"Tatort Franken No. 4": Mordsspaß mit schwarzem Humor

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Fotos: PR
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Veit Bronnenmeyer
Veit Bronnenmeyer
 
Hans Kurz
Hans Kurz
 
Thomas Kastura
Thomas Kastura
 
Jan Beinßen
Jan Beinßen
 
Titelbild
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Mord und Totschlag im Urlaubsparadies: 16 Autoren widmeten sich mit krimineller Energie dem "Tatort Franken No. 4". So verwandelt sich die Idylle in ihrer Anthologie in eine Hochburg des Verbrechens.

Kein Bierausschank flog in die Luft. Die nächtliche Explosion auf dem Maxplatz blieb eine Schreckensvision. Für Bombenstimmung sorgten beim Bamberger Bluesfestival viele Bands, glücklicherweise aber kein Gegner der "Fremdbier-Infiltration" einer bekannten auswärtigen Brauerei.

Aufatmen konnten nach dem friedlichen Ausklang des Musikspektakels alle, denen Thomas Kasturas Horrorszenario aus "Tatort Franken N. 4" vor Augen stand: In seinem Beitrag hinterließen Attentäter im Herzen der Domstadt einen rauchenden Krater vor dem in seinen Grundfesten erschütterten Rathaus. Lesern, die schwarzen Humor lieben, bereitet die Kurzgeschichte aber sicher einen Mordsspaß - wie diverse andere Werke, die fränkische Autoren mit krimineller Energie in "Tatort Franken No. 4" zu Papier brachten.


Mumifizierte Staatsdiener
Als sommerlichen Lesetipp präsentieren wir hier also die Anthologie, die bei Ars Vivendi erschien. Und beleuchten kurz noch das grausige Bild, das sich nach dem Sprengstoffanschlag bot. Nein, Leben gefährdeten die Bombenleger nicht, die ihre Explosion auf 3 Uhr nachts terminierten. Nur bekam das Rathaus beim gewaltigen Rumms Risse und offenbarte nach näherer Untersuchung Grausiges: Mehrere "mumifizierte Staatsdiener", wie Kastura erläuterte: "Man vergaß sie in ihren Amtsstuben, nachdem sie sich seit Jahren um keinen Millimeter bewegt hatten." Im Dienst waren die Beamten sanft entschlafen und wurden endlich ordnungsgemäß entsorgt, während Kommissar Küps Ermittlungen zum Sprengstoffanschlag weitergingen. Dabei zerstreute sich sein anfänglicher Verdacht gegen Lokal-Patrioten übrigens, die den "Übergriff" aufs Bamberger Bier-Territorium allenfalls boykottierten aber nicht mit einem Anschlag quittierten.



Was aber trübte Küps Spürsinn, auf den sich der Kommissar sonst zweifelsfrei verlassen kann? Die Aussicht auf eine TV-Karriere, wie sie RTL Kasturas Helden in "Partnersuche" versprach. Dass sich Quotenträume in kürzester Zeit aber in Alpträume verwandeln können, zeigt Veit Bronnenmeyers Geschichte "Ausgestorben". Auf den fränkischen "Tatort", den uns der Staatsrundfunk in Aussicht stellte, wollte der Kulmbacher Autor nicht länger warten und machte in "Ödlasreuth" vorab Nägel mit Köpfen.


War die Leiche der Mörder?
Eine Mordserie erschüttert den Ort, dessen antiquierte Tristesse die Filmemacher in "Ausgestorben" anzog.
Allerdings verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit, nachdem Kilian Kolb als gestresster Regisseur im "Gebrochenen Rad" sein Leben aushauchte. War die Karpfensülze vergiftet, die man dem Fremden in der Gastwirtschaft als Henkersmahlzeit servierte? Zwischen Hinterwäldlern ermitteln zwei Polizeiapparate, um letzte Klarheiten zu beseitigen und Leser in Atem zu halten. Ist die "Film"-Leiche am Ende der Täter, nachdem ihr Kolb die Hauptrolle entzog und sie zur Toten abqualifizierte? Zumal der Akteurin ein "Werbespot für Venenkapseln" entging, wie die "Leiche" an einer Stelle beklagt. Eine aberwitzige Provinzposse entwickelt sich, die der Autor mit viel Sachverstand in die Tastur hämmerte.

Ja, in Frankens Idylle lauert der Tod. Zum Schauplatz des Verbrechens wird die Tourismusregion, in der Racheengel, eifersüchtige Liebhaber, Bombenleger und anderes Mordsgesindel wüten. Selbst Naturschützern ist nicht zu trauen, wie Jan Beinßens "Sniper vom Karpfenteich" zeigt. Eine Kugel verpasst der feige Täter darin Landrat Dillinger als Karpfenfreund, der zum "Kampf gegen den Kormoran" blies. Wollten Vogelschützer verhindern, dass man ihre gefiederten Freunde per Sondererlass vom Himmel holt? Das ist die Frage, um die sich Beinßens Fall dreht, dem die originellen Ideen zuletzt allerdings ausgingen.

Tragisch, aber keineswegs enttäuschend dagegen das Finale von "Haftnotizen": Die eigene Vergangenheit holt Kommissar Kögel in Hans Kurz' Kurzgeschichte ein. Vom Klassentreffen, das er besuchen wollte, stolpert der Bamberger Ermittler in einen mörderisch verzwickten Fall. Verdächtig viele Unfälle ereigneten sich in der Burgwindheimer Brauerei, die der Kommissar näher unter die Lupe nimmt. Allerdings ist Kögel beziehungsbedingt abgelenkt: Was bedeutet die Haftnotiz seiner Freundin am heimischen Stegauracher Kühlschrank "Ich bin dann mal weg"? Vielversprechend entwickelt sich in dieser Situation die Begegnung mit einer früheren Klassenkameradin . . .

Spannung bis zum Schluss, an dem der letzte entscheidende Schuss fällt, garantiert der Beitrag. Ein überraschendes, aber glaubwürdiges Ende nimmt Kurz' Geschichte, was man nicht von jeder Kurzgeschichte des Bandes behaupten kann. Am Ball bleibt bei Kögels letztem Fall übrigens auch die "Schreibera", der der FT-Kollege diverse Auftritte sicherte.

So verwandelt sich das Urlaubsparadies in "Tatort Franken" wieder zur Verbrechenshochburg. Aber ist's nicht das, was das Herz aller Regionalkrimifans hoch schlagen lässt?

Der Band ist im Buchhandel (ISBN 978-3-86913-201-3) und in allen Geschäftsstellen des Fränkischen Tags, der Bayerischen Rundschau, des Coburger Tageblatts, der Kitzinger und der Saale-Zeitung erhältlich.