In diesen Tagen klingeln Vertreter eines Energielieferanten an Haustüren und bringen Kunden dazu, neue Stromverträge zu unterschreiben. Viele fühlen sich überrumpelt.
Völlig verunsichert meldete sich Lydia Winter (Name von der Redaktion geändert) bei den Stadtwerken Bamberg. "Was habe ich da unterschrieben?", fragte die 59-Jährige und zeigte die Kundenkopie eines Auftrags an den Energielieferanten Eon. Ein sorgfältig ausgefüllter Vertrag über "Eon OptimalStrom24". Sorgfältig zumindest von Lydia Winters Seite: Name, Anschrift, Sepa-Lastschriftmandat mit Bankverbindung, Zählerstand bei Auftragserteilung, derzeitige Stromversorgung.
Was die Bambergerin erst später feststellte: Auf dem Formular fehlten jegliche Angaben über den Preis für das Kilowatt, über den Grundpreis für den Zähler und die Laufzeit des Vertrages. Und auf dem Dokumentationsbogen "Beratung zu Energielieferverträgen" gab es nur ein unleserliches Unterschriftengekrakel des Eon-Vertriebsmitarbeiters - ohne den vorgesehenen Eintrag des Vor- und Nachnamens in Druckbuchstaben.
Aufklärung tut Not
Der Mann habe gegenüber der Stadtwerke-Kundin gesagt, dass Eon das Stromnetz der Stadtwerke übernehmen werde, und dass Eon die Stromversorgung jetzt mache. So berichtet es René Viernekäs, Vertriebsmitarbeiter der Stadtwerke Bamberg. Für Viernekäs kam diese Falschmeldung nicht mehr überraschend. Denn in diesen Tagen häufen sich Anfragen von Kunden, die Ähnliches wie Lydia Winter erlebt haben: "Da klingeln Männer an den Haustüren und geben sich als Eon-Vertreter aus. Und die Leute lassen sie rein, ohne nach dem Dienstausweis zu fragen und lassen sich überrumpeln", weiß René Viernekäs nach Besuchen bei mehreren Kunden. Die Vertreter würden deutlich niedrigere Abschlagszahlungen in Aussicht stellen, aber verschweigen, dass "am Ende des Jahres dann die dicke Nachzahlungsrechnung kommt", so Viernekäs. Und dass sie für jeden Neuvertrag eine satte Provision bekommen.
Deutlich warnt der Stadtwerke-Mann vor diesen "Drückerkolonnen, die absolut nicht im Auftrag der Stadtwerke Bamberg unterwegs sind". Stadtwerke-Pressesprecher Jan Giersberg ergänzt unmissverständlich: "Die Stadtwerke werden nicht von Eon übernommen." Er rät dringend dazu, in solchen oben beschriebenen Fällen die Stadtwerke anzurufen und sich über die Richtigkeit oder Tatsachenbehauptungen des Vertreters an der Haustür zu erkundigen. Eine weitere Möglichkeit, Aufklärung zu bekommen, sei auch die persönliche Beratung im Servicezentrum der Stadtwerke im neuen Rathaus am ZOB - auch über die Vielfalt an Stromtarifen.
Notwendig ist ein rasches Handeln, wenn so ein dubioser Vertrag abgeschlossen wurde. Darauf macht René Viernekäs aufmerksam und führt die Widerrufsfrist von 14 Tagen bei Haustürgeschäften an.
Auch Brigitte Büttel, Leiterin der Verbraucherzentrale Bayern in Bamberg, rät innerhalb von vierzehn Tagen nach Unterschrift zu einem Widerspruch per Einschreiben. Bei ihr haben sich in den letzten Tagen ebenfalls von Eon-Vertretern überrumpelte Bamberger gemeldet: "nicht nur Senioren und Personen mit Migrationshintergrund, sondern auch jüngere", wie Brigitte Büttel sagt. Sie warnt davor, vorgelegte Verträge gleich zu unterschreiben: "Eine Nacht drüber schlafen und sich im Zweifel beraten lassen", erklärt sie.
Antwort von Eon
Stadtwerke-Sprecher Giersberg räumt ein, dass sich der eine oder andere Kunde "bewusst für einen Lieferantenwechsel entscheidet", wobei "jeder Kundenverlust schmerzt". Jan Giersberg sagt auch, dass "Eon ein seriöses Unternehmen ist, das vermutlich von der ganzen Sache in Bamberg nichts weiß".