Viele Bamberger hätten gerne die Gelbe Tonne

5 Min
Horst Hensel lebt am Sonnenplätzchen - mit dem ständigen Blick auf einen Berg Gelber Säcke. Wenn stattdessen in Bamberg die Gelbe Tonne käme, wäre das für ihn schon mal eine Verbesserung. Foto: Stefan Fößel
Horst Hensel lebt am Sonnenplätzchen - mit dem ständigen Blick auf einen Berg Gelber Säcke. Wenn stattdessen in Bamberg die Gelbe Tonne käme, wäre das für ihn schon mal eine Verbesserung. Foto: Stefan Fößel

Die Stadt möchte robustere Behältnisse für die gesammelten Leichtverpackungen. Beim dualen System in Bamberg steht ein Wechsel an.

Rund um die Glascontainer am Sonnenplätzchen liegen eigentlich immer die Gelben Säcke. Direkt daneben lebt Horst Hensel, der sich seit zwölf Jahren ärgert: "Kaum werden welche abgeholt, sind schon wieder viele neue Säcke da, von Gastronomiebetrieben und Mülltouristen." Der 58-Jährige beklagt unter anderem, dass sich der Abfall über die Straße verteilt und Nager anzieht, die er nun auch in seinem Garten habe. "Wenn man sich beschwert, wird beschwichtigt", sagt Hensel. Im Umweltamt ist das Problem zwar bekannt, doch eine dauerhafte Überwachung sei nicht möglich. Es soll sogar Müllsünder aus dem Landkreis geben, die ihre Gelben Säcke nachts hierher karren.

Dass der Gelbe Sack ein Reizthema für viele Bamberger bleibt, zeigen auch jüngere Umfragen in den Facebook-Gruppen von inFranken.de und Fränkischer Tag Bamberg, die mehr als 300 Mal kommentiert wurden. "Die Säcke sind mittlerweile so dünn , dass ich zwei nehmen muss, da wird gespart", sagt etwa Daniel T. "Wenn unsere Gelben Säcke noch dünner werden, kann ich das Plastik gleich so auf die Straße schmeißen", meint Andrea S. "In Bamberg gibt es immer noch den gelben Sack, den man im eigenen Keller oder sonst wo zwischenlagern muss (stinkt fürchterlich). Dazu aufs Amt rennen, um neue Beutel zu holen?", fragt Alexandra W,. für die Gelbe Säcke auf den Bürgersteigen "unsäglich hässlich" sind.

Gute Erfahrungen in Erlangen

Auch wenn viel von dieser Kritik auch immer wieder auf die Stadt zielt, ist diese in Sachen Gelber Sack vor allem Auftraggeber für die Dienstleister des dualen Systems. Weil derzeit die entsprechenden Verträge mit den dualen Systemen neu verhandelt werden, brachte die Verwaltung auch einen Vorschlag ins Spiel, der vielen Bambergern aus der Seele spricht: "Aufgrund der langjährigen Erfahrungen mit der Sammlung der Leichtverpackungen mittels Gelber Säcke wird durch die Verwaltung vorgeschlagen, in die Verhandlungen den Wunsch einzubringen, den Bürgern ab 2020 wahlweise statt der Nutzung der Gelben Säcke (GS), eine Tonnensammlung zu ermöglichen." Hintergrund des Vorschlages seien neben der oft diskutierten Qualität der Säcke auch die mit der Nutzung einhergehenden Verschmutzungen im Stadtgebiet.

Bislang erhalten sämtliche Haushalte Gelbe Säcke, Großwohneinheiten können sich stattdessen aber auch 1,1-Kubikmeter-Container aufstellen lassen. Nun wollte die Verwaltung anregen, dass den Bambergern künftig wahlweise 240-Liter-Tonnen, Großcontainer oder die altbekannten Gelben Säcke zur Verfügung gestellt werden.

