Wettlauf um die Stühle von der Gartenschau

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Helmut Schaad hat sich "ein Stück Bamberg" gekauft. Bank und Stühle, die er häufig auch mit Enkelsohn Hannes auf der Gartenschau nutzte, gehören nach dem Ende der Gartenschau ihm. Sämtliche Möbel und Sitzsäcke haben zwischenzeitlich einen Abnehmer gefunden. Foto: Ronald Rinklef
Helmut Schaad hat  sich "ein Stück Bamberg" gekauft. Bank und Stühle, die er häufig auch  mit Enkelsohn Hannes  auf der Gartenschau nutzte, gehören nach dem Ende der Gartenschau ihm.     Sämtliche Möbel und Sitzsäcke haben zwischenzeitlich einen Abnehmer gefunden.   Foto: Ronald Rinklef
Der Mann, der Stühle und Sitzsäcke spendierte: Ludwig Papritz. Foto: RR
Der Mann, der Stühle und Sitzsäcke spendierte: Ludwig Papritz.  Foto:  RR
 
Gartenschau-Sport: Stuhlgang
Gartenschau-Sport: Stuhlgang
 
Vor der Hauptbühne Fotos: Gründel (2)
Vor der Hauptbühne   Fotos: Gründel  (2)
 

Nie gab es mehr Publikum für Sitzmöbel als auf dem Gartenschaugelände. Die Frage ist, was geschieht mit den bunten Erba-Accessoires nach dem 7. Oktober, wenn das Stühlerücken ein Ende hat?

Selten hat das Lümmeln solchen Spaß gemacht. Auf einem farbigen Sitzsack hingebreitet den Sonnenuntergang auf der Faltenwiese genießen - Tausende von Bambergern haben dies auf der Gartenschau Abend für Abend zelebriert.

Wem sie das eindrückliche Sitzerlebnis verdanken, wird dabei den wenigstens bewusst gewesen sein. Es ist Ludwig Papritz, Mitinhaber des Mohrenhauses an der Oberen Brücke, gewissermaßen der Herr der Gaustadter Gemütlichkeit, oberster Sesselspender der Landesgartenschau.

Was der frühere Steuerberater bei seinen ersten Plänen für die Möblierung eines Landschaftsparks nicht ahnen konnte. Das Heer der bunt lackierten Sessel, Stühle, so genannten Launchers, wie die lässig nach hinten gekippten Sitze genannt werden, avancierte bald zu einer Art Markenzeichen für die welligen Grünflächen der Erba-Halbinsel. Es wurde ein Sommer der Sitzsäcke und der Stuhlträger, wie ihn Bamberg wohl nicht mehr erleben wird: Kein Weg war zu weit, kein Hügel zu steil, um die Sitzgelegenheiten von einem Ende der Gartenschau an das andere zu schleppen.

Besonders fleißig waren die Fans von Wolfgang Buck, wie ein Augenzeuge berichtet. Schon Stunden vor dem Konzert konnte man einen Stuhlgang riesigen Ausmaßes beobachten. Sämtliche 200 Alu-Fauteuils wanderten in der Hand von Besitzern auf Zeit nach vorne zur rund 150 Meter entfernten Bühne. Am nächsten Morgen fand das allgemeine Stühlerücken unter umgekehrten Vorzeichen statt. Die Servicekräfte hatten alle Mühe, die alte Ordnung wiederherzustellen.

Ein Stuhl ist ein Stuhl und ein Sitzsack ist ein Sitzsack. Nicht mehr. Dennoch liebt Papritz die Möbel des Französischen Stuhlherstellers Fermob: "23 Farben, pulverbeschichtet, unverwüstlich", schwärmt der Geschäftsmann, der seine Möbel ebenso wie die Fatboy-Sitzsäcke für das Großereignis kostenlos zur Verfügung stellte.

Offensichtlich hat sich diese Form von Besessenheit auf das Bamberger Publikum übertragen. Kaum hatte sich herumgesprochen, dass die Gartenschau-Möbel im Oktober verkauft werden sollten, hagelte es Stuhl-Reservierungen in Papritz neuer Dependance am Laubanger. Ein Wettlauf nach den original Sitzsäcken und Alumöbeln setzte ein. Wenige Wochen später wurden sogar die Wartelisten geschlossen: "Ich hätte die Stühle fünf Mal verkaufen können. Wir haben nichts mehr."

Kann es nur am Preis liegen, dass die Bamberger neuerdings wild auf bunte Alu-Möbel sind? Das Mohrenhaus hat die gebrauchten Gartenschau-Schaustücke zum halben Preis verkauft, was nicht heißt, dass sie geschenkt gewesen wären. Also muss mehr dahinter stecken.

Nehmen wir den Bamberger Helmut Schaad, einen Dauerkartenbesitzer, der in der Mayerschen Gärtnerei wohnt. Dass die Stühle trotz ihrer freundlichen Farbgebung viel aushalten, hat der Schuhtechniker gewissermaßen selbst erfahren: Beinahe jeden zweiten Abend verbrachte er mit seiner Familie auf dem Erba-Gelände - beim Picknick oder bei einer der vielen Veranstaltungen. Eine pinkfarbene Bank, ein türkisfarbiger und ein grüner Stuhl für über 200 Euro werden künftig in seinem Garten stehen und an ein außergewöhnliches Jahr erinnern: "Das ist für mich ein Stück Bamberg."