mit miesen Noten durchs Schuljahr schleppen. Aber auch eine wunderbare Bestätigung für Jungs und Mädels, die sich mit Fleiß und Ehrgeiz eine stolze Zwischenbilanz erarbeiteten. Welche Erinnerungen sie mit der jährlich wiederkehrenden Zäsur verbinden, berichteten uns Franken, die sich nach ihrer Schullaufbahn zu profilieren wussten.


Die erste Sechs

"Ein besonderes Zeugnis war für mich das Zeugnis der fünften Klasse", berichtet Bildungsreferent Christian Lange, der bei unserer Umfrage selbstverständlich nicht fehlen durfte. "Ich war der erste aus meiner Familie, der aufs Gymnasium gegangen ist, und der erste, der Latein gelernt hat." So seien seine Eltern anfangs eher skeptisch gewesen, "ob ihr Kleiner das packen wird". Eine Sechs in der ersten Latein-Ex, die erste Sechs überhaupt, ließ die Alarmglocken schrillen. "Mein Vater suchte meinen Lateinlehrer auf, um ihn zu fragen, ob er sich grundlegend Sorgen machen müsse", erinnert sich Bambergs Zweiter Bürgermeister. Der aber habe ihm lachend versichert, sein Kleiner werde sich zu einem guten "Lateiner" entwickeln. Und tatsächlich wurde aus der Sechs schon zum Schuljahresende eine Zwei. Später belegte Lange den Latein-Leistungskurs, studierte Latinistik (Abschluss mit Note 1 im Magister-Nebenfach) und unterrichtete das Fach sogar an der Universität. "Von schlechten Noten darf man sich nicht verunsichern lassen", rät der Bildungsreferent somit allen Schülern, die am 17. Februar ein frustrierendes Zwischenzeugnis in Händen halten. "Wichtig ist, dass Lehrer und Eltern Vertrauen in einen setzen."


Das schlechteste Zeugnis

Das schlechteste Zeugnis in seiner schulischen Laufbahn erwartete Klaus Stieringer in der vierten Klasse. "Es ist aber auch der Beweis dafür, dass man mit durchschnittlichen Leistungen in der Grundschule später durchaus noch ein akzeptables Abitur, eine ordentliche Bankausbildung, ja sogar ein Jurastudium meistern kann", so Bambergs Citymanager. "Ich erinnere mich noch, dass meine Lehrerin das Zeugnis mit dem Satz: ,Zum Glück Durchschnitt und nicht Mittelmaß!' kommentierte." Den mahnenden Worten seiner Eltern habe er es letztendlich verdankt, "dass sich meine Leistungen im zweiten Halbjahr deutlich verbesserten und den späteren Übergang zum Gymnasium ermöglichten", berichtet Stieringer. Er sei eben wie etliche andere ein Schüler gewesen, der erst "unmittelbar vor den entscheidenden Prüfungen und kurz vor der Ziellinie zum eigentlichen Spurt ansetzt".
Mit ganz anderen Problemen hatte Petra Ringelmann-Blank zu kämpfen, die viele Franken als Kinderbuchautorin kennen. "Ich habe mich für meine Zeugnisse immer ein wenig geschämt", bekennt die Wahlbambergerin. So fürchtete sie in den von der Null-Bock-Mentalität geprägten 80er Jahren, als Streberin abgestempelt zu werden. "Zum Glück hatte ich coole Freundinnen, die mich trotz meiner guten Noten mochten", sagt Petra Ringelmann-Blank.


Neues Denken

Dem Schulbetrieb kehrte sie nach dem Abi auch nur vorübergehend den Rücken. Gymnasiallehrerin wurde die Einserschülerin und nahm den sozialen Mikrokosmos Schule nach dem Studium aus neuer Perspektive wahr. Auch als Mutter schulpflichtiger Kinder beobachtete die Autorin eine interessante Entwicklung. "Mit Erstaunen sah ich, dass gute Noten heute bewundert werden und Schülern durchaus Anerkennung bringen", so Petra Ringelmann-Blank. Was kluge oder entsprechend fleißige Kinder vermutlich der oft gescholtenen Leistungsgesellschaft verdanken.


Kein Kadavergehorsam

Ungerecht bewertet fühlte sich Helmut Vorndran in einem Zwischenzeugnis, das ihm in lebhafter Erinnerung blieb. Damals wollte der in Rattelsdorf lebende Kabarettist und Autor noch Schreiner werden. "Ich bekam 'ne Zwei in der praktischen Prüfung, das war gemein, einfach nicht zu akzeptieren", so der Ex-TBCler. Der Werkstattleiter der Bad Neustadter Berufsschule hatte dem Querdenker die Eins versagt, "weil ich freihändig Zapfen sägte, statt sie zuvor brav aufzuzeichnen wie all die anderen". Alle einzelnen Arbeitsschritte waren eben - "typisch deutsch" - sklavisch einzuhalten. Kein Wunder, dass Vorndran nach Abschluss seiner Lehre die Schreinerschürze an den Nagel hängte, sein Abi nachmachte und Sozialpädagoge wurde. Wenn er in dem Beruf auch nicht arbeitete, sondern erneut eine Kehrtwende hinlegte, um mit Mäc Härder das Totale Bamberger Cabarett zu gründen.



Berühmte Schulversager

Schlechte Noten sollten ein Ansporn sein. Schließlich gibt es viele Sitzenbleiber, Schulverweigerer und -versager, die Karriere machten:

Albert Einstein beispielsweise rebellierte gegen das von Zucht und Ordnung geprägte Schulsystem des Kaiserreichs und verließ das Gymnasium mit 15 Jahren ohne Abschluss.

Keine Leuchte war der Erfinder der Glühbirne nach Ansicht seines Lehrers, der ihn vor der ganzen Klasse als Hohlkopf beschimpfte. Woraufhin Thomas Alva Edison zu Hause unterrichtet wurde und die Schule nicht mehr betrat.

Ein anderer prominenter "Schulversager": Thomas Mann. Der spätere Nobelpreisträger für Literatur schloss nach der 10. Klasse mit der Mittleren Reife ab. Sich selbst bezeichnete Mann als "verkommenen Gymnasiasten".
Der erste Kanzler des deutschen Reichs, Otto von Bismarck, blieb sitzen. Ebenso TV-Moderator Harald Schmitt, Thomas Gottschalk und Johannes B. Kerner.

Ex-Außenminister Joschka Fischer verließ das Gymnasium in der zehnten Klasse ohne Abschluss. Unser langjähriger Ministerpräsident Edmund Stoiber scheiterte in der siebten Klasse an Latein, weil er lieber Fußball spielte. Ex-Bundespräsident Christian Wulff blieb in der Zehnten kleben. Und auch viele Bildungspolitiker drehten Ehrenrunden.