"Warum die Tonne nicht mal ausprobieren?", fragte Gertrud Leumer (GAL), als das Thema vor einiger Zeit im Umweltsenat diskutiert wurde. "Die Gelben Säcke werden zweckentfremdet und sind zusätzlicher Plastikmüll." Wenn überhaupt die Tonne, dann wahlweise, lautete das überwiegende Echo aus dem Umweltsenat, unter anderem von Michael Bosch (BA) und Martin Pöhner (FDP).

Das funktioniert zum Beispiel in Erlangen schon recht gut. Nach Auskunft von Christof Zwanzig, dem Pressesprecher der Stadt Erlangen, gibt es dort seit 2010 Gelbe Tonnen mit 120 oder 240 Litern Fassungsvermögen, die Großbehälter bereits seit Mitte der 1990er Jahre. Die Säcke und Behälter würden "im Vollservice" vom Grundstück abgeholt und die Tonnen auch wieder zurückgestellt. "Mit diesem Angebot gibt es gute Erfahrungen und eine hohe Zufriedenheit", berichtet Zwanzig. Die Aufstellung erfolge grundsätzlich im gesamten Stadtgebiet. Nur, wenn die Entfernung zwischen Ladeort des Sammelfahrzeuges und dem Standplatz der Behälter im Grundstück zehn bis 15 Meter übersteigt, werden in der Regel keine Gelben Tonnen aufgestellt, da dies aufwändiger sei als bei der Sack-Abholung.

Seit 2015 stelle man 500 Tonnen zur Verfügung, dadurch werde die Nachfrage der Bürger überwiegend befriedigt. Bei den Großcontainern reichen circa 30. Im Landkreis Bayreuth gibt es die Gelbe Tonne seit diesem Jahr, in den Haßbergen soll sie ab 2020 flächendeckend eingesetzt werden. Wie das Bamberger Umweltamt von den Erlanger Kollegen erfuhr, werden dort Gelbe Säcke und sämtliche andere Behältnisse mit dem gleichen Fahrzeug geleert. Der Arbeitsaufwand durch die zusätzlichen Tonnen sei eher geringer, hieß es vor kurzem in einem Bericht der Verwaltung vor dem Umweltsenat.

Allerdings musste man beim Umweltamt nach ersten Gesprächen mit den Vertretern der dualen Systeme auch feststellen, dass eine grundsätzliche Wahlmöglichkeit zwischen Sack und Tonne wohl kaum für Bamberg zu realisieren ist. Man könne sich allerdings für bestimmte Abfuhrbezirke für eines von beiden festlegen. Denn unterschiedliche Optionen gebe es auch für Restmüll, Papier oder Biomüll nicht. Die Verwaltung sei jedoch weiter bestrebt, Verbesserungen auszuhandeln - und so fordere man zumindest eine bessere Qualität der Gelben Säcke. "Wir werden das Thema Gelbe Tonne noch nicht aufgeben", sagt Anita Schmidt, die Leiterin des Umweltamts, im Vorfeld weiterer Gespräche im Januar. "Die Gelbe Tonne wäre die Lösung und würde auch in der Altstadt ein besseres Bild abgeben als die löchrigen Säcke", sagt Horst Hensel am Sonnenplätzchen. Aber selbst wenn die Gelbe Tonne in Bamberg eingeführt wird, würde sie in der Altstadt wohl außen vor bleiben. Denn dort findet sich nicht überall ein geeigneter Abstellplatz.

Nachdem der Vertrag mit dem Grünen Punkt 2019 ausläuft, wird ab 2020 die Pegnitzer Firma Belland Vision für das duale System in der Stadt zuständig sein. "Da wir uns momentan in Vorbereitung unserer Ausschreibungsführerschaft befinden, bitten wir um Verständnis, dass wir keine Auskunft zu laufenden Gesprächen erteilen können", erklärt Belland-Vision-Geschäftsführer Thomas Mehl auf unsere Anfrage.

Die klare Mehrheit der Facebook-Kommentatoren würde jedenfalls die Gelbe Tonne wählen - wenn sie denn könnten. Aber es werden auch viele Argumente dagegen genannt, vom Platz- und Reinigungsbedarf der Tonne bis zur Frage, ob deren Volumen überhaupt ausreicht.

