Thomas Erich Killinger im Interview

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Am Klavier erzählt Thomas Erich Killinger im Bamberger Theater-Treff ab 2. März eine Liebesgeschichte in Liedern. Foto: E.T.A.-Hoffmann-Theater
Am Klavier erzählt Thomas Erich Killinger im Bamberger Theater-Treff ab 2. März eine Liebesgeschichte in Liedern. Foto: E.T.A.-Hoffmann-Theater
Foto: E.T.A.-Hoffmann-Theater
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Foto: Thomas Bachmann
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Seit den Sixties spielt sich Thomas Erich Killinger durch diverse Genres der Musikszene und kehrt ab 2. März nun nach Bamberg für "Die Liebe ist ein seltsames Spiel" zurück.

Er war acht, als er erste Stücke komponierte, und trat mit neun Jahren schon vor Publikum auf: "Ich mache Musik, weil ich nicht anders kann", sagt Thomas Erich Killinger und lebte seine Kreativität seit den Sixties in diverse Richtungen aus. Der Feder des gebürtigen Kölners entsprangen Musicals wie "Quasimodo", Popmusik, kirchenmusikalische Werke, Schlager. Bei etlichen Fernseh- und Theaterproduktionen engagierte sich der kreative Kopf, der sich auch als Sänger, Arrangeur, Librettist und Schauspieler profilierte. So avancierte Killinger in Los Angeles beispielsweise zum "Bürger Schippel" , um bei der Erstaufführung jenseits des großen Teichs zugleich als musikalischer Leiter den Ton anzugeben. In Bamberg widmet sich der 55-Jährige am morgigen Samstag dem "seltsamen Spiel der Liebe" und stand uns im Vorfeld Rede und Antwort.



Musik klingt in Ihren Genen.
Mit den Eltern und vier Geschwistern sangen Sie schon als Knirps. Wie aber kamen Sie mit acht Jahren zum Komponieren?

Thomas Erich Killinger: Das Gefühl, dass ich schreiben muss, hatte ich immer. Ich empfand diesen Druck. So begann ich, Gedichte zu vertonen, die mich inspirierten. Sie brachten mich zum Komponieren. Die Noten anderer wider zu geben, war eher ein Problem. Überhaupt waren Noten für mich nie wichtig. Mich drängte es danach, zu spielen und zu improvisieren.

"Ich mache Musik, weil ich nicht anders kann", sagen Sie. Dabei experimentierten Sie früh mit den verschiedensten Stilrichtungen bis hin zu Disco und dem Schlagergenre, wo Sie sich prompt einen Plattenvertrag sicherten.
Ich denke, ich beherrsche alles, was mit Klang, Kreativität und Phantasie zu tun hat. In dieser Hinsicht betrachte ich mich tatsächlich als Multitalent - sieht man mal vom Malen ab, das überlasse ich meiner Frau. Angesichts solcher Neigungen empfand ich meinen zweijährigen Militärdienst bei der Marine und mein Jurastudium nach dem Abitur auch eher als Nebenkriegsschauplätze, die ich rasch hinter mir zurückließ.

Wann hatten Sie nach dem Experimentieren das Gefühl, anzukommen?
1982. Wie die Jungfrau zum Kind kam ich damals zur Rolle des Tony in Bernsteins "West Side Story" (am Pfalztheater Kaiserslautern). Und seither ist die Bühne mein Leben. Dank Charles B. Axton hatte ich an einem kalten Februartag mein "zu Hause" gefunden.

Seit Sie die Bühne betraten, sah sich die Theaterlandschaft und die Welt der Musik mit vielen Entwicklungen konfrontiert. Veränderten sie das Publikum?
Die Angebotsvielfalt sorgte dafür, dass sich Kunst und Kultur zum Nischenprogramm entwickeln. Das Publikum konsumiert Theaterproduktionen und Musik heute wie beispielsweise Computerspiele. Ich denke, früher erwarteten Zuschauer unterschwellige Botschaften, auch politische Botschaften. Heute möchten sie unterhalten werden, möglichst angenehm und konfliktfrei.

