"Allmächd!" Franken dürften schmunzeln. Und allen Nordlichtern bietet der aktuelle Schimpf- und Redensart-Kalender von ars vivendi Möglichkeiten, um dübbisch Fränggisch Dampf abzulassen. Hier eine Leseprobe und eine Umfrage unter Bamberger Autoren , die ihre Lieblingsausdrücke verrieten.
Rund um den Globus schimpft, flucht, wettert und pöbelt der Homo sapiens. Er zetert, was das Zeug hält, und ist dabei mehr ("Teilzeitneurotiker") oder weniger originell ("Lügenpresse"). Als Patrioten blasen wir unliebsamen Zeitgenossen natürlich am liebsten dübbisch Fränggisch den Marsch, was jenseits des Bratwurstäquators nur kaum zu verstehen ist. Glücklicherweise gibt's Übersetzungshilfen wie "Allmächd!", den alle Jahre wieder erscheinenden "Schimpf- und Redensart-Kalender", der Fachtermini erläutert. Wobei das Sammelsurium aus mittelfränkischen Frotzeleien auch Ober- und Unterfranken neue Munition für Verbalattacken liefert.
Üble Satansbraten
Schon mal von "Knobbern" gehört? Nein? Dabei leiden Sie als Elternteil, Lehrer oder Erzieher möglicherweise unter Satansbraten, denen man diesen Stempel verpassen sollte.
"Kinder, die einem mit ihrer starrköpfigen und oft gemeinen Art derart auf den Senkel gehen, dass man sie am liebsten auf den Mond schießen würde", heißt's in der Erklärung der beiden Autoren des Kalenders: Frank N. Wirth und Stefan Imhof, die den Begriff für die übelsten Exemplare sogar noch steigern: zu Ruuds leffl und Gifdniegel.
Schön geschimpft! Bleiben wir gleich bei den "Kurzen", um uns nun allerdings Erwachsenen zuzuwenden, die als "Aufgschdelldä Mausdreeg" (hochdeutsch "aufgesteller Mäusekot") ihr Leben fristen: "Menschen also von geringer Körpergröße, die mit übertriebenem Imponiergehabe Eindruck schinden wollen", wie der Kalender erläutert.
Fränkische Korinthenkacker
Üble Zeitgenossen sind auch "Dibferlasscheißer", die man im Norden der Republik als "Korinthenkacker" fürchtet.
Ein Typus, den die Autoren als Pedanten klassifizieren, der sich "ständig wegen angeblicher Fehler oder Unkorrektheiten anderer mokiert".
Dem "Hitzblootz" widmen sich die Kalendermacher, um Lesern damit jedoch keine weitere Munition für Verbalattacken zu liefern. So beschreibt der Begriff die fränkische Version des Elsässer Flammkuchens, die einem auf andere Weise übel aufstoßen könnte
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Weiter geht's mit heimischen Begriffen, Sprüchen und Schimpfwörtern. "Denn fränkische Redensart ist fränkische Lebensart, getreu dem Motto: Der Frangge sachd, wos er denggd", sinnieren die "Allmächd!"-Autoren. Und loben auch an anderer Stelle Stärken des Homo franconius: "Immer wieder erfrischend ist sie, diese seltene Fähigkeit der Franken, eine elende Situation noch um Trostlosigkeit zu bereichern."
Beleidigung eines Geistlichen
Indes gehen
Lästereien im Informationszeitalter kaum mehr in die Geschichte ein - egal, wie gekonnt man heute schimpft, flucht und wütet. Weshalb wir unseren Hut vor jener Bamberger Gärtnersfrau ziehen, deren verbale Entgleisung aus dem Jahr 1454 noch immer zitiert wird: Agnes Schwanfelder. Einem Geistlichen schleuderte die Schwertgoschn die wüste Beleidigung entgegen "Er solle sie im arse lecken" . Womit die Bambergerin zur eigentlichen Erfinderin des Ausdrucks wurde, den viele Goethes "Götz von Berlichingen" zuschreiben. Mit einem Straßennamen wurde die Meisterin der deutlichen Worte über ein halbes Jahrtausend nach ihrem Tod in der Domstadt geehrt. Während man sie heute wegen eines solchen Ausrasters wohl ordentlich zur Kasse bitten würde: So berappten Missetäter, die im Straßenverkehr als größtem modernen Stressfaktor ausrasteten, schon 1900 Euro für "Schlampe", 2500 Euro für "Alte Sau", 1000 Euro für die
Scheibenwischer-Geste und ganze 4000 Euro für 'ne Stinkefinger-Attacke.
Die Lieblingsausdrücke von Bambergern
"Dreggsagg": Die Schreibera, Mundartautorin
"Fregger": Martin Neubauer, Theaterleiter
"Hollämöffl": Rettl Motschenbacher, Mundartautorin
"Einer meiner Lieblingsausdrücke ist Hobb-Schälln. Witzig auch: Hundsfregga. So schimpfte mich meine Oma, wenn ich ihr als Bub Eis aus'm Schlachthof holen sollte (sie hatte keinen Kühlschrank) und ewig wegblieb. Wenn der Schlachter bei ner Kuh das Bolzenschussgerät ansetzte, mussten wir Buben eben unbedingt zusehen."
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