An der Universität wurde diskutiert, was Bamberg im Hinblick auf steigende Besucherzahlen tun kann - und ob es hier überhaupt "Over-Tourismus" gibt. Verschiedene Ansätze samt Vor- und Nachteilen im Überblick.
Eines sonnigen Sommernachmittags stehen drei Knäuel von je etwa 12 Touris am Leinritt und stoßen beim Anblick von Klein Venedig Äußerungen der Verzückung in der jeweiligen Landessprache aus. Ein Bamberger radelt auf sie zu, kommt aus Mangel an Alternativen zum Stehen und ruft: "Des is fei a Strass' und ka Museum!"
An dieser so beobachteten Szene zeigt sich, warum ein vierstündiges "Symposium Over-Tourismus" an der Uni Bamberg abgehalten worden ist. Auf der einen Seite werden begrenzte städtische Ressourcen durch steigende Touristen- wie Einwohner- und Studenten-Zahlen von immer mehr Menschen beansprucht. Auf der anderen Seite heißt es "Welterbe" - und nicht "Erbe nur für Bamberger". Die Altstadt ist also im Grunde "scho a weng a Museum". Und davon profitieren auch viele Bamberger: Der Tourismus ist mittlerweile der zweitwichtigste Wirtschaftsbereich, rund 6000 Arbeitsplätze hängen davon ab.
Doch weil sich auch die Ausgehmeile mitten im Welterbe befindet, verschärft sich die Situation zwischen Anwohnern, feiernden Bambergern, Landkreisbewohnern und Touristen, die sich die engen Gassen und Gaststätten teilen müssen.
Over-Tourismus? Mehr ein Gefühl
Aber kann man wirklich von "Over-Tourismus" sprechen? Professor Andreas Kagermeier von der Uni Trier zeigt in seinem Vortrag: Bamberg liegt im Durchschnitt der städtetouristischen Entwicklung und ist bei Übernachtungen pro Einwohner weit davon entfernt, ein Venedig, Barcelona oder Amsterdam zu werden. Das Verhältnis ist ähnlich dem der Landeshauptstadt - aber die Wahrnehmung ist eine ganz andere: In München ist der Tenor zum Tourismus eher Stolz als Missmut. "Man hat sich arrangiert, meidet die Theresienwiese während des Oktoberfestes, und solange man im Biergarten unter sich ist, ist alles in Ordnung", interpretiert Kagermeier seine Forschungsergebnisse.
Entsprechend kritisch steht er der Idee von Bambergs Kulturbürgermeister Christian Lange (CSU) gegenüber, die Touristen durch neue Angebote in die Viertel außerhalb des Zentrums zu locken. Denn Rückzugsräume seien für die Toleranz gegenüber Gästen besonders wichtig. Die Viertel könne man gerne aufwerten, aber für die Bamberger. Zudem bleibt der Domstadt-Tourist im Schnitt 1,8 Tage - "und da will er die Altstadt sehen".
Auch in Kagermeiers Heimatstadt Trier geht man trotz ähnlicher Zahlen und Strukturen (nicht viel größer, ebenfalls Welterbe, ebenfalls Flusskreuzfahrer) entspannter mit Tourismus um: "Weil man stolz darauf ist, nimmt man auch in Kauf, dass man am Schwarzen Tor nicht durchkommt." Dort wuchs der Tourismus allerdings gemächlicher als in Bamberg.
Weil Reiseerfahrungen und Fotos die Konsumgüter als Statussymbole zunehmend ablösen, wird der Tourismus den Prognosen zufolge weiter zunehmen. Und man wird sich auch in Bamberg damit arrangieren müssen. Dabei hilft vielleicht ein Satz aus der Eröffnungsrede von Marc Redepenning (Uni Bamberg): "Nicht vergessen: Wir sind auch Touristen - nur eben woanders."
Überraschung: genau liebe Bewohner, Ihr fühlt Euch nur belästigt, wenn 500 Kreuzfahrgäste auf einmal an Eurer Haustür vorbeilaufen, Lauf-/ Fahrwege von Smartphone -gesteuerten 2 Stunden Touristen blockiert sind und Ihr ständig gefragt werdet, wo hier das und jenes ist- und wie man dahin kommt. Seid nett zu den Besuchern, die sichern Eure Arbeitsplätze. Dafür werden Eure "Rückzugsräume" erhalten:)).
Vielleicht fällt ja noch jemanden auf, dass die schöne Graphik uns fast auf touristischem Gleichstand mit München zeigt! Größenwahn, nenne ich das
Größenwahn - hier vor ort doch nichts neues