Steinwiesen im Landkreis Kronach, Nürnberg, Wunsiedel: Kai D., der mutmaßliche verdeckte Ermittler (V-Mann) des Bayerischen Verfassungsschutzes im Umfeld der Thüringer Neonazi-Mordzelle NSU, hat im Internet so viele Spuren hinterlassen, dass man sich fragen muss, wie er so lange "verdeckt" bleiben konnte.
Der Verfassungsausschuss des Landtags, der sich mit der Frage beschäftigt, was bayerische Behörden von den Umtrieben des NSU gewusst haben, sucht einen neuen Namen: "Fassungslosigkeitsausschuss müssten wir heißen", sagt ein Politiker aus dem Kreis der Ausschussmitglieder unserer Zeitung. Die Politiker sehen ihren Auftrag gefährdet.
"Wie sollen wir zu einer Bewertung der Vorgänge kommen, wenn uns Informationen vorenthalten werden", drückt sich der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) offiziell recht diplomatisch aus, findet aber im Hintergrundgespräch deutliche Worte. Von "Lügen" will er nicht reden, was die Aussagen führender Ermittler vor dem Ausschuss angeht. "Aber doch von einem bisweilen eigenartigen Umgang mit der Wahrheit."
Die Meinung der Politiker ist eine Seite, die der Ermittler eine andere. Von Verfassungsschutz und Landeskriminalamt gibt es nach wie vor keine offizielle Bestätigung der seit Tagen kursierenden Medienberichte über den "fränkischen V-Mann" im NSU; andererseits versteht man in Ermittlerkreisen die Aufregung der Politiker nicht.
Verdeckt ist verdeckt "Ein verdeckter Ermittler heißt ja eben deshalb verdeckt, weil sein Name nicht in der Zeitung steht", sagt ein Insider, der sehr über die Tätigkeit der früheren Sonderkommission "Döner" in Nürnberg weiß. Die Polizei war zunächst davon ausgegangen, dass es sich um Gewalttaten im türkischen Drogenmilieu handelte. Hätten die Behörden nicht schon früher sehr viel mehr wissen müssen? Bis zu 14 000 Telefonanschlüsse hatten die Ermittler angezapft (unter anderem in Nürnberg) und 20 Millionen Datensätze gespeichert. Die Zahlen gab das Bundesinnenministerium am Freitag bekannt.
Ein wichtiges Thema in den nächsten Sitzungen des Untersuchungsausschusses wird die Rolle von Kai D. sein. Der heute 48-Jährige war bis Ende der 90er Jahre in der rechten Szene Thüringens als V-Mann aktiv. Aktiv im buchstäblichen Sinn, denn D. organisierte unter anderem Gedenkveranstaltungen für Rudolf Heß in Wunsiedel und gilt als Verfasser von"Todeslisten", mit denen Rechtsextreme bürgerliche Politiker einzuschüchtern versuchten. D. kannte auch die Drahtzieher des "Nationalsozialistischen Untergrunds" in Thüringen. Als V-Mann stieg D. aber wohl schon vor der Mordserie des Erfurter Trios aus.
Möglicherweise geriet er sogar selbst in die Schusslinie. In einem Leserbrief an den "Spiegel" deutete D. 1997 an, dass er um sein Leben fürchtet.
Wenn man sich die "Staatsquote" anschaut, wonach mittlerweile mindestens 40 der 140 Personen im Umfeld der "NSU" V-Leute waren, wird einem richtig übel.
Es drängen sich Parallelen zur RAF auf. Hier wird wird auch immer deutlicher, das diese in wesentlichen Teilen staatlich (diesmal vom "anderen deutschen Staat") unterstützt wurden.
Das ging soweit, dass beim Mord am Studenten Benno Ohnesorg, nicht nur der "Polizist" ein Stasi-Spitzel (und SED-Mitglied) war, sondern auch (einer) der 'Ersthelfer". Ein Schelm der schlimmes dabei denkt. Für Wen die mutmaßliche Buback-Mörderin Verena Becker arbeitete, ist ja immer noch nicht geklärt. Die Akten werden erst 2041 freigegeben.
Das schlimme dabei. Dei Westdeutschen Behörden und Geheimdienste wussten schon frühzeitig, das die Terroristen über die Grenzzugänge in die DDR ein und ausgingen - und selbstverständlich wusste die STASI ,das der BND und BVS das wusste...
(Nachzulesen bei http://www.amazon.de/Terrorismus-L%C3%BCgen-Wie-Stasi-Untergrund-agierte/dp/3776626984 )
Das lässt schlimmes vermuten. Auch dass die Umstände um die gehimnisvolle NSU wohl nicht aufgeklärt werden.
Sowohl darüber, das es Anzeichen dafür gibt, das die beiden "Terroristen" wohl keinen Selbstmord verübten, als auch das die einzigen Indizien, das sie überhaupt für die "Türkenmorde" verantwortlich sind, die Tatwaffe ist, die "verschmort" gefunden wurde und ein höchst dubioses Bekennervideo ohne Bekenner (aber mit Paulchen Panther) ,das zuerst in linksextremen Kreisen aufgetaucht ist.
Die "Terrorzelle" wird wohl in die Geschichte eingehen: Die allerersten Terroristen weltweit, die ohne politische Bekennerbotschaft agierten.
Es wäre doch zu schön, wenn sich wenigstens Zeitungsredakteure im Hinblick auf den Umgang mit feststehenden Begriffen etwas von der in der Allgemeinheit herrschenden Unsicherheit abheben würden.
Offenbar scheint man aber auch hier keine Ahnung zu haben, von was man eigentlich redet oder schreibt.
So handelt es sich bei einem "Verdeckten Ermittler" (VE) immer um einen Polizeibeamten, der unter einer Legende (sprich einer anderen Identität) gegen Kriminelle ermittelt. Der Einsatz von Verdeckten Ermittlern ist strafprozessual bzw. in den Polizeigesetzen genau geregelt und an strenge Vorgaben und Anordnungen geknüpft. Die Polizeibeamten sind nach wie vor an Recht und Gesetz gebunden.
"V-Leute", also sogenannte "Vertrauenspersonen (VP)" und Informanten sind in der Regel Kriminelle, die bereits in der Szene tätig sind und aus verschiedenen Gründen mit der Polizei oder dem Verfassungsschutz zusammen arbeiten. Meist sind dies die Aussicht auf eine geringere Strafe bei eigenen Straftaten in der Vergangenheit, oder auch finanzielle Interessen. Letzgenannte scheint aber hauptsächlich der Verfassungsschutz zu bedienen.
Der Einsatz sogenannter V-Leute ist hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben an weit weniger Restriktionen gebunden als der von Verdeckten Ermittlern, es bestehen hauptsächlich interne Vorgaben, die sich im wesentlichen aus der aktuellen Rechtssprechung ergeben. V-Leute dürfen zwar keine Straftaten begehen, da sonst ihre Geheimhaltung widerrufen werden müsste, ob dies in der Praxis immer der Fall ist, sei maldahingestellt.
Also bitte: Verdeckter Ermittler = Polizist
V-Mann, VP, Vertrauensperson, Informant = (meist) Krimineller der mit der Behörde zusammen arbeitet.