Touristensteuer rückt in Reichweite

2 Min
Bambergs Tourismus pulverisierte 2012 die alten Rekordmarken. Rund acht Mal so viel Übernachtungen wie Einwohner sind an der Regnitz zusammengekommen - von den kreisfreien Städten hat nur noch München im Verhältnis mehr Foto: Ronald Rinklef
Bambergs Tourismus pulverisierte 2012 die alten Rekordmarken. Rund acht Mal so viel Übernachtungen wie Einwohner sind an der Regnitz zusammengekommen - von den kreisfreien Städten hat nur noch München im Verhältnis mehr Foto: Ronald Rinklef
 

Noch nie haben so viele Touristen in Bamberg übernachtet wie 2012. Nach dem Erfolg der Gartenschau wundert das nicht. Dennoch blieb das befürchtete Gedränge aus. Die Zahlen könnten die Stadt zu einer Fremdenverkehrsabgabe motivieren.

Vor einem Jahr haben die Bamberger für bayernweites Schmunzeln gesorgt. Das Satiremagazin Quer sorgte gewissermaßen für die Entdeckung der Außenperspektive: Da gibt es tatsächlich eine Stadt im Freistaat, die trotz eines allgemeinen Buhlens um jeden zusätzlichen Euro darüber nachdenkt, ob ihr die viele Aufmerksamkeit, das nicht enden wollende Gedränge auf den Gassen, mit einem Wort ein überbordender Tourismus nicht allmählich gewaltig auf die Nerven gehen. Glückliches Bamberg, das keine andere Sorgen hat...

Ein Jahr und eine Landesgartenschau, ein Dom-Jubiläum, eine Bayern-Rundfahrt und eine Plensa-Skulpturenschau später hat sich Gelassenheit breitgemacht. Der Grund: Alle sind froh, dass das befürchtete Gedränge in den Straßen trotz einer Gartenschau mit über einer Million Besuchern ausblieb.
Das Ziel, das die Stadtväter mit einer Entzerrung des Tourismus zwischen Erba, Gärtnerstadt und Dom verfolgten, wurde offenbar erreicht. Das müssen selbst jene einräumen, die zu den Kritikern eines alles beherrschenden Tourismus gehören wie etwa Ekkehard Arnetzl, der als Stadtheimatpfleger und einer von fünf Nachwächter-Führern ganz nah am Puls des Tourismus lebt: "Es war mehr in der Stadt los, aber meine Befürchtungen sind nicht eingetroffen." Aus Arnetzls Sicht hat das vor allem damit zu tun, dass das Gartenschaupublikum ein sehr spezielles war. "Es ist im wesentlichen auf der Erba geblieben."

Die vergleichsweise problemlose Bewältigung einer Reihe von Großveranstaltungen verblüfft um so mehr, als diese in den Zahlenkolonnen des Statistischen Landesamtes tatsächlich gewaltige Spuren hinterlassen haben: 2012 ist, so viel steht fest, seitdem die Zahlen bis Ende November vorliegen, nun schon das dritte Jahr in Folge, das mit einem Rekord bei Übernachtungen und Gästeankünften endete. Eine Erfolgsgeschichte, die im Freistaat nur noch München übertrifft: 530 000 Übernachtungen verbuchte die zuletzt stark gewachsene Hotellerie Bambergs bis Ende November, 20 000 mehr, als im Vorjahr in zwölf Monaten erzielt wurden. Damit hat Bamberg nicht nur Coburg und Bayreuth weit abgehängt, sondern auch Touristenmekka Rothenburg überflügelt. Und es ist dem doppelt so großen Würzburg auf den Fersen.

"Werbepause ist absurd"

Andreas Christel vom Tourismusservice der Stadt sieht in diesen Zahlen den aus seiner Sicht nicht selbstverständlichen Beweis, dass das Interesse und die Akzeptanz Bambergs enorm zugenommen haben. Die Forderung mancher Politiker nach einer Werbepause für Bamberg hält er deshalb für absurd: nicht nur weil durch die Gäste der Stadt jährlich 225 Millionen Euro Umsatz erzielt und 4800 Menschen in Lohn und Brot gehalten werden. "Bamberg lebt auch mit dem Tourismus. Es sind nur kurze Zeiträume, in denen es wirklich eng zugeht."
In manchen Teilen der Altstadt freilich sieht man das ein wenig anders. Im Sand etwa, wo Stadträtin Ulrike Heucken (GAL) wohnt, die auch im Bürgerverein arbeitet. Zwar kann auch sie bestätigen, dass es 2012 nicht zum Kollaps in der Altstadt kam, doch hat das nichts an ihrer Grundhaltung geändert: Der Tourismus habe in erster Linie den Menschen der Stadt zu dienen und nicht umgekehrt. "Lebensqualität ist das höchste Gut in der Stadt. Ohne die Bürger keine Stadt", sagt sie und blickt mit Sorge auf die wachsende Zahl der Ferienwohnungen. Mittlerweile gibt es davon weit mehr als 70. Die Folge: Die Wohnbevölkerung schrumpft. Sogar die Steuereinnahmen sinken, denn bei den Schlüsselzuweisungen fallen vor allem die Bewohner mit Erstwohnsitz ins Gewicht.

Das Problem sieht man auch in der Stadtverwaltung, fühlt sich aber gerade durch das abgelaufene Jahr bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein. "Wir setzen auf den Qualitätstourismus. Wenn nun die Hoteliers mehr Übernachtungen verzeichnen, ist das ein sehr gutes Signal", sagt Ulrike Siebenhaar. Ein interessanter Nebeneffekt: Mit der Zahl von 560 000 Übernachtungen (Prognose für Ende Dezember) übertrifft Bamberg nun zum zweiten Mal die Schwelle von 490 000 Übernachtungen, die das Abgabengesetz zur Einführung einer Fremdenverkehrsabgabe vorschreibt. Sollten die Bamberger Hoteliers dauerhaft so viele Gäste beherbergen, könnte sie dazu beitragen, die touristische Infrastruktur zumindest in Teilen zu finanzieren.

Eine solche Steuer wird von Grünen und SPD begrüßt, während sich die CSU bislang zurückhaltend äußerte. Die Stadtverwaltung will das Thema heuer wieder anpacken - ungeachtet der Ablehnung durch die Hoteliers. Doch die Richtung ist noch offen, wie Tourismusreferent Werner Hipelius sagt: "Wir sehen den Tourismus als wichtigen Teil im Wirtschaftsgefüge der Stadt und wollen ihn nicht bremsen. Dennoch werden wir über die Fremdenverkehrsabgabe ernsthaft nachdenken."