Überfälle in Bamberg: Was tun, wenn Fremde ins Auto wollen?

3 Min
Die Übeltäter gehen blitzschnell vor. Wohl dem, der ungebetene Zusteiger im Auto durch Anbrüllen vertreiben kann. Symbolfoto: Matthias Hoch
Die Übeltäter gehen blitzschnell vor. Wohl dem, der ungebetene Zusteiger im Auto durch Anbrüllen vertreiben kann.  Symbolfoto: Matthias Hoch
Nicht in jedem Auto ist der Verriegelungsschalter so zentral angebracht. Wer häufig wechselnde Fahrzeuge nutzt, Dienstwagen zum Beispiel, tut gut daran, sich zu informieren, wo er ihn findet. Foto: Sabine Christofzik
Nicht in jedem Auto ist der Verriegelungsschalter so zentral angebracht. Wer häufig wechselnde Fahrzeuge nutzt, Dienstwagen zum Beispiel, tut gut daran, sich zu informieren, wo er ihn findet.  Foto: Sabine Christofzik
 

Ein Alptraum: Man hält an der Ampel, jemand macht die Autotür auf, steigt ein und hat Böses im Sinn. Passiert ist das in der vergangenen Wochen zwei Autofahrern in Bamberg. Ist Fahren mit verriegelten Türen die Lösung?

Am 7. Januar hat ein Mann an der Ecke Memmelsdorfer Straße/Grafensteinstraße die Fahrertür eines BMW aufgerissen, den Fahrer ins Gesicht geschlagen, sich auf den Rücksitz gesetzt und den 55-Jährigen mit seiner eigenen Krawatte gewürgt.

Nach dem Zeugenaufruf im Polizeibericht meldete sich eine Frau, die am gleichen Tag (eine halbe Stunde früher), Ähnliches beobachtet hat: vor der Ottokirche, im Bereich Memmelsdorfer Straße/Siechenstraße.

Vorkommnisse, die Autofahrern Angst machen können. Auch wenn es nicht zur Gewaltanwendung kommt und der Übeltäter der Ampel "nur" mitgenommen werden will: Was tun, nach der Schrecksekunde? Angeschnallt und ohne Handhabe, sich irgendwie wehren zu können, wenn jemand Fremdes einen Fuß in den Fahrzeug-Innenraum setzt. Anschreien? Losfahren trotz Rotlichts? Mit allen möglichen Folgen wie dem Verursachen eines Autounfalls oder des Mitschleifens des Zusteigers?


"Deutlich werden"

"Entschlossen auftreten, deutlich werden, ist wichtig. Auch nonverbal, mit einer gestrafften Körperhaltung", rät Holger Dremel von der Polizei in Bamberg.Und wie sieht es aus mit Bei-Rot-über-die-Ampel-Flüchten? "Wenn die Gefahr nicht anderes abzuwenden ist, im Notfall auch das!", antwortet der Polizeihauptkommissar.

Jemand, der in so einer Situation schon einmal mit heiler Haut davongekommen ist, würde diese Möglichkeit ohne zu zögern wählen (auch wenn deswegen vielleicht einige Wochen Führerscheinentzug drohen). Wenn da nicht die ungleich größere Gefahr wäre, einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen ...


Von innen verriegeln

Um gar nicht erst in seine solche Lage zu geraten, gibt es die Möglichkeit, das Auto von innen zu verschließen, beziehungsweise bei Fahrzeugen ohne Zentralverriegelung den Sperrknopf an jeder Tür einzeln herunterzudrücken. "Wenn sich jemand sicherer damit fühlt, kann er das durchaus machen", sagt der Polizist.

"Kann ich die Türen meines Kleinwagens auch von innen verriegeln?" war der erste Gedanke einer Kollegin, als sie - noch im Urlaub - die Polizeimeldung über den Angreifer in der Memmelsdorfer Straße im Fränkischen Tag las. Sie fährt täglich durch die Innenstadt und hatte noch nie Angst, im Auto überfallen zu werden - bis vergangene Woche.

