Zum "Girls' Day" am 27. April schnuppern Mädchen in eher männertypisch Berufe. Doch wie wirkt sich dieser Orientierungstag auf die Entscheidung aus?
Wer die Zahlen nüchtern betrachtet, mag sich zunächst einmal fragen: Was bringt ein Projekt wie der jährliche "Girls' Day", wenn sich an den Top-Ausbildungsberufen kaum etwas ändert?
"Es kann auch helfen zu wissen, was man nicht will", sagt Eveline Armer. Doch die Teamleiterin Berufsorientierung bei der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg fügt direkt hinzu: "Es gibt sehr wohl immer wieder Teilnehmerinnen, die positiv überrascht sind und zum Beispiel eine Ausbildung zur Mechatronikerin anfangen." Heutzutage würden sich deutlich mehr Mädchen dafür entscheiden als noch vor 20 Jahren.
An den "Top 10" der beliebtesten Ausbildungsberufe hat sich in den vergangenen sieben Jahren gleichwohl nichts geändert, wie die Fachfrau mit Blick auf die Statistik erläutert (siehe Grafik). Die "Mädels" entscheiden sich laut Armer eher traditionell für kaufmännische Berufe, bei den Jungs sind neben den Klassikern wie Mechaniker oder Mechatroniker mittlerweile auch Verkäufer oder Einzelhandelskaufmänner zu finden.
"Fast 60 Prozent der Mädchen und 40 Prozent der Jungen konzentrieren sich auf die Top-10-Berufe", lautet eine Überschrift in Armers Präsentation.
Doch warum ist das so? Aus Erfahrung weiß die Teamleiterin Berufsorientierung, dass Jugendliche bei der Jobwahl häufig vorgeprägt sind. Von Freunden, Verwandten, dem eigenen Elternhaus. "Es lohnt sich, sich auch mal über Alternativen Gedanken zu machen", sagt Armer.
Genau eine solche Möglichkeit biete etwa der "Girls' Day". Auch Unternehmen selbst könnten mit gezielter Werbung Interesse bei Auszubildenden wecken. Hinzu kommen etliche Informationsangebote zur Berufswahl, ob online, vor Ort bei der Agentur für Arbeit, an Schulen oder bei anderen Stellen.
Flut an Informationen
"Manchmal wissen die Jugendlichen allerdings vor lauter Informationsangeboten nicht, wie sie sich entscheiden sollen", sagt Eveline Armer. Ihr Tipp: Zunächst sollten sich die jungen Menschen "breit aufstellen und auch mit Berufen beschäftigen, an die sie im ersten Moment nicht denken". Man möge den Fokus erweitern, "schließlich haben wir über 500 Ausbildungsberufe". Erst dann geht es ans Auswählen und Entscheiden. Dabei haben Jugendliche heutzutage häufig einen Vorteil: "Sie können wählerischer werden. In vielen Berufen gibt es mehr Stellen als Bewerber", sagt Armer. Massiv zeigt sich das etwa in der Baubranche. Im Agenturbereich Bamberg-Coburg stehen 453 offene Stellen gerade einmal 141 Bewerbern gegenüber.
Es geht aber auch umgekehrt: So gibt es für einen Job im Büro alleine 911 Bewerber, freie Stellen jedoch nur 713. Es sind die aktuellen Zahlen.
Armer hat noch eine weitere Nachricht am Rande: Die Hoffnungen, die in das achtstufige Gymnasium "G 8" gesetzt worden seien, nämlich den früheren Einstieg von Jugendlichen ins Berufsleben, haben diese in vielen Fällen für sich selbst anders ausgelegt. "Die jungen Menschen haben zum Beispiel ein zusätzliches Überbrückungsjahr zur Orientierung angehängt."
Da ist sie wieder, die "Orientierung". Genau dabei sollen der "Girls' Day" oder "Boys' Day" helfen. "Es macht Sinn, um Mädchen in Männerberufen und umgekehrt zu anzuwerben."
Kommentar der Redakteurin: Orientierung muss sein
W as will ich mal werden? Eine Frage, die im Kindesalter häufig mit Träumereien verbunden ist, wird für Heranwachsende zur ernsthaften Entscheidung. Lieber etwas Konventionelles, mit dem andere auch schon gute Erfahrungen gemacht haben? Oder sich auf unbekanntes Terrain wagen und vielleicht feststellen, dass man sich in einer ganz anderen Sparte gut aufgehoben fühlt? Wichtig ist, den potenziellen neuen Job zu testen. Der "Girls' Day" kann eine Orientierungshilfe sein, doch ein Praktikum oder Ähnliches im favorisierten Beruf muss folgen. Denn ein einziger Tag genügt nicht, um einen Beruf wirklich kennenzulernen.