Das "Theater Wildwuchs" inszeniert mit den "shORTHStories" drei Dramolette von Markus Orths.
"Einen der interessantesten Schriftsteller der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur" nennt der Deutschlandfunk den 1969 geborenen Markus Orths. Dieser Meinung ist offenbar auch Andrea Bartl, Professorin für neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Bamberger Universität. So lud sie den vielseitigen Autor ein, dieses Jahr die Poetikprofessur wahrzunehmen. Drei Vorträge hat Orths bereits gehalten, ein vierter, letzter, folgt am Donnerstagabend.
Der Schriftsteller ist in vielen literarischen Genres zuhause, vom fantastischen oder auch satirischen Roman ("Lehrerzimmer") über Erzählungen, die zwischen Realismus und Groteske schwanken, bis zum Kinderbuch. Und auch Texte fürs Theater zählen zum Œuvre des vielfach ausgezeichneten Literaten. Drei dieser Dramolette nahm sich das "Theater Wildwuchs" an, das neben dem "Theater Spielwerk" und dem "Theater im Gärtnerviertel" die freie Szene der Stadt bildet - mit zum Teil personellen Überschneidungen. Dass diese Gruppen auch mit beschränkten Mitteln auf professionellem Niveau arbeiten, zeigte die Premiere der "shORTHStories" am Dienstag.
Stimmiges Trio
Zwar wirkt das modische Großbuchstaben-Wortspiel bemüht, jedoch: Die Drei von "Wildwuchs" - Johannes Haußner, Christoph Wehr und Frederic Heisig - wurden in wechselnden Konstellationen den kurzen Szenen Markus Orths gerecht. Je zwei spielten, einer führte Regie, eine Erzählerstimme kam auch einmal vom Band, als Hintergrund dienten sinistre Videobilder architektonischer Einöden, die an die "Wildwuchs"-Inszenierung von Kathrin Rögglas - "Junk Space" - vergangenes Jahr im Parkhaus erinnerten.
Der Inhalt der dramatischen Trilogie: Man könnte sagen Entfremdung, Kommunikationsprobleme, Diskurse über Normalität und Abweichung, (geistige) Gesundheit und Krankheit.
Das wird deutlich in der ersten Szene "Die Stimme", als ein Mann (Johannes Haußner) mit Maske auf einen schweigenden Psychiater (Christoph Wehr) mit Maske trifft und vor diesem so etwas wie eine Lebensbeichte ablegt - seine Stimme wiederum kommt aus dem Off. Ein Selfmademan hat in einem Akt der Selbstzerstörung seine Existenz zertrümmert; eine Stimme befahl es ihm. Warum? Um der "Klebrigkeit des Wohlbefindens" zu entkommen: "Nur des Glücks wegen leben kann nicht alles sein." Nun, da Herr Woll "wieder unten" ist, kann er neu beginnen.
Ist dieser erste Teil noch zugänglich, erfordern die beiden nächsten mehr Interpretationsanstrengungen. In "Von einem, der aufhört" läuft Christoph Wehr als "Der Alte" zu großer Form auf (Frederic Heisig als Erzähler überzeugt auch). Es geht um die Schmerzen des Alltagslebens, um Wahrheit und Lüge, Versuche der Kommunikation und der Abwehr.
Was im dritten Teil, "Kleine Welt", schließlich kulminiert. Zwei Insassen einer Anstalt haben sich hier aus sozialen Zusammenhängen zurückgezogen, die kleine Welt zu einem "untrennbaren Klumpen" geschmolzen.
Esprit und Leidenschaft
Grotesken sind dies, die manchmal an die kleine Prosa Franz Kafkas erinnern, umgesetzt vom "Theater Wildwuchs" mit Esprit und Leidenschaft. Durchaus mit hintergründigem Humor, den das vorwiegend studentische Publikum auch registrierte. Ein interessanter Abend, der neugierig machte auf das umfangreiche Werk des Markus Orths.
Termine Die "shORTHStories" sind noch zu sehen am Freitag, 13. Juli, um 20 Uhr in den Haas-Sälen, anschließend Publikumsgespräch mit Markus Orths, dann Avantpop.
Karten gibt es im Collibri, beim BVD und an der Abendkasse. Markus Orths hält seine letzte Poetikvorlesung am Donnerstag, 12. Juli, um 20.15 Uhr im Hörsaal U2/00.25, Eintritt frei.