Inzwischen kennt sie ihr Auto besser: Sie weiß, dass es in der Mitte des Armaturenbretts gut sichtbar einen Schalter hat, der ein verriegeltes Schloss zeigt. In den vielen Jahren, in denen sie das Auto schon besitzt, war er ihr aber noch nie aufgefallen. Ein Knopfdruck, ein rotes Licht leuchtet auf, die Verriegelung rastet hörbar ein.
Das ist jetzt die Standardeinstellung am Wagen der Kollegin. "Schade, dass auf diese Weise das Misstrauen gewachsen ist", bedauert sie.


Wie kommen Helfer ran?

Doch da sind diese Bedenken, dass bei einem Unglück Helfer das Auto von außen nicht öffnen können.
Hier kann Holger Dremel von der Polizei Entwarnung geben. "Man kommt von außen ran, wenn man im Notfall ein Autofenster einschlägt und den Entriegelungshebel innen an einer der Tür zu fassen bekommt."
Für Polizei und Rettungsdienst gehört das dazu - doch ob auch Ersthelfer am Unfallort in der Extremsituation sofort daran denken?

"Mit solchen Fällen werden wir eigentlich wenig konfrontiert. Wenn die Feuerwehr jemanden aus einem Fahrzeug befreien muss, dann sind die Türen meistens so schwer deformiert, dass der Rettungsspreizer eingesetzt werden muss", gibt Bambergs Stadtbrandrat Matthias Moyano zu bedenken. Er weist auch darauf hin, dass in einigen Fahrzeugen die Verriegelung bei einem Unfall aufgehoben wird.

In immer mehr Pkw gibt es die automatische Innenraumsicherung, die bei einem Tempo von mehr als Schrittgeschwindigkeit die Türen verriegelt. Will jemand diese Funktion nicht nutzen, muss er sie eigens abschalten. Wer sich nicht sicher ist, wie es sich bei seinem Fahrzeug verhält, sollte bei einem Händler seiner Automarke nachfragen.


Das ist passiert am 7. Januar:

Wenige Minuten vor 19 Uhr hatte ein Mann am Donnerstag mit seinem BMW an der Ecke Memmelsdorfer Straße/ Grafensteinstraße verkehrsbedingt anhalten müssen, berichtet die Polizei.

Kurz darauf öffnete plötzlich ein unbekannter Mann die Fahrertür und schlug dem Fahrzeuglenker grundlos ins Gesicht. Der Angreifer nahm danach auf der Rücksitzbank Platz, packte den BMW-Fahrer von hinten an der Krawatte und zog daran mit aller Kraft, sodass dem 55 Jahre alten Mann die Luft wegblieb. Während der Angreifer sein Opfer würgte, drohte er ihm mit dem Tod.

Unter erheblichem Kraftaufwand gelang es dem Autofahrer, sich zu befreien. Beide Männer verließen den Wagen und es folgte eine körperliche Auseinandersetzung auf der Straße. Ein 61-jähriger Bamberger erkannte die Situation und kam dem Leidtragenden zur Hilfe. Daraufhin flüchtete der unbekannte Täter in Richtung Zollnerstraße.

Ein ähnlicher Vorfall soll sich circa eine halbe Stunde vorher im Bereich der Memmelsdorfer Straße/Siechenstraße vor der Ottokirche ereignet haben. Aufgrund des Zeugenaufrufs meldete sich eine Frau, die beobachtet hatte, wie ein Unbekannter zwischen 18.15 und 18.30 Uhr in ein haltendes Auto stieg, von der Rücksitzbank aus den Fahrer am Hals umgriff und ihn würgte.

Weitere Zeugen, die verdächtige Wahrnehmungen zu diesen oder ähnlichen Fällen geben können, werden gebeten, sich bei der Bamberger Polizei unter Telefon 0951/9129-491 zu melden.