282 000 Euro sollten die zwölf Anlieger der Kellerstraße in Debring für deren Ausbau zahlen. 2012 wehrte sich einer und bekam vor Gericht Recht. Jetzt ein Zweiter. Die Folge: Die anderen zehn anderen müssten diesen Anteil mit bezahlen. Das will der Gemeinde- rat nicht.
Der Zweite Bürgermeister rotiert: Bernd Fricke springt von Telefon zu Telefon. Die hohe Urlauber- und Krankenrate legt die Stegauracher Gemeinde-Verwaltung beinahe lahm. Und das gerade heute, am Tag nach der Sitzung, in der das Thema Kellerstraße ordentlich für Zündstoff gesorgt hat. Mal wieder.
Seit Jahren schon sorgt der Ausbau der etwa 360 Meter langen Straße und die damit zusammenhängenden hohen Kosten von über 300 000 Euro bei nur zwölf Anliegern für Aufregung. Denn für die einzelnen Anwohner fallen enorme Summen - im fünfstelligen Bereich - an.
Dies untere anderem auch deswegen, weil das größte Grundstück, das so genannte Sparkassengrundstück, das Investor Bernhard Bröckelmann vor fünf Jahren erworben hatte, nach einem Gerichtsurteil nicht heranzogen wird. Ein gravierender Knackpunkt, wie Zweiter Bürgermeister Fricke deutlich macht.
Bröckelmann hatte beim Bayerischen Verwaltungsgericht gegen die Beitragsvorauszahlung geklagt. Mit Erfolg. Aber der Gemeinderat habe davon erst erfahren, als das Urteil nicht mehr anzufechten war. Fricke macht deswegen den damaligen Verantwortlichen große Vorwürfe. "Das hätten wir wissen müssen." Dann wäre man wohl nicht in der misslichen Lage wie jetzt.
Denn Uwe Mummer, mit seinem Immobilien-Partner weiterer Anlieger mit dem größten Grundstück, legte nun seinerseits Klage gegen die Heranziehung zu den Ausbaubeiträgen an. Er hat eine Summe von 56 000 Euro (!) zahlen müssen.
Gleich argumentiert Das Gericht argumentierte im Fall Mummer wie bei Bröckelmann: Zwischen dem oberen Teil der Kellerstraße und dem darunter liegenden befindet sich ein Grünstreifen.
Weil der sich ohne Unterbrechung durchzieht, ist eine Erschließung der darunter liegenden Grundstücke via Kellerstraße nicht gegeben, ist vereinfacht dargestellt die Auffassung des Gerichts.
Gut für Mummer, schlecht für die übrigen zehn Eigentümer der restlichen elf Grundstücke. "Eine Bombe" , wie Fricke diesen Sachverhalt nennt. In der Gemeinderatssitzung wurde nun das Urteil des Verwaltungsgerichts bekannt gegeben und auch die Stellungnahme des gemeindlichen Anwalts verlesen. Bereits im Vorfeld, so Fricke, habe man sich bei der Rechtsaufsicht nach weiteren Möglichkeiten erkundigt. Am liebsten wäre es dem derzeit im Urlaub befindlichen Ersten Bürgermeister Thilo Wagner und ihm gewesen, wenn man Mummers immensen Beitrag einfach hätte niederschlagen, das heißt dessen Umlegung auf die restlichen Anlieger vermeiden können.
Daran wäre die Gemeinde hängen geblieben.
Aber Derartiges gibt das Satzungsrecht nicht vor.
So hatte der Gemeinderat letztlich laut Fricke "nur die Wahl zwischen Pest und Cholera": Das heißt entweder müssen die Anlieger auch noch die zusätzlichen 56 000 Euro schultern.Wie Fricke dazu einigermaßen geschockt anmerkt, würden sich die Beitragshöhen zwischen 12 000 und 67 000 Euro bewegen. Die Cholera bedeutet, dass es bei Mummers 56 000 Euro bleibt.
