"Ich finde, das Vorgehen der KVB ist kriminell", sagt Georg Knoblach, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Bamberg. Er meint das in zweifacher Hinsicht: Zum einen, Druck auf Reisch auszuüben. Zum anderen, die Mitarbeiter nicht durch die nötigen Maßnahmen zu schützen, das sei ein Verstoß gegen Arbeitsrecht. "Das ganze System krankt daran, dass die KVB die Masse der Verdachtsfälle gar nicht abfahren kann und nicht genug Schutzausrüstung zur Verfügung hat", schätzt Knoblach. So komme es immer wieder zu Schlampigkeiten. Er habe etwa Beschwerden aus den Labors gehört, dass teilweise die Beschriftungen der Proben nicht lesbar seien.
KVB dementiert
Die KVB dementiert auf Nachfrage alle Vorwürfe. "Testungen werden nur dann durchgeführt, wenn die nach RKI-Ablaufschema erforderliche Schutzausrüstung den Ärzten im Fahrdienst zur Verfügung steht", teilt KVB-Sprecher Axel Heise mit. "Aktuell sind alle im Einsatz befindlichen Fahrzeuge des KVB-Bereitschaftsdienstes entsprechend ausgestattet."
Nachgehakt, ob "aktuell" bedeute, dass es einmal anders war, antwortet Heise: "Sollte kurzfristig bei einem Fahrzeug die Schutzausstattung nicht vorhanden sein, dann wird dieses auch nicht zu einem Corona-Verdachtsfall gesendet." Auf die Frage nach dem Umgang mit Fahrer Reisch lautet die Antwort: "Wenn jemand nicht fahren will, muss er nicht fahren. Wir üben vonseiten der KVB keinen Druck aus, weder auf den von uns beauftragten Fahrdienstleister und schon gar nicht auf einzelne Fahrer."
Anlaufstellen
Reisch und Knoblach halten die bayerische Praxis der Hausbesuche für Corona-Tests nicht für geeignet: Zu viel knappe Schutzkleidung würde verbraucht, zu groß sei die Gefahr für Ärzte und Fahrer. Anlaufstellen seien generell die bessere Wahl. Noch in dieser Woche soll eine in Bamberg kommen, wo man auch das baden-württembergische Modell der "Corona-Drive-Ins" übernehmen wolle - Verdachtsfälle also mit dem Auto an eine Station fahren und dort den Abstrich, der in einem geschützten Becher bereitsteht, selbst vornehmen können. Oder eben eine Anlaufstation, wie sie in Scheßlitz erfolgreich betrieben werde. "So kann vermieden werden, dass die Verdachtspatienten untereinander in Kontakt kommen", erklärt Knoblach.
Doch die KVB weigere sich, Anlaufstellen zu unterstützen. Stattdessen werden die Stationen in unserer Region laut Knoblach von der gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft des Landkreises (GKG) und der Sozialstiftung Bamberg (SSB) finanziert. "Die stehen in Konkurrenz, das ist nicht selbstverständlich." Knoblach appelliert: "Es ist wichtig, dass die KVB jetzt nicht mehr fährt, sondern bayernweit Anlaufstellen unterstützt."
Laut KVB-Sprecher Heise befinde man sich hierzu in Gesprächen. "Unsere Bedenken bezüglich Testzentren bestehen in einem Punkt: Aufgrund der Erfahrungen in anderen Bundesländern fürchten wir, dass Menschen ungesteuert in die Testzentren kommen könnten. Wer sich dort testen lassen darf, muss vorher unbedingt geklärt werden. Nur so lässt sich eine Vermischung von Infizierten und gesunden Patienten, die vielleicht einfach nur verunsichert sind, vermeiden."
Fahrer Reisch habe sich vor allem an den Fränkischen Tag gewandt, weil es ihm um die Sicherheit gehe: "Der Virus verbreitet sich auch deshalb so schnell, weil aus monetären Gründen geschlampt wird." Er wolle keine Panik verbreiten, Corona sei eher harmlos. "Aber wenn es nicht gelingt, die Infrastruktur zu schaffen, um das einzudämmen - wie wird es dann, wenn wir mal mit Ebola kämpfen müssen? Dann haben wir ein riesiges Problem!"