Das Theater im Gärtnerviertel sucht neue Spielstätten. Als aktuelles Stück zeigt das Ensemble am 30. November und 7. Dezember "König Ödipus".
In und um Betten von Betten Friedrich tobte die Bettenschlacht "Dreier". Zum Kriegsschauplatz der Karrieristen rüstete das Theater eine Büroetage um, wo "Push up 1- 3" zu erleben war. Eine Weinhandlung wurde zur Bühne, eine Schlosserei und diverse andere Kreativschmieden. Die ungewöhnlichsten Locations erschloss das Ensemble des Theaters im Gärtnerviertel (TiG) schon und provozierte mit seiner Darstellungskunst einmal dabei sogar einen Polizeieinsatz. Jetzt sind die Mimen wieder auf der Suche nach neuen Spielstätten. So übermitteln wir hier ihren flammenden Appell an alle, die im Gärtnerviertel über potenzielle Lokalitäten verfügen: "Wer stellt uns sein Geschäft, einen Innenhof, großen Dachboden oder andere interessante Ecken und Winkel zur Verfügung?"
Seit Sommer 2014
Seit dem Sommer vor zwei Jahren ist das TiG nun auf Wanderschaft. Und erspielte sich mit kleinen denkbar unkonventionellen Bühnen "pro Spielzeit eine Zuschauerzahl zwischen 3500 und 3800 Besuchern", wie Regisseurin Nina Lorenz berichtet. "Dabei ist die Nachfrage nach Abos groß." Leider konnte man diese Möglichkeit Interessenten bislang kaum bieten, weil der jeweilige Spielort oft erst kurzfristig feststand. Das aber wolle man bei entsprechender Resonanz auf den Aufruf des Ensembles ändern.
Geheime Winkel
So lieben die Zuschauer Bühnen, die normalerweise nicht im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, wie die Regisseurin beobachtete. "Geheime Winkel locken die Menschen aus Stadt und Land ins Gärtnerviertel." Als spannend beschreiben Darsteller den Wechsel von Location zu Location. "Es ist eine Herausforderung, sich auf die unterschiedlichsten Gegebenheiten einzulassen", meinte Elena Weber, die bis zum vergangenen Jahr Ensemblemitglied des E.T.A.-Hoffmann-Theaters war. Zumal man an solchen Spielorten in den Alltag der Menschen, die dort arbeiten und leben, blicke. Vor allem habe sie es genossen, bei der Produktion ,,Jekyll & Hyde" im Innenhof der Familie Leicht in die Tätigkeit eines Gold- und Silberschmied schnuppern zu können.
Theater verbindet
Von der herzlichen Aufnahme in private Räumlichkeiten schwärmte Stephan Bach. "Weil's keineswegs selbstverständlich ist. Theater verbindet eben." Bei "Casanova" seien bei der Gelegenheit gleich noch zwei neue Mitspieler rekrutiert worden: "Vater und Sohn Niedermaier, die ihre Jagd durch den Hof nach Casanova sehr authentisch darstellten." Auch die Nachbarschaft nimmt am Geschehen oft regen Anteil. Oder wird spontan mit einbezogen wie von Olga Seehafer, die sich bei "Jekyll und Hyde" einmal die für eine Szene erforderlichen Schuhe auslieh.
Polizei rückte an
"Jeder Spielort hat sein eigenes Flair - und für sich allein schon viel zu erzählen", meinte Stephan Bach. Was wiederum ins Stück einfließe. Unkonventionelle Orte führen zuweilen aber auch zu gänzlich unvorhersehbaren Reaktionen, wie der Akteur bei "Jekyll und Hyde" erlebte. "Mister Hyde hinterließ blutrünstige Spuren. Da riefen besorgte Passanten, die am Tor zum Innenhof vorbeiliefen und nicht informiert waren, während einer Vorstellung die Polizei. Die kam, konnte aber glücklicherweise rasch beruhigt werden."
Tragikomische Version
Zuletzt aber zu den Produktionen, die in Kürze aufs Publikum warten. Allen voran "König Ödipus": Die Geschichte des Sohn des Laios, der unwissend seinen Vater tötet und seine Mutter heiratet. "Wegen der großen Nachfrage nimmt das TiG das antike Drama in der Neudichtung von Bodo Wartke wieder auf", sagt Nina Lorenz. Mit Olga Seehafer, Stephan Bach und dem Percussionisten Jóhannes Klütsch werde der Stoff der griechischen Tragödie in zeitgenössischer Sprache umgesetzt. Eine "hochtragikomische Version" erwarte Zuschauer, die am 30. November und 7. Dezember ab 19.30 Uhr in der Alten Seilerei zu Gast sind.
Bis in den April
Mit der "Geierwally" als Stück von Theresia Walser und Karl-Heinz Ott nach dem Roman von Wilhelmine von Hillern geht's ab 12. Januar weiter. "Nach ausverkauften Vorstellungen im November bieten wir weitere Termine bis in den April hinein." Spielort sei das Ofenstübla der Brauerei Spezial, das Stephan Bach übrigens wegen der"besonderen Nähe zum Publikum" schätzen lernte.
Stück zur NSU
Weiterhin im Spielplan ist auch die Uraufführung von "Like me" zum Thema Cybermobbing, die sich allerdings nur an Schüler wendet, von Schulen gebucht und vor Ort mobil gespielt werden kann. Und dann steht am 21. Januar schon die nächste Premiere an, die ein brisantes Thema aufgreift: "Weißes Mäuschen warme Pistole" nennt sich das Stück von Olivia Wenzel, mit dem das Theater im Gärtnerviertel das Leben von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos beleuchtet - den Gründern des "Nationalsozialistischen Untergrunds". Dazu aber im neuen Jahr mehr.
Termine und Vorverkauf
"König Ödipus": am 30. November und 7. Dezember ab 19.30 Uhr in der Alten Seilerei.