Keine leichte Entscheidung Das Gremium machte sich die Entscheidung nicht leicht, wie das 12:7 Votum zugunsten der "Pest" zeigt. Fricke ließ das Thema - "der Transparenz wegen" - kurzfristig öffentlich behandeln, weshalb es nicht auf der Tagesordnung gestanden hatte und damit auch keine Kellerstraßen-Anlieger auf den Besucherplätzen saßen.
Die Zeit drängt, denn übermorgen, also am 26. Oktober, läuft die Widerspruchsfrist gegen das Mummer-Urteil ab. Bis zuletzt habe man wie gesagt nach Lösungen für Mummer und die anderen Anlieger gesucht, macht Fricke dazu deutlich.
Antrag auf Berufung Nun wird also ein Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht gestellt. Wird diesem stattgegeben, geht die Sache weiter ans Oberverwaltungsgericht. Auch hier drängt die Zeit, macht Fricke deutlich. Denn 2016 verjähren die Bescheide.
Der Zweite Bürgermeister macht keinen Hehl aus seinem Unmut über die insgesamt äußerst unangenehme Angelegenheit: "So eine Situation hätte erst gar nicht entstehen dürfen." Aufgabe der damaligen Verantwortlichen wäre es gewesen, so eine Situation mit für die Bürger Unzumutbarem von vorne herein zu vermeiden.
Diese Ansicht kann Uwe Mummer
absolut teilen. Allerdings hat er kein Verständnis für das nun beschlossene Vorgehen. Er sieht sich nach wie vor im Recht. "Wir hatten und haben keine Erschließung über die Kellerstraße, das ist wegen der Hangsituation gar nicht möglich." Er ist auch enttäuscht. Seit vier Jahren kämpfe er in Sachen Kellerstraße. Man zwinge ihn und seinen Miteigentümer Gunther Heinlein letztlich mit juristischen Spitzfindigkeiten in ein weiteres Verfahren - "obwohl wir ein rechtskräftiges Urteil haben." Sollte es ein weiteres Verfahren geben und Mummer unterliegen, sind etliche weitere tausend Euro zu bezahlen. "Der Schaden ist gigantisch." Den Ausbaubeitrag in der Höhe von 57 000 Euro haben er und Heinlein übrigens bereits gezahlt, stellt Mummer fest.
Er verweist auf einen anderen Aspekt: Obwohl sie mehr zahlen müssten, wenn es bei dem Urteil bleiben sollte, stehen einige Anlieger durchaus hinter ihm.
Treffen im Oktober Im Oktober, so Fricke, soll eine erneute Zusammenkunft mit den Anliegern der Kellerstraße stattfinden, um über die jüngste Entwicklung zu sprechen.
Was ist denn das für ein Bürgermeister, der solche Rechtsansichten vertritt? Der sollte sein Amt abgeben, wenn er nicht gesetzeskonform führen will. Ob die Gemeinde es wusste oder nicht, dass eine Klage beim Verwaltungsgericht lief, ist doch wurscht. Die Bescheide sind aufgehoben worden, die Gemeinde hat nicht recht bekommen.
Den in Rede stehenden Betrag einfach niederzuschlagen, grenzt an Betrug. Er hätte vorsätzlich gegen gemeindliches Satzungsrecht verstoßen. Wegen der Betrugsabsicht gehören beide Bürgermeister eingekastelt.
Der Verfahrensablauf der Sitzung ist mit der Gemeindeordnung nicht on Einklang zu bringen. Die Rechtsaufsichtsbehörde soll diesen Menschen sofort vom Dienst entfernen, bevor er weiteren Unfug anstellt.
In der Vergangenheit stolperten Bürgermeister und Gemeinderäte von einem Fehlverhalten ins andere. In neuer Besetzung ist das Gremium nicht besser, sondern eher schlechter. Gute Nacht!