Horst Hensel aber will die Hoffnung nicht aufgeben, dass er irgendwann einmal nicht mehr auf einen Berg gelber Säcke blicken muss.

"So wenig Sack wie nötig, für so viele Verpackungen wie möglich"

Wenn die Sprache auf den Gelben Sack kommt, wird in der Regel spätestens im zweiten Satz über dessen Qualität geschimpft. Der derzeit noch für Bamberg zuständige Grüne Punkt gibt nach eigenen Angaben in seinen Verträgen mit den Entsorgungsfirmen genau vor, wie die Säcke beschaffen sein müssen, also etwa die Materialstärke und die Zugfestigkeit.

"Leider wurden die kostenlosen Gelben Säcke in der Vergangenheit zu oft zweckentfremdet oder fehlbefüllt", erklärt dazu Grüner-Punkt-Pressesprecher Norbert Völl. "In der aktuellen Stärke entsprechen sie dem Mini-Max-Prinzip, und mehr sollen sie auch gar nicht leisten: so wenig Sack wie nötig, für so viele Verpackungen wie möglich."

Natürlich könne man die Normen ändern, um die Säcke stabiler zu machen - dann würden sie sich nach Einschätzungen des Sprechers aber auch besser für einen Umzug oder andere Zweckentfremdungen eignen. Zudem würde für dickere Säcke auch mehr Plastik zur Herstellung gebraucht - was dem dahinter stehenden Umweltgedanken widerspreche und die Produktion verteuere.

KOMMENTAR von Stefan Fößel

Ein Hauch von Nichts

Es soll ja Leute geben, die ihren ganzen am Dachboden gelagerten Krempel in Gelbe Säcke eingehüllt haben, um ihn vor Staub zu schützen. Dafür haben sie aber wahrscheinlich die Säcke älterer Machart verwendet. Denn die neuen lösen sich schon bei etwas festerer Berührung auf. Das mag vor Zweckentfremdung schützen. Vor Zweckverwendung manchmal leider auch. Auch die Materialersparnis hält sich in Grenzen, wenn man immer mindestens zwei Säcke braucht. Nun leuchtet es ein, dass es nicht in allen verwinkelten Gässchen unserer schönen Welterbestadt noch Platz für eine weitere Tonne geben kann. Entsprechend werden viele auf die Gelben Säcke angewiesen bleiben. Um so wichtiger erscheint es, an deren Beschaffenheit zu arbeiten. Denn wenn vor und nach jeder Abholung die Hälfte durch die Straßen flattert, ist das nicht nur ein ästhetisches Problem.

Was in den Gelben Sack darf und was nicht

Erlaubt Alles, was im Laden an Verpackungen über die Theke geht, darf in den Gelben Sack. Die korrekte Bezeichnung dafür sind Leichtverpackungen (LVP), also Verpackungen aus Kunststoff, Aluminium, Weißblech oder Verbundmaterialien wie Getränkekartons. Inden Gelben Sack gehören (von A bis Z): Arzneimittelblister, Buttermilchbecher, Eisverpackungen (Kunststoff), Getränkekartons, Holzschachteln und -kistchen, Joghurtbecher und -deckel, Konservendosen, Menüschalen von Fertiggerichten, Nudeltüten, Schokokusskarton, Schokoladen-Alufolie, Senf-/ Ketchup-Eimer, Spraydosen, Steingutflaschen, Styroporverpackungen, Tierfutterdosen, Zahnpastatuben

Verboten Nicht in den Sack, gehören (von A-Z) Altkleider, Blechgeschirr, CDs und Disketten, Damenstrumpfhosen, Elektrogeräte, Feuerzeuge, Glas, Holzwolle, Hygieneartikel, Katzenstreu, Keramiktöpfe, Kinderspielzeug, Klarsichthüllen, Kugelschreiber, Luftmatratzen, Papier, Pappe/Karton, Tapetenreste, Taschentücher aus Papier, Videokassetten, Windeln, Zahnbürsten.Quelle: Grüner Punkt