Der Landkreis muss auf Weisung aus München eine Notfallunterkunft bereithalten. Diese hat das Landratsamt unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Walsdorf geplant. Viele Einwohner fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Der Landrat räumt Fehler ein.
Die geplante Errichtung einer Notunterkunft für Asylsuchende schlägt in Walsdorf hohe Wellen. In der Gemeinde im Aurachtal fühlt man sich vor allem vom Vorgehen des Landratsamtes überfahren. Das betrifft viele Bürger, aber auch die Verwaltung und den Gemeinderat. Am 21. Mai hatte Bürgermeister Heinrich Faatz (CSU) den Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung über ein Schreiben den Landratsamtes informiert, das erst wenige Tage zuvor eingegangen war. Demnach plant der Landkreis in dem seit Jahren leer stehenden Unex-Fabrikgebäude eine Notunterkunft für mindestens 100 Asylsuchende, die als Durchgangslager benötigt wird, wenn anderen Unterkünfte voll sind.
Öffentlich wurde das Thema dann eher zufällig. Am 10. Juni, einem Mittwoch, verirrte sich ein Bus mit Handwerkern auf den Betriebshof der Firma Auto-Beck in Walsdorf. Die Männer hatten den Auftrag Trockenbauwände zu errichten und waren auf der Suche nach ihrer Baustelle, der "Notfallunterkunft" für Asylsuchende. Von einer solchen Notfallunterkunft hatten jedoch weder Robert Beck noch seine Ehefrau Kunigunde bis zu diesem Zeitpunkt irgendetwas gehört, und scheinbar auch sonst niemand in der Gemeinde.
Kalb entschuldigt sich Inzwischen hat eine erste Bürgerversammlung stattgefunden, eine zweite ist für den 2. Juli geplant. Auch war Landrat Johann Kalb (CSU) in der vergangenen Woche selbst im Rathaus, um sich den kritischen Fragen der Gemeindespitze und einiger geladener Anwohner zu stellen. Dabei räumte Kalb auch Fehler in der Kommunikation ein. "So ist es bedauerlicherweise in Walsdorf geschehen. Ich habe mich dafür bei Bürgermeister Faatz entschuldigt", teilt er infranken.de auf Anfrage mit.
Wie Faatz, sein Stellvertreter Werner Auer (Freie Liste) und Geschäftsleiter Andreas Geck anschließend berichteten ist inzwischen auch das Missverständnis geklärt, dass es sich um ein Aufnahmelager handle. Vielmehr sei eine Notunterkunft geplant, in der rund 100 Flüchtlinge kurzfristig unterkommen können. Es sei auch die Rede von etwa 50 Dauerplätzen. Ein Bauantrag liege aber noch nicht vor.
Seit dem vergangenen Jahr gilt im Landkreis Bamberg eigentlich das Prinzip der "dezentralen Unterbringung". So wurde bislang auch nur nach Immobilien mit bis zu 50 Plätzen gesucht. "Das Landratsamt hat sehr gute Erfahrungen damit gemacht und wird deshalb daran auch festhalten", stellt Landrat Kalb nun klar. Davon zu unterscheiden seien jedoch die sogenannten Notfallunterkünfte. Auf Grund einer Weisung Sozialministeriums sei jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt verpflichtet, über die regulären Unterkünfte hinaus, Notfallunterkünfte vorzuhalten, um für einen kurzen Zeitraum von vier bis sechs Wochen eine größere Zahl von Asylsuchenden zentral unterbringen zu können.
Skepsis bleibt "Bislang war eine solche Notunterbringung nicht notwendig", stellt Kalb fest. Dennoch: "Die Leute sind verunsichert und misstrauisch", sagt Auer. Faatz betont, man sei nicht gegen Flüchtlinge. Er verweist auf die 15 Asylbewerber, die derzeit in Walsdorf leben. So sei ein Arbeitskreis gegründet worden, um sie in das Gemeindeleben zu integrieren. "Das läuft gut", sagt Faatz. "Aber das geht nur, wenn die Leute länger da sind." Er sieht jedoch die Integrationsbemühungen gefährdet und die Gemeinde überfordert, wenn in unmittelbarer Nähe nun 100 Menschen nur für jeweils wenige Tage hier unterkommen würden. Zusammen mit den bereits vorhandenen Unterbringungsmöglichkeiten und möglichen 50 neuen Dauerplätzen käme Walsdorf auf 180 Asylsuchende. Das wären etwa zehn Prozent der Einwohner des Kernortes. "Eine Verteilung im Ort wäre besser", sagt Faatz. Unterdessen gehen die Spekulationen und Mutmaßungen in Walsdorf einstweilen weiter. So heißt es etwa, dass die Eigentümer "unter Druck gesetzt wurden, über den Verkauf der Immobilie und das Vorhaben Stillschweigen zu bewahren".
Skepsis herrscht auch gegenüber dem Investor. Von der Consulting-Firma gibt es eine Briefkastenadresse in Bamberg, aber keine Telefonnummer. Laut Eintrag ins Handelsregister ist ihr Geschäftsfeld "Der Kauf von Immobilien zur Vermietung, Sanierungsmaßnahmen im Auftrag Dritter, der Autohandel, der Betrieb von Hotels und Gastronomiebetrieben sowie der Handel mit Waren aller Art/Im- und Export".
Mitarbeit: Dieter Grams