Schlummern in Menschen nicht auch Sehnsüchte jenseits der banalen Ablenkung, die viele suchen?
Ich denke, das Publikum hungert in unserer von Technik bestimmten Welt mehr denn je nach Emotionalität. Und ich sehe diesen Hang zu Identifikationsfiguren auf gleicher Ebene. Früher gab es Ikonen wie Hans Albers oder Conny Francis, zu denen man aufsah. Heute wünschen sich die Leute Alltagshelden wie eine Hausfrau auf der Bühne oder im Fernsehen, in der sich Zuschauerinnen mit ihren Gedanken und Gefühlen wiederfinden.

Eine Chance zur Selbstreflektion immerhin. Kommen wir über Conny Francis zum Liederabend unter Ihrer musikalischen Leitung, der auch Schlager und Chansons anderer Stars der 50er Jahre aufleben lässt. Was reizt Sie daran?
Ich bin an den Abenden gefordert, aus rund 50 Refrain-Fragmenten von Evergreens, die Franziska Ball und Manfred Stecher singen, im Non-Stop-Klavierspiel eine Collage zu schaffen. Eine faszinierende Aufgabe, zumal sie mich nach Bamberg zurückbringt.


Haben Sie eine besondere Bindung zur Domstadt?
In den 80er Jahren habe ich vier Monate lang in Bamberg gelebt. Ich wohnte in der Hölle (10) und fühlte mich dabei äußerst wohl. Bis heute steht mir in den alten Gassen der Domstadt die Geschichte des Götz von Berlichingen vor Augen, mit dem mich ja auch manches verbindet, seit ich in die Rolle des Adelbert von Weislingen bei den Burgfestspielen Jagsthausen schlüpfte.

Wussten Sie, dass man in Bamberg eine Straße nach Agnes Schwanfelder als gscherter Gärtnersfrau benannte, die 1454 schon das "Götz-Zitat" gegenüber einem Geistlichen gebrauchte?
Nein, das wusste ich nicht. Der gute Goethe ist angesichts dessen also im Grunde auch nichts anderes als ein Plagiator. Unglaublich.

Würde sich angesichts Ihrer besonderen Beziehung zu Bamberg die Domstadt nicht als Uraufführungsort Ihres Oratoriums "Den Namen Mensch tragen" anbieten?
Ja, tatsächlich. Schließlich ist Bamberg eine katholische Stadt. Wobei ich nach dem plötzlichen Tod meiner Tochter erst zum katholischen Glauben konvertierte. Damals entschied ich mich auch, nicht mehr als Komödiant auf der Bühne zu stehen, sondern nur mehr das zu geben und darzustellen, was mir ureigen ist. Ich habe Freya das Oratorium gewidmet, sie wird auf diese Weise nie vergessen sein. Meine Frau (die Autorin und Librettistin Petra Franziska Killinger) widmete ihr "Schmetterlingsflüstern - Botschaften einer Kinderseele": Ein Buch, das vielleicht auch anderen verwaisten Eltern Kraft und das Gefühl gibt, mit ihrem Schmerz nicht alleine zu sein.

Zum Programm

"Die Liebe ist ein seltsames Spiel" nennt sich eine "Liebesgeschichte aus Liedern unter der musikalischen Leitung von Thomas Erich Killinger (Inszenierung Rainer Lewandowski), die mit Franziska Ball und Manfred Stecher (Gesang) am 2. März am Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Theater (Treff) Premiere feiert. Ab 20 Uhr gibt's ein Wiederhören mit Evergreens von Catharina Valente, Bill Ramsey, Conny Francis, Lolita, Margot Eskens, Friedel Hensch und den Cyprys, Fred Bertelmann, Conny & Peter und anderen. Weitere Vorstellungen finden am 3., 11. und 12. März, am 11. und 14. April sowie Doppelvorstellungen mit "In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine" am 12. und 13